Nichts gegen Engländer
Nachrichtendienstes haben sich Zugang zu
ihrem Haus verschafft, Abhörwanzen versteckt und ihren Computer mitgehen
lassen. Auf der BNP-Internetseite war später ein Telefongespräch zwischen ihr
und Smith zu hören, bei dem über den Sturz von Griffin gesprochen wurde. Smith
und Graham wurden aus der Partei ausgeschlossen.
Derby
leugnet, dass Grahams Haus verwanzt worden sei. Vielmehr habe sie versehentlich
eine Nummer gewählt, durch die das Handy-Gespräch aufgezeichnet wurde. »Ich
glaube, das kann man als katastrophalen Fehler ihrerseits bezeichnen«, sagte
er. »Und was die nationalistische Politik in diesem Land angeht, so stehlen wir
immer noch allen anderen die Show.«
Das
könnte sich bald ändern. 50 führende Parteimitglieder sind aus der Fraktion
ausgetreten. Nick Lowles von der antifaschistischen Organisation Searchlight
sagte, weite Teile der Partei im Norden Englands und in Schottland seien gegen
Griffin und die Parteiführung. »Das ist eine ernst zu nehmende Spaltung«, sagte
er. »Eine Versöhnung beider Seiten ist schwer vorstellbar. Eine der beiden
Gruppen wird die Partei wohl verlassen müssen.« Am besten alle beide.
Überraschend war an der Affäre lediglich der Medienrummel: Was ist von einem
Schwein anderes zu erwarten als ein Grunzen?
Apropos
Schwein: Im britischen Unterhaus sollte vor ein paar Jahren eine »schweinische
und ekelerregende Ausstellung obszönen Materials« stattfinden. Wollte der
Schatzkanzler etwa vorzeitig seinen Haushaltsplan vorlegen? Weit gefehlt. Es
ging um harte Pornomagazine. Die Tory-Abgeordnete Ann Winterton wollte den
UnterhausKollegen ihre schmutzige Heftchensammlung vorlegen, damit die
behüteten Parlamentarier mit eigenen Augen sehen konnten, womit unter britischen
Ladentischen gehandelt wird.
Winterton
zählte auf, was sie alles zu bieten hatte: »Kindesmissbrauch, Sodomie, oraler
Sex und sowohl homosexuellen als auch heterosexuellen Gruppen- und
Analverkehr«. Für jeden Parlamentariergeschmack war also etwas dabei. Und den
Abgeordneten, die alles zu kennen glaubten, versprach sie ein paar
Überraschungen: »Das Material enthält noch andere gewalttätige und abnorme
Sexualpraktiken. Es wäre aber unpassend, sie hier aufzulisten.« Der Werbetrick
wirkte. Über 300 Abgeordnete beantragten Eintrittskarten für die grausige
Ausstellung, um sich stellvertretend für die Wähler ekeln zu können.
Volksvertreter
haben es nicht leicht. Sie sind vielbeschäftigt, weil sie sich im Namen des
Volkes abrackern. Dafür erwarten sie natürlich auch etwas Anerkennung - am
liebsten natürlich in klingender Münze. Englische Parlamentarier nehmen aber
auch gerne Wertsachen oder Naturalien.
Während
sich der Labour-Abgeordnete Tony Banks mit zwölf Gläsern Honig für seine
Tätigkeit als parlamentarischer Berater der Londoner Imkervereinigung
bescheiden musste, kassierten seine Kollegen Satellitenschüsseln, Cartier-Füllfederhalter
und wertvolles Porzellan.
Labour-Mann
Don Dixon ließ sich eine Frankreichreise von der »parlamentarischen Biergruppe«
bezahlen. Das ist vermutlich eine Art Stammtisch - mit dem beneidenswerten
Unterschied, dass die Trinker in diesem Fall für ihr Hobby bezahlt werden.
Dixon behauptete, er sei in Frankreich einer britischen Bierschmugglerbande auf
der Spur gewesen. In Anbetracht der labbrigen, warmen, gelben Brühe, die in
England als Bier gilt, können die Schmuggler wohl auf Notwehr plädieren.
Während
die Abgeordneten Bierschmuggler jagen, muss so manche Unterhaus-Debatte vor
leeren Rängen ausgetragen werden. Um so lobenswerter, dass sie nach
Wintertons Aufruf ihrer schweren Pflicht so zahlreich nachkamen. Will man über
Kinderpornographie entscheiden, muss man schließlich das Material vorher
gründlich studieren. Winterton bekannte: »Ich bin keineswegs prüde, aber ich
war tief schockiert, dass solches Material nun zunehmend erhältlich ist.«
Wintertons
Idee war nicht neu: Bereits drei Wochen zuvor trafen sich die Abgeordneten zum
Fernsehabend. Auf dem Programm stand Red Hot Dutch, ein
Hardcore-Pornokanal, der nicht nur in Großbritannien über Satellit empfangen
werden kann. Dazu benötigt man allerdings einen Decoder mit gebührenpflichtiger
Plastikkarte. Die britischen Regierung konnte das nicht verbieten, weil
Satellitenprogramme laut EU-Vorschrift nicht mit den gesetzlichen Bestimmungen
des Empfängerlandes, sondern lediglich des Sendelandes in Einklang stehen
müssen - und das war in diesem Fall Dänemark. Aber die
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