Nichts für Anfänger - Roman
noch nicht überzeugt. Ihn stört das Gesamtpaket. Ein richtiggehender Totalschaden. Der Haarschnitt, die Jacke, die Musik, das Sich-im-Kreis-Drehen, die Schule, das Nachsitzen und das Starren. Was ihn jedoch am meisten stört, der Grund dafür, dass er endlich, genau jetzt, am Morgen nach meiner allerersten Debs-Party, nach Monaten vor sich hin köchelnder, schwelender Wut, trotz seines Zustandes die Energie aufgewendet hat, mich die Treppe hoch und bis aufs Klo zu jagen, ist keine Geringere als Saidhbh Donohue höchstselbst.
2
Early Days
S aidhbh und ich sind jetzt offiziell ein Paar. Ich weiß. Es ist total verrückt. Man denke nur an die drei Jahre Altersunterschied und die Tatsache, dass sie die herzzerreißend fantastische Saidhbh Donohue ist, mit blassem Lippenstift, glänzend braunen Haaren, Buttons und Röhrenjeans, und ich einfach nur jemand, der viel Fahrrad fährt, Spiderman-Schlafanzüge trägt und bei Familienfeiern im Hintergrund bleibt, vor allem, wenn sie im Vordergrund steht oder oben auf der ersten Etage mit einem Typen in Springerstiefeln rummacht. Es ist verrückt. Und normalerweise würde ihre Religion das nicht erlauben, und alle Priester der Welt würden sie dafür eine dreckige alte Kinderschänderin nennen, weil sie sich mir mit so etwas wie Romantik im Hinterkopf auch nur genähert hat. Aber dieses eine Mal macht sie eine Ausnahme, extra für mich.
Das Ganze fängt natürlich am ersten Tag nach O’Culigeens erstem Übergriff an. Sie hört von Mozzo alles über die letzte Nacht, als er in Tränen aufgelöst zu ihr gestürmt kommt und sagt, dass seiner Mam gerade ein Job angeboten wurde, just heute Morgen, völlig aus dem Blauen heraus, als Hausmeisterin in einer Kirche einer Gemeinde oben auf der Nordseite, und dass sie nach Clontarf ziehen müssen, weit weg von The Rise. Er sehnt sich nach Mitgefühl von Saidhbh und heult riesen Krokodilstränen. Noch nicht mal seine Docs hat er an. Und er sieht ihr in die Augen und hält sich an ihrer Bomberjacke fest und fleht sie an, sich etwas auszudenken, einen Plan. Er sagt, dass er nirgendwohin geht. Und dass er auf dem Boden in Saidhbhs Zimmer schläft, wenn sie ihn lässt. Sie spielt das Ganze runter und sagt, dass die Nordseite nicht so übel ist und dass sich Mozzo doch mein Fahrrad nehmen und sie damit besuchen fahren kann, wann immer er will. Bei diesen Worten dreht er natürlich total durch und sagt ihr, sie soll meinen Namen nie wieder erwähnen und dass er mir schon gezeigt hat, wo’s langgeht, indem er mir unten am Kanal or dentlich den Arsch versohlt hat, und ich jetzt ganz genau weiß, welche Schnecke zu welchem Typen gehört.
Bei diesen Worten wiederum dreht Saidhbh durch und nennt Mozzo ein Riesenbaby und lässt ihn alleine auf ihrer Bettkante sitzen und kommt zu uns gestürmt, um zu sehen, ob es mir gut geht. Mam schickt sie rauf zu mir und sagt, dass ich den ganzen Tag schon so still bin und kaum ein Wort darüber verloren habe, wo mein Fahrrad abgeblieben ist und warum ich erst zu so später Stunde vom Herrn Pfarrer zurückgekommen bin.
Und tatsächlich bin ich dank O’Culigeens erster abendlicher Angrabschaktion total fertig, als Saidhbh ankommt und sagt, dass sie sich voll die Vorwürfe macht und glaubt, dass es ihre Schuld ist, dass sie mich hier auf dem Bett vorfindet, verängstigt und still und mit der Frage beschäftigt, was aus meiner Welt geworden ist. Sie sitzt eine Ewigkeit bei mir. Sieht sich um. Hebt ein paar Schulbücher von mir vom Boden auf und sagt, dass Peig die Hölle ist, auch wenn man auf eine Schule geht, wo alle den ganzen Tag nur Irisch sprechen. Peig ist so ein Buch, das man im Irischunterricht durchnimmt, weil es einfach komplett auf Irisch geschrieben ist, ohne ein einziges Wort Englisch. Und die wahre Lebensgeschichte von so einer alten Schrulle, die irgendwo am Arsch der Welt lebt und eine Million Kinder hat, von denen die eine Hälfte emigriert und die andere Hälfte an der Irischer-Arsch-der-Welt-Krankheit krepiert, und als sie das schreibt, ist sie schon uralt und zündet sich eine Pfeife an und heult sich einfach darüber aus, wie schwierig es ist, eine alte Schrulle am Arsch der Welt zu sein, wenn dir tausend schlimme Erinnerungen durch den Kopf rasseln. Alle in der Schule sind gezwungen, es zu lesen, und wenn man es nicht kann, schafft man seinen Abschluss nicht, also hassen es alle umso mehr. Wir können diese jammernde alte Schachtel einfach nicht leiden, mit ihren Geschichten über die
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