Nichts ist endlich - Miller, K: Nichts ist endlich - The eternal ones - What if love refused to die: Jugendroman
gerade noch rechtzeitig hinter die Säule, als die beiden zurück in ihre Richtung schlenderten. Gehetzt sah sie sich um, nur um festzustellen, dass sie in der Ecke der Galerie in der Falle saß. Die einzige Fluchtmöglichkeit bot ein Notausgang, über dem eine Hightechalarmanlage angebracht war. Das Ding würde wahrscheinlich einen Riesenlärm veranstalten, und vielleicht würde sogar die Feuerwehr anrücken, aber Haven blieb keine Wahl. Sie drängelte sich bis zur Tür durch, stieß sie auf und machte sich auf das Heulen der Alarmsirene gefasst. Doch die Tür schwang lautlos auf und schloss sich mit einem dumpfen Geräusch wieder, als Haven hinaus in eine schmale Gasse stolperte.
»Hey, hast du die etwa ganz zufallen lassen?« Die Frage kam aus einer Rauchwolke links neben dem Notausgang, aus der jetzt ein Mädchen auf Haven zutrat. Ihre bleiche Haut schimmerte unnatürlich im Schein der Sicherheitsleuchte. Es war Marta Vega. »Ich hatte sie nur angelehnt, damit ich wieder reinkomme.«
»Tut mir leid.« Haven sah nach, ob die Tür ins Schloss gefallen war. Das Letzte, was ihr jetzt noch fehlte, war hier draußen mit Iains anderer Freundin festzusitzen.
»Schon okay«, sagte Marta, als die Tür nicht nachgab. »Irgendwann werden sie mich wohl suchen kommen. Und wenn nicht, klettere ich eben über den Zaun. Willst du eine Zigarette?«
»Ich rauche nicht«, lehnte Haven ab.
»Was machst du denn dann hier draußen?«, fragte Marta.
»Ich verstecke mich vor meinem Freund. Er ist mit einer anderen hier.« Haven brachte nicht genug Gehässigkeit auf, um noch mehr zu sagen.
»Ach«, entgegnete Marta. »Das ist ja echt beschissen.«
»Du sagst es«, stimmte Haven zu. »Und warum bist du hier draußen? Das ist doch deine Party, oder nicht?«
»Ja. War aber nicht meine Idee. Ich wär am liebsten gar nicht gekommen. Die Ausstellung floppt doch sowieso.«
»Wieso? Mir gefallen deine Bilder«, sagte Haven.
»Ja?« Neugierig schaute das Mädchen hoch. »Im Ernst?« Sie schien so ehrlich überrascht, dass sie Haven einen Moment lang richtig leidtat.
»Klar. Ich steh auf so düsteren, verstörenden Kram. Mir ist der Mann aufgefallen, der in allen Bildern versteckt ist. Der, der alles zerstört. Wer soll das sein?«
»Er ist dir aufgefallen?« Wieder verzogen sich die rubinroten Lippen zu dem leicht irren Lächeln. Die Schulterpartie von Martas Kleid rutschte ihr bis zum Ellbogen hinunter, als sie einen langen Zug von ihrer Zigarette nahm. Unter einem silbernen Armreif in Form einer Schlange war der dürre Arm des Mädchens übersät mit blauen Flecken und Einstichstellen.
»Klar.«
»Dann bist du wohl was Besonderes. Die meisten sehen ihn gar nicht. Sie gucken einfach an ihm vorbei. Na ja, er ist auch eigentlich gar kein richtiger Mann. Mehr so was wie eine Naturgewalt. Chaos. Die Wurzel allen Übels. Ist ganz egal, wie man ihn nennt, er hat keinen Namen. Er ist der Grund, warum alles in die Brüche geht.«
»Wie faszinierend.«
»Tja, leider nicht faszinierend genug.«
»Wie meinst du das?«, fragte Haven.
»Ach, nichts. Ist halt nur so, dass das hier meine letzte Chance war, und ich hab sie verbockt. Aber ich muss nun mal das malen, was in meinem Kopf ist, verstehst du? Das sind alles Visionen, die mir geschickt worden sind. Und sie sind nicht eher weggegangen, bis ich sie auf die Leinwand gebracht hatte. Schade bloß, dass die Leute sie sich so ungern ansehen.«
»Du hast Visionen?«, fragte Haven mit klopfendem Herzen. War das etwa das Mädchen, von dem Leah gesprochen hatte? Diejenige, die ihr »die Wahrheit« zeigen würde?
»So komme ich auf meine Ideen. Als ich angefangen habe zu malen, waren sie noch wunderschön. Aber in den letzten Jahren sind sie immer finsterer geworden. Jetzt halten sie mich nachts wach. Das hat alles angefangen, als ich beigetreten bin.«
»Beigetreten?«
Marta nahm einen langen Zug von ihrer Zigarette. »Vergiss es. Du scheinst mir ein liebes, nettes Südstaatenmädel zu sein. Ob du’s glaubst oder nicht, vor ein paar Jahren war ich auch so ein nettes Mädel, aus Nebraska. Jetzt ist mein Freund tot, und alles geht den Bach runter. New York ist eine gefährliche Stadt. Lass dich bloß nicht mit den Falschen ein. Du siehst ja, was aus mir geworden ist.« Sie hob beide Arme, und ihre Ärmel rutschten bis auf ihre Schultern hinunter. Im Licht sahen die Einstichstellen noch schrecklicher aus.
»Aber«, fing Haven an, als plötzlich die Tür aufging. Sie trat einen Schritt
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