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Nichts kann ich mir am besten merken (German Edition)

Nichts kann ich mir am besten merken (German Edition)

Titel: Nichts kann ich mir am besten merken (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tim Frühling
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Das ist mal außergewöhnlich – das gibt trüben Einkaufstagen Pep!
    Wo wir gerade bei Liechtenstein sind: Zwergstaaten zu besuchen klingt oft spannender, als es in Wirklichkeit ist. Liechtenstein ist absolut unspannend, selbst in der Hauptstadt Vaduz sind Sehenswürdigkeiten rar gesät. Über der Stadt erhebt sich ein finsteres Schloss, in dem ein wirrer Fürst schützend seine Hand über windige Geldgeschäfte hält. In der Innenstadt steht der neugebaute Landtag, der so aussieht, als habe ein Fensterphobiker mit zu viel Geld eine Autobahnkirche bauen lassen.
    Noch ärmer an Highlights ist übrigens Andorra. So beschwerlich die Anreise über die französische Seite ist, so herb ist die Enttäuschung über das Nichtvorfinden jeglicher Attraktion. Einzig das Schöntrinken und Schönrauchen des Fürstentums ist aufgrund der Zollfreiheit ein günstiges Vergnügen.
    Kehren wir Kleinstaaten und Kleinstädten den Rücken und widmen wir uns einem Phänomen deutscher Großstädte: Sie werden verschwiegen! Ich möchte damit nicht die Diskussion neu entfachen, ob Bielefeld überhaupt existiert. Ich spreche von Städten wie Mannheim, Freiburg oder Düsseldorf, die von der Beschilderung auf Autobahnen so behandelt werden, als seien sie entweder nicht da oder nicht wichtig. Die Wahrscheinlichkeit, dass ein in Frankfurt auf die A5 einbiegendes Auto nach Mannheim oder Freiburg will, ist um ein Vielfaches größer, als dass das Endziel Basel heißt. Trotzdem findet ausschließlich Basel Erwähnung auf den Schildern, geradezu so, als gäbe es zwischen Frankfurt und der Schweiz keine erwähnenswerte Stadt mehr auf deutscher Seite. Ein ähnliches Schattendasein fristet die Landeshauptstadt Düsseldorf, denn ginge es nach der Ausschilderung auf NRW-Autobahnen, wäre Oberhausen die Zielmetropole einer jeden Autobahnfahrt in diesem Bundesland.
    Eine mögliche Erklärung für das Basel-Phänomen an der A5 ist die historische Idee, die hinter dieser Autobahn steckt. Sie wurde unter den Nazis im Dritten Reich als Nord-Süd-Verbindung geplant und trug den Beinamen HaFraBa (Hansestädte-Frankfurt-Basel). Nicht auszuschließen ist, dass zu damaliger Zeit davon geträumt wurde, Basel könne irgendwann mal zum Deutschen Reich gehören. Da die Geschichte bekanntlich eine andere Wendung genommen hat, ist die Basel-Beschilderung wohl einfach ein Relikt vergangener Planspiele und müsste die A5 demzufolge zu Eva Hermans Lieblingsschnellstraße machen. Die überdurchschnittlich hohe Präsenz Oberhausens auf den NRW-Autobahnen rührt daher, dass sich dort A2 und A3 kreuzen – und diesen Tatbestand findet man wohl wichtiger als die Erwähnung der Landeshauptstadt.
    Wichtig zu erwähnen finde ich beim Thema Autobahnbeschilderung noch eine weitere Tatsache: Sie sieht in Hessen anders aus als im Rest der Republik. Es springt nicht sofort ins Auge, aber zwischen Kassel und Viernheim gelten auf Autobahnen nicht die RWBA (»Richtlinien für die wegweisende Beschilderung auf Autobahnen«), sondern der hessische LWBA (»Leitfaden zur wegweisenden Beschilderung auf Autobahnen«). Und hier gilt folgender Grundsatz: Nur Kurzpfeile, Schrift linksbündig zentriert, keine Fernziele nebeneinander und Schildbreite gleich Fahrbahnbreite. Sie können den Unterschied zwischen RWBA und LWBA bei Ihrer nächsten Reise durch Hessen gern selbst überprüfen. Ihnen wird die wohltuende Ordnung auf den hessischen Schildern nicht entgehen. Allerdings muss ich Sie warnen: Das Design der Autobahnbeschilderung in den restlichen fünfzehn Bundesländern kommt ihnen chaotisch vor, wenn Sie erst einmal gesehen haben, wie sehr die klare Gliederung zwischen Weser und Neckar dem Auge schmeichelt.
    Auf sehr alten Schildern im Hessen-Style zeigen die Kurzpfeile mit der Spitze übrigens nach unten. Aber es geht ihnen wie den Eisbären – sie sind am Aussterben.
    Eine weitere hessische Besonderheit ist es, dass alle Autobahnparkplätze einen Namen zu tragen haben. Mein Liebling ist der Parkplatz »Rosemeyer« zwischen Darmstadt und Frankfurt. Er liegt an der Stelle, wo der legendäre Rennfahrer Bernd Rosemeyer 1938 bei Tempo 429 von einer Windböe erfasst, aus dem Auto geschleudert und später von einem Baumstamm gekratzt wurde. Natürlich hinterlässt ein Parkplatzschild mit der Aufschrift »Rosemeyer« beim Ortsfremden ein Fragezeichen. Wer bei Tempo 200 dann mal rasch im internetfähigen Handy die Etymologie nachliest, hat zumindest gute Chancen, am gleichen Ort und auf die gleiche Art

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