Nichts gegen Engländer
Betamax-Videorecorder ins Studio bringen und
von Experten schätzen lassen.
Um
das jüngere Publikum vor den Bildschirm zu locken, muss man wenigstens
internationale Verwicklungen heraufbeschwören. Den Produzenten von »Big
Brother« ist das gelungen. Anfangs wurden, wie überall im europäischen Sendegebiet,
bei der sterbenslangweiligen Sendung wildfremde Menschen wochenlang in einen
Container gesperrt. Fernsehzuschauer, denen offenbar sämtliche soziale
Kontakte abhanden gekommen waren, durften jede Woche einen Containerbewohner
hinauswählen.
Doch
bald wurde das selbst den hartgesottensten Trivialfans zu öde. So ersann man
»Celebrity Big Brother«, bei dem Möchtegerne und Vergessene auf einen
Karriereschub hoffen. In Großbritannien wird der Unfug vom einst
ernstzunehmenden Sender Channel 4 ausgestrahlt. Schon bald berichteten aber nur
noch Boulevardzeitungen über das dümmliche Spektakel. Wer diese Blätter liest,
kann wohl auch dem trüben Treiben im BigBrother-Haus einen Unterhaltungswert
abgewinnen.
Dann
schickte die Produktionsfirma die 25jährige Jade Goody ins Rennen. Deren Ruhm
begründet sich darauf, dass sie eine der ersten BigBrother-Staffeln nicht
gewonnen hatte. Damit sie sich nicht so allein fühlt, zogen auch ihr Freund und
ihre Mutter ins Big-Brother-Haus ein. Zur Mutter hat sie ein besonderes
Verhältnis: »Ich behandle meine Mutter wie eine Mutter, und sie behandelt mich
wie eine Tochter«, enthüllte sie.
Goody
ist ein typisches Produkt des englischen Bildungssystems. Sie glaubt, Pfauen
haben ihre Augen in den Federn, Croquet werde auf Pferden gespielt und Rio de
Janeiro sei ein Fußballer. Außerdem nahm sie an, Cambridge liege in London.
Als ihr jemand erklärte, es befinde sich in der Grafschaft East Anglia,
antwortete sie überrascht: »Ach, es liegt im Ausland?« Dann verkündete sie, es
sei ihre Ambition, einmal Premierministerin zu werden. Warum eigentlich nicht?
Bei solch phänomenalen geographischen Kenntnissen bestünde zumindest keine
Gefahr, dass sie gegen fremde Länder Krieg führt. Lediglich East Anglia müsste
sich in Acht nehmen.
Das
alles wäre wenig bemerkenswert, wenn sich Goody nicht mit zwei genauso
schlichten Mitbewohnerinnen - eine hält Winston Churchill für den ersten
schwarzen US-Präsidenten - zusammengetan hätte, um die Bollywood-Schauspielerin
Shilpa Shetty zu mobben. Sie äfften ihren indischen Akzent nach, wünschten sie
»zurück in ihren Slum« und beleidigten sie ständig, so dass Channel 4 alle Nase lang mit einem Piepston zensieren muss. Die Spekulation, Goody habe
Shetty als »verdammten Paki« beschimpft, wies der Sender empört zurück: Sie
habe sie lediglich als »blöde Fotze« bezeichnet.
Am
Ende wurde Goody von den Zuschauern aus der Serie hinausgewählt. Schade. Wenn
sich niemand an der albernen Wahl beteiligt hätte, müssten die Teilnehmer bis
zum Sanktnimmerleinstag im Big-Brother-Käfig schmoren.
Britisches
Radio ist nicht unbedingt eine Alternative zum flimmernden Flachsinn. Ein Tim
Shaw hat erklärt, dass seine Frau Hayley Shaw sich von ihm getrennt habe.
Unglücklicherweise hat die mediengeile Nervensäge eine spätabendliche Radiosendung
bei »Kerrang!«, dem Ableger der Metal-Postille gleichen Namens, wo er seinen
Dünnpfiff absondern kann. Der Sender sitzt im englischen Birmingham, und damit
er über die Stadtgrenze hinaus bekannt wird, hat Shaw in seiner »Asylum Show«
schon allerhand Ekelhaftes geleistet.
Er
streute sich angeblich Pfeffer in die Augen, verpasste seinen Genitalien einen
Stromschlag und tauchte seinen Kopf in einen Eimer, der mit dem Urin seines
Produzenten Greg Pebble gefüllt war, um einen Apfel mit den Zähnen
herauszufischen. Das ist der berühmte englische Humor. RadioHörer sind dabei
auf ihre Phantasie angewiesen. Da sie als Engländer über die gleiche Art von
Humor wie Shaw verfügen, können sie sich das alles vermutlich gut vorstellen
und finden es amüsant.
Shaw
verschweigt gerne, dass er einen Universitätsabschluss hat, was im Interesse
der Universität ist. Dafür brüstet sich die Knalltüte stets damit, dass er
bisher noch bei jeder Anstellung fristlos gefeuert worden ist. »Kerrang!«-Chef
Andrew Jeffries warf ihn ebenfalls während einer Sendung hinaus. Daraufhin
brachen Shaw und Pebble ins Haus von Jeffries ein, zertrümmerten ein paar Fensterscheiben,
beschmierten die Wände und versteckten den Fernseher und ein paar
Wertgegenstände. Als Jeffries und seine Frau aus dem Kino kamen,
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