Nichts ist endlich - Miller, K: Nichts ist endlich - The eternal ones - What if love refused to die: Jugendroman
Foto mir Schlimmes anhaben könnte.« Haven hätte die Sixtinische Kapelle nicht gleichgültiger sein können, aber hier ging es ums Prinzip. »Du kannst ja Hut und Sonnenbrille aufsetzen. Aber wir werden uns bestimmt nicht hier verkriechen.«
Sie hoffte, Iain klargemacht zu haben, dass er in diesem Punkt keine Chance hatte. »Okay«, stimmte er schließlich etwas widerwillig zu. »Aber ich weigere mich, mit irgendwelchen Touristengruppen für Fotos zu posieren.«
»Ist dein gutes Recht.«
»Und den Rest des Tages halten wir uns dann von solchen Touristenattraktionen fern.«
»Abgemacht.«
»Und ich will keine Beschwerden hören.«
»Keine einzige«, versprach Haven ihm.
»Und ich darf dir was Hübsches kaufen.«
Haven verdrehte wieder die Augen und lachte. »Mal sehen.«
»Okay, dann setz dich jetzt auf den Balkon und mach dich bereit für das beste Omelett, das du je gegessen hast.«
Es war das beste Omelett, das Haven je gegessen hatte. Der Kaffee, der Orangensaft und sogar der Toast schmeckten besser als alles, was Haven je gekostet hatte. Aber in dieser Gesellschaft, bei der wunderschönen Aussicht und der Erinnerung an letzte Nacht hätte Haven wahrscheinlich auch ein Stück Pappe essen können, ohne dass es ihr aufgefallen wäre.
»Konntest du schon immer so gut kochen?«, fragte sie und versuchte, nicht mit vollem Mund zu sprechen.
»Nein. Irgendwas Neues lernt man wahrscheinlich in jedem Leben dazu. Meine Mutter hat mir ein bisschen was beigebracht. Sie war eine sehr angesehene Köchin, bevor sie meinen Vater geheiratet hat.«
»Und was ist sie jetzt?«
»Meistens betrunken«, antwortete er nüchtern.
»Tut mir leid.«
»Muss es nicht«, entgegnete Iain. »Der Preis für die schwierigste Kindheit geht diesmal eindeutig an dich. Acht Jahre lang vom Teufel besessen zu sein stell ich mir alles andere als angenehm vor.«
»Ach, so übel war’s gar nicht immer«, witzelte Haven, überrascht, wie leicht es ihr fiel, über das Thema zu sprechen. »Wenigstens hatte ich Beau. Aber kannst du dir vorstellen, wie es ist, in einer Stadt zu leben, in der alle fest davon überzeugt sind, dass der Teufel sich ausgerechnet in East Tennessee niederlassen würde?«
»Lächerlich!« Iain schüttelte den Kopf bei der Vorstellung. »Jeder weiß doch, dass der Teufel sich nicht für den Süden interessiert. Er lebt in New York.«
»Das war ein Scherz, oder?«, hakte Haven schließlich nach.
»Na, was denkst du denn? Übrigens: Wer ist Beau?«, wollte Iain wissen, während er betont ungezwungen in seinem Essen stocherte. Haven bemühte sich, das Lachen zu unterdrücken. Sie hatte noch nie jemanden eifersüchtig gemacht.
»Mein bester Freund. Und sozusagen auch mein Geschäftspartner, wir haben zusammen Kleider entworfen.«
»Oha, der muss sich seiner Männlichkeit aber ziemlich sicher sein.« Iain schmierte sich zum dritten Mal Butter auf dasselbe Stück Toast. »Wie ist er denn so?«
»Tja, also … Groß, blond, gut aussehend, Quarterback in der Footballmannschaft, witzig, charmant, intelligent.« Haven hielt inne und biss in aller Ruhe von ihrem Toast ab. »Ach ja, und schwul.«
»Halleluja.« Iain wischte sich ein paar imaginäre Schweißtropfen von der Stirn. »Ich hätte mir schon fast Sorgen gemacht. Und, hat Beau einen Freund?«
»In Snope City, Tennessee?«, schnaubte Haven. »Selbst wenn es da noch andere Schwule gäbe, würden die sich nie und nimmer offen dazu bekennen. Beau steht ein ziemlich trostloses Leben bevor, wenn er nicht bald da rauskommt.«
»Mach dir da mal keine Sorgen. Ich hab so das Gefühl, dass er bald jemanden finden wird.«
»Meinst du?«, fragte Haven und versuchte, den Ausdruck in Iains Augen zu enträtseln.
»Wenn Beau dein bester Freund ist, warum hast du ihn dann noch gar nicht erwähnt?«
»Wir haben uns gestritten, bevor ich nach New York gegangen bin. Ich hab seinem Vater ein Geheimnis verraten, das ich eigentlich für mich behalten sollte. Ich hab’s wirklich nur gut gemeint …«
»Aber er hat das ein bisschen anders gesehen.«
»Ja«, gab Haven zu.
»Tja, schon komisch, oder? Da will man nur das Beste für die Menschen, die man liebt, und als Dank bekommt man nur Ärger.«
Haven hob eine Augenbraue. »Geht es jetzt etwa wieder um diese Fotosache?«
»Also bitte, warum sollte ich denn ein so nettes Gespräch wieder auf solch unangenehme Dinge lenken?«, fragte Iain scheinheilig.
Die Schlange vor der Sixtinischen Kapelle war kürzer, als sie erwartet
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