Nichts gegen Engländer
Reid mit ernster Miene versicherte.
Manchmal
haben es Innenminister aber auch nicht leicht. Vor allem, wenn sie ungebetene
Ratschläge erhalten, wie es Smith ergangen ist. Sie solle gefälligst dafür
sorgen, dass nur noch christliche Einwanderer ins Land dürfen, meinte Michael
Nazir-Ali. Er und seine Eltern waren Muslime, bis sie von Pakistan nach
Großbritannien umzogen und zum Christentum übertraten. Der kleine Michael wurde
fortan streng anglikanisch erzogen, und weil er ein Streber ist, wurde er
Pfarrer und schließlich Bischof von Rochester. Er ist der einzige asiatische
Bischof in der Church of England.
Das
reichte ihm aber nicht. Er wäre gerne Erzbischof geworden, aber stets wurden
andere ihm vorgezogen. Dabei hatte er doch alles getan, um sich für das hohe
Amt zu qualifizieren. Er hatte die Rechte für Homosexuelle angeprangert und
gegen die Ordination schwuler Priester gewettert, er hatte ökumenische Initiativen
verteufelt und den Angriff auf den Irak gutgeheißen. In letzterem Fall ist er
allerdings etwas über das Ziel hinausgeschossen, weil seine eigene Kirche den
Irakkrieg durchaus kritisch sieht. Aber Konvertiten sind nun mal die
Schlimmsten.
Dann
warnte er in einem Interview mit einem Boulevardblatt, dass islamische
Extremisten mitten in Großbritannien »no-go areas« geschaffen haben, in die
sich Andersgläubige oder Weiße nicht mehr hineintrauen. Wo diese Ghettos zu
finden sind, verriet er allerdings nicht. Wie auch? Es gibt in Großbritannien
im Gegensatz zu manch anderen Ländern keine Segregation nach rassistischen oder
religiösen, sondern vor allem nach sozialen Gesichtspunkten. Und da geraten die
osteuropäischen Immigranten leicht ins Hintertreffen, weil sie von weißen,
englischen Jugendlichen regelmäßig vermöbelt und vertrieben werden.
Applaus
bekam Nazir-Ali wenig überraschend von den Tories. Deren Innenminister im Schattenkabinett,
David Davis, sagte: »Hört, hört! Der Bischof hat auf ein sehr ernstes Problem
hingewiesen!« Labours Unterstützung für multikulturelle Initiativen fördere
eine »freiwillige Apartheid«, dünnbrettbohrte Davis. Und die Daily Mail assistierte
mit einer Statistik, wonach sich 40 Prozent der Muslime lieber einem Scharia-Gericht
als der britischen Justiz unterwerfen würden. In Anbetracht der zahlreichen
Fehlurteile, die Dutzende Unschuldiger - wie die Birmingham Six, die Guildford
Four oder die Maguire Seven - für 16 bis 17 Jahre in den Knast schickten, wäre
eine Auspeitschung vielleicht keine schlechte Alternative.
Das
findet die Daily
Mail nicht. »Die Vorstellung, das wir ein zweigleisiges
Rechtssystem haben, in dem manche nach einem System der Rechtsprechung und
andere nach einem anderen bestraft werden, ist nicht praktikabel«, mahnte das
Blatt, als ob Großbritannien kurz vor der Einführung eines solchen Systems
stünde.
Bischof
Nazir-Ali macht nichtchristliche Einwanderer auch für die fallenden
Besucherzahlen bei der anglikanischen Messe verantwortlich. Deshalb will er nur
Christen einwandern lassen. »Natürlich«, höhnte die muslimische Journalistin
Yasmin Alibhai-Brown im Guardian, »wir ziehen sonntags herum und binden die
Christen fest, damit sie nicht beten können.«
Dabei
wäre es besonders wichtig, die Hände zum Gebet frei zu haben. Die anglikanische
Kirche hat die Offensive »Geld und Leben« gestartet. Mit Hilfe von Bibeltexten
und speziell dafür verfassten Gebeten will man denjenigen, die sich verschuldet
haben und Kredithaien zwischen die Zähne geraten sind, zu neuer Hoffnung
verhelfen. Wenn man Schulden wegbeten kann, so kann man vermutlich auch Hirn
herbeibeten. Dann könnte dem Bischof von Rochester doch noch geholfen werden.
Den
Nazis dagegen ist nicht mehr zu helfen. Man kann ihnen nicht trauen. Das findet
auch der Chef der rechtsextremen British National Party (BNP), Nick Griffin. Er
hat seine eigenen Mitglieder bespitzelt, ihre Emails abgefangen, Telefongespräche
abgehört und den Computer aus dem Haus einer Aktivistin stehlen lassen. Die
Polizei ermittelt inzwischen gegen Griffin und andere Mitglieder der
Parteiführung.
BNP-Sprecher
Simon Derby bestreitet, dass man irgendetwas Unrechtes getan habe. Der Computer
gehöre der Partei, sagte er. Darüber hinaus haben laut Derby einige Mitglieder
einen Coup gegen Griffin geplant, und denen habe man den Kampf angesagt. Es
handelt sich dabei um die beiden Parteiorganisatoren Sadie Graham und Kenny
Smith.
Graham
behauptet, Leute des parteiinternen
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