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Nichts für Anfänger - Roman

Nichts für Anfänger - Roman

Titel: Nichts für Anfänger - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kevin Maher
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liefern lassen und alles. Das war ein richtiger Event, als der Clery’s-Wagen angefahren kam. Alle taten so, als wäre es der Papst höchstselbst, der mal kurz bei Maura vorbeischaut, um Hallo zu sagen und ihr ein Geschenk von Gott da zu lassen. Und so schielt Mam jeden Tag, wenn sie im Garten die widerlich feuchte Wäsche an das orangene Leinendings hängt, dass Dad für sie aufgespannt hat, oder wenn sie sie wieder abnimmt, neidisch zu Mauras Hintertür rüber, denn dort pustet ein dickes schwarzes Rohr den feuchten Dampf von ihrem Trockner nach draußen – und kündet von der federleichten, staubtrockenen Wäsche darin, die nur darauf wartet, mühelos rausgeholt und makellos gefaltet zu werden, um am Ende fröhlich auf den Betten der Familienmitglieder zu landen.
    Leider sieht Mam auf den ersten Blick, dass es sich nicht um einen Trockner handelt, denn Dad kann das Geschenk quasi einhändig über seinem Kopf balancieren. Er lässt es vor ihr auf den Boden plumpsen, sagt, Fröhliche Weihnachten, und versucht, sich ein Lachen zu verkneifen. Mam lacht so halb, weil sie Mitleid mit ihm hat und ihre Enttäuschung verbergen will, und fängt an, das Geschenk zu öffnen. Nach einer Schicht Geschenkpapier weiß sie, wie der Hase läuft. Wir alle wissen es. Es ist Dads Lieblingsstreich. Ein winziges Geschenk zu kaufen und es dann eine Million Mal einzupacken, bis es so groß wie ein Haus ist. Das macht er jedes Jahr entweder zu Weihnach ten oder bei einem unserer Geburtstage. Er glaubt, das ist einfach zum Totlachen, als gäbe es nichts Witzigeres auf dem Planeten Erde, als jemandem dabei zuzusehen, wie er Geschenkpapier aufreißt und dabei leicht enttäuscht aussieht.
    Die Sache ist, nachdem Mam ihren Ärger darüber, dass sie keinen Trockner bekommt, erst mal verdaut hat, findet sie es irgendwie auch lustig. Und nach jeder Papierschicht sagt sie: Oh Matt, du bist ein unmöglicher Kerl! Und darüber kichert er noch mehr als vorher, er wird richtig rot im Gesicht, als würde er sich die beste Folge Benny Hill aller Zeiten angucken. Nach kurzer Zeit ist natürlich die Luft raus, und Mam hält ein tennisballgroßes Päckchen in der Hand, und um sie herum türmen sich Berge von zerrissenem altem Zeitungspapier (Dad hört nach etwa drei Schichten mit dem Geschenkpapier auf und ersetzt es durch alte Ausgaben des Irish Independent ). Am Ende stellt sich das Geschenk als entweder Ohrringe oder eine Halskette heraus – nicht zu billig und nicht zu teuer –, und Mam ist völlig aus dem Häuschen und sagt, dass es total glamourös aussieht und direkt aus Denver Clan kommen könnte. Sie dreht sich zu uns und wir ohen und ahen alle einstimmig, obwohl wir eigentlich nur glücklich darüber sind, dass sie am Ende des Papierklumpens angekommen ist, und auch darüber, dass Dad es geschafft hat, lange genug aus seinem Dauerschlaf auszubrechen, um ein Ge schenk zu besorgen und daraus eine seiner typischen Comedy nummern zu machen.
    Dann bittet Mam die Mädchen, ihr dabei zu helfen, das Chaos in Plastiksäcken zu beseitigen, dann wendet sie sich speziell an mich und sagt, ich soll mich beeilen. Schließlich ist heute Weihnachten, sagt sie. Und du willst doch nicht zu spät zu Vater O’Culigeen kommen!!
    Nein, denke ich leise bei mir, bloß nicht. Also sammle ich meine Star-Wars- Actionfiguren zusammen und trage sie in meinen Armen hoch in mein Zimmer und lasse sie auf mein noch immer ungemachtes Bett fallen. Boba Fett und Luke in Hoth-Outfit. Ich knie mich vor sie hin, wie ich es so viele Jahre lang getan habe, und bereite sie auf ein riesiges Abenteuer vor. Normalerweise hat das, was ich spiele, nichts mit den Star-Wars -Filmen zu tun. Stattdessen lasse ich meine Actionfiguren vor einer riesigen Flutwelle (meiner Decke) davonrennen und im letzten Moment von einer Klippe (dem Kopf von meinem Bett) in einen reißenden blauen Fluss (meinen Teppich) springen. Aber heute, an diesem Weihnachtstag, sehe ich sie nur an. Es ist, als wäre mein Kopf, der sich all diese Geschichten ausgedacht hat, plötzlich ein Megamix und jemand hätte auf Pause gedrückt.
    Mam kommt angerauscht, steckt mich in meine schicksten Weihnachtsklamotten, ein braunes Jackett mit passender Hose, und setzt mich dann bei der Kirche ab, direkt vor O’Culigeens Tür, ganze fünfundvierzig Minuten bevor der Gottesdienst anfangen soll.
    O’Culigeen macht sich fast in die Hose, als er mich sieht. Er sagt mir, dass ich göttlich aussehe und dass ich das schönste

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