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Nichts kann ich mir am besten merken (German Edition)

Nichts kann ich mir am besten merken (German Edition)

Titel: Nichts kann ich mir am besten merken (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tim Frühling
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allerdings: Sie sind allesamt in Hürth bei Köln aufgenommen, auch wenn uns Einblendungen weismachen wollen, die Folge spiele in Coburg, Paderborn oder Worms. Außendrehs finden ausschließlich rechts und links der Hürther Luxemburger Straße statt. Da der überwiegende Teil meiner Familie daher stammt, erkenne ich den Schmu leider allnachmittäglich – und jetzt wissen Sie es ebenfalls.

Bei Richterin Barbara Salesch – produziert in Köln – habe ich mal folgende Szene erlebt: Angeklagter kommt rein, reumütig, General Salesch rattert den Fragenkatalog zur Persönlichkeit herunter: »Maik Lommerzheim, geboren 23. April 1973 in Berlin , wohnhaft in Berlin , tätig als Gemüsehändler in Berlin , ledig. Angaben korrekt?« Maiks Replik in breitestem Kölsch: »Ja, dat is korrekt, ävver isch sach gleisch, isch wor dat nit.« Vielleicht wäre es sinnvoll, wenn sich Drehbuchautoren und Rollenbesetzer einmal die Woche in der Kantine auf einen Kaffee treffen und kurz die benötigten regionalen Spracheinfärbungen abklopfen würden.
    Auch im Comedy-Bereich würde ich mich über verschiedene Spracheinfärbungen freuen. Leider dürfen fast ausschließlich Menschen aus NRW im Fernsehen lustig sein. Von Mirja Boes, Tom Gerhardt, Guido Cantz über Dirk Bach, Hella von Sinnen, Atze Schröder, Bernd Stelter bis hin zu Ralf Schmitz, Hugo Egon Balder oder Ingolf Lück – alles vermeintlich Komische im deutschen Fernsehen rührt aus dem Landstrich zwischen Bielefeld und Köln her. Ein schlauer Freund von mir prägte diesbezüglich den herrlichen Ausdruck von einer »Colonialisierung« des Humors. Damit einhergehend ist die dargebotene Witzigkeit immer eine Spur zu laut und zu prollig. Die einzige Chance, als Nicht-NRWler in der Comedian-Szene Fuß zu fassen, ist, einfach noch lauter und noch prolliger zu sein. Darin begründet muss der Erfolg von Elton, Mario Barth und Cindy aus Marzahn liegen.
    Die meisten Comedy-Programme fußen heutzutage auf dem offensichtlich unüberbrückbar großen Unterschied von Mann und Frau. Er will einfach nur gerne Fußball gucken, und sie soll ihm das Bier aus dem Keller bringen. Sie will einfach nur gerne Schuhe kaufen, und er soll sein Portemonnaie dafür zücken. Ist das allein nicht schon rasend komisch, sagen Sie selbst?
    Wie herrlich sind dagegen die Sketche von Loriot anzuschauen, in denen mit preußischer Akribie auf einen hintergründigen Witz hingearbeitet wird und in denen nicht eine Pointe schriller und lauter sein muss als die davor. Aber auch in diesem Bereich habe ich mit der konsequenten Verbannung kommerzieller Programme hinter Speicherplatz 20 die gröbsten Scheußlichkeiten aus meinem Fernsehalltag verbannt.
    Sie müssen übrigens mal darauf achten, dass das Wort »jetzt« im Privatfernsehen eine völlig andere Zeitspanne meint als im wahren Leben. Wenn bei RTL ein Film »jetzt« beginnt, passen noch zehn Minuten »Gute Zeiten, schlechte Zeiten« und ein Werbeblock davor. Vielleicht ist das der Grund, weswegen Frauen beim Schuhkauf zwischen dem Satz »Ich habe mich jetzt entschieden« und dem Bezahlvorgang gerne noch mal eine Viertelstunde Bedenkzeit einlegen. Sehen Sie, ich kann auch wie Mario Barth.
    Ist Ihnen schon mal aufgefallen, dass es im Fernsehserienbereich einen Trend weg vom Großstadtzentralismus gibt? Ich finde das sehr wohltuend. Früher spielte nahezu jede Serie in Berlin, Hamburg, München oder Köln. Manche sogar in zwei der genannten Städte, »Zwei Münchner in Hamburg« zum Beispiel. Die deutsche Klein-oder Mittelstadt war so gut wie nicht präsent in diesem Genre. Als Erster hat sich der heimatverbundene Robert Stromberger über dieses ungeschriebene Gesetz hinweggesetzt und bis zu zwanzig Millionen Fernsehzuschauern seine Heimat Darmstadt präsentiert. Dann kam der »Landarzt«, der schon qua Titel schlecht in einer Großstadt praktizieren kann, und machte den erfundenen norddeutschen Ort Deekelsen berühmt. Das echte Deekelsen ist Kappeln an der Schlei.
    Auch das »Forsthaus Falkenau« musste aus inhaltlichen Gründen im ländlichen Raum gedreht werden – übrigens auch in einem fiktiven Ort namens Küblach. Das echte Forsthaus steht im Allgäu, der wahre Marktplatz von Küblach ist in Ortenburg im Kreis Passau zu finden. Laut Nummernschildern müsste Küblach allerdings im Kreis Freyung-Grafenau liegen.
    Ostdeutschland ist derzeit unter anderem durch die »SOKO Wismar« und die »Familie Dr. Kleist« aus Eisenach auf dem Bildschirm präsent. Das

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