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Nichts kann ich mir am besten merken (German Edition)

Nichts kann ich mir am besten merken (German Edition)

Titel: Nichts kann ich mir am besten merken (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tim Frühling
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Abwanderungstendenzen ist neben dem Klima in Hof der einzige deutsche Fernwehpark. An einer Saalebrücke stehen Hunderte Orts-und Verkehrsschilder aus aller Welt. Offiziell gelten sie als ein Symbol für Frieden und weltweite Zusammengehörigkeit, ich vermute aber, dass sie vor allem Hofer Jugendlichen dazu dienen, sich zu orientieren, wo es überall besser ist als in ihrer Heimatstadt.
    Es gibt weder in meiner privaten Einschätzung noch im großen, großen Internet übrigens eine endgültige Antwort auf die Frage, welches die hässlichste Stadt Deutschlands ist. In allen Foren zu diesem Thema nutzen die User den Raum nur, um Städte zu »bashen«, die sie nicht leiden können. Die objektive Hässlichkeit rückt in den Hintergrund. Dennoch werden Wolfsburg, Salzgitter und Bottrop verdächtig häufig genannt.
    Einen offiziellen Verweis auf Hässlichkeit findet man im Wikipedia-Eintrag zu Völklingen an der Saar: »Die Kernstadt tut sich schwer, ihren Ruf als hässlichste Stadt Deutschlands loszuwerden, was auch von vielen Bewohnern selbst eingestanden wird, da viele Geschäfte leer stehen.« Sympathiepunkte macht Völklingen auch nicht gerade mit der Tatsache, dass ein Stadtteil bis heute nach einem verurteilten Kriegsverbrecher benannt ist. Hermann Röchling, Industrieller und Vertrauter Hitlers, wurde nach dem Krieg mit zehn Jahren wegen Verbrechens gegen die Menschlichkeit bestraft. In Völklingen wird er weiter als Ehrenbürger und als Namenspatron der »Hermann-Röchling-Höhe« gelistet. Aber in einer Stadt mit einem Wahlergebnis von fast zehn Prozent für die NPD 2004 ist man da wohl kulant.
    Adolf Hitler war in mehr als 4000 Städten und Gemeinden Ehrenbürger. Einige haben ihm die Ehrenbürgerschaft nie offiziell aberkannt, weil man von Amtsseite davon ausgeht, dass sie mit dem Ableben ohnehin erlischt. Andere haben sich erst kürzlich daran erinnert und die Ehrenbürgerwürde des Massenmörders per Ratsbeschluss aberkannt, zum Beispiel Gladbeck 2010, Schwabach 2009, Kleve 2008 und – aha – Hof 2007!
    Im bayrischen Nittendorf, Kreis Regensburg, sah Bürgermeister Knott 2008 Probleme mit der Aberkennung, denn er könne Hitler ja nicht mehr auf dem Postwege über das Erlöschen der Ehre informieren, deswegen bleibe der Adi halt Ehrenbürger. Aber solche Petitessen führen speziell in Bayern selten zu öffentlicher Erregung. Droht bei einer Wahl tatsächlich mal ein Sieg der Opposition, schafft man es gekonnt, die Stammklientel zu mobilisieren, indem man allen, die nicht schon seit sechzig Jahren regieren, Umstürzlertum und wirtschaftliche Inkompetenz bescheinigt. Und nichts fürchtet ein Bayer mehr.
    Der Irrglaube, es ginge den Menschen gut, wenn es der Wirtschaft gut geht, ist bis heute weit verbreitet. Sicher gibt es ein paar Unternehmen, die von einem satten Gewinn einen Teil an ihre Angestellten weiterleiten. Viel verbreiteter ist allerdings die Mentalität, die Personalkosten so weit wie möglich nach unten zu fahren und den satten Gewinn mit niemandem sonst als dem Aktionär oder vielleicht noch der Führungsriege zu verjubeln. So sieht jedenfalls meine Vorstellung des Großkapitals aus, und ich sage an dieser Stelle ganz selbstkritisch: Meine vorgefertigte Meinung lässt sich an manchen Punkten nur ungern von neuen Fakten verwirren.
    So weiß ich zum Beispiel noch nicht genau, wie ich mit dem Grün-Roten Erfolg in Baden-Württemberg umgehen soll. Gar nicht mal aus politischen Gründen, aber in meinem festgefügten und damit ungern Veränderungen unterworfenem Weltbild ist dadurch einiges in Wanken geraten. Daran, dass ich Weltbildwankungen nicht schätze, merkt man, dass ich ein Kind der klar gegliederten Achtziger bin: Deutschland, Frankreich, Großbritannien und die USA waren gut, DDR, Polen sowie Sowjetunion waren böse und Jugoslawien irgendwas dazwischen. Im Radio und Fernsehen wurde man nicht von allzuviel verschiedenen Anbietern verwirrt, genauso wenig im Kommunikationsbereich. Bunte Haare gleich Punker, geleckte Haare gleich Popper, Dauerwelle gleich Taylor-Dayne-Fan. Kohl regierte, die SPD war auf Dauer Opposition, Baden-Württemberg schwarz, Nordrhein-Westfalen rot. Das war zwar nicht unbedingt alles schön, wurde in einer Kindheit kurz nach Kohls »geistig-moralischer Wende« aber nicht groß in Frage gestellt.
    Bis heute erfüllt mich die Zufriedenheit eines schlummernden Kätzchens, wenn einige Dinge einfach so sind, wie sie immer waren. Fulda wählt CDU, Herne SPD, Sachsen-Anhalt gar

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