Nichts
„Hier musst du abbiegen!“, werde ich erinnert, als wir die Mesquite Ave. erreichen. Was ich dann auch umgehend und folgsam mache. Wir scheren in die Avenue ein und erkennen sogleich die kleine Tankstelle links oben an der nächsten Kreuzung. Ebenso gespannt wie ich auf deren Hof expediere, bin ich erleichtert, als ich zwei SUV’s an den Zapfsäulen stehen sehe. Nicht gerade reges Treiben, aber offensichtlich befüllen die Cowboys ihre Trucks - und das bestimmt nicht mit heißer Luft. Bin heilfroh.
Ein großes, rostiges Schild mit fetten Buchstaben fordert die Kunden unmissverständlich auf, erst im Büro ihr Bargeld abzuliefern. Beim Anfahren an die letzte der drei Zapfsäulen, erhasche ich einen Blick auf die mit alten Säcken abgedeckte elektronische Preistafel, was mir sagt, dass der Benzinpreis seit neuestem flexibel gestaltet wird.
Sorgfältig beobachtet von den beiden Männern, steige ich aus und begebe mich zur Zahlstelle. Versuche dabei cowboymäßig zu schlurfen und finster dreinzuschauen.
„Nicht dran denken Jungs“, brummle ich in meinen Bart und kämme mir mit den Fingern die krause Mähne zurecht .
Mit einem kräftigen Schubs öffne ich die Glastür. Sofort ertönt ein dröhnendes, unangenehmes Gebimmel, was mein Eintreten theatralisch anmeldet.
Der kleine, verschwitzte Mann hinter der maroden Theke wirft einen längeren Blick in meine Richtung. Fixiert den Eindringling.
Der Kiosk hat, ebenso wie sein Besitzer, seine besten Tage längst hinter sich gelassen, denke ich, als mich leere, dunkle Regale empfangen. Lediglich die lose herunterhängenden Preisschilder erinnern daran, dass es hier einmal Chips, Schokolade, Zeitschriften und sonstige To-Go Produkte gab. Als ich auf den Mann zugehe, schießt wider Erwarten Leben in seinen Körper.
„Mann, wie geht’s?“ fragt er mich überraschend freundlich.
„Danke. Mir geht’s gut, und selbst?“
„Schau dich um! Ging schon besser!“
Ich lächle gequält, noch nicht sicher, was mich erwarten wird.
„Ja, schlechte Zeiten… aber was soll man machen?“
„Positiv denken, Mann!“ lacht er. „Immer positiv denken!“
Ich befürchte, dass er mich damit schon mal auf den Benzinpreis vorbereiten will. Wie auch immer, ich muss versuchen ein paar Informationen zu ergattern.
„Wenig los in Havasu!“, stelle ich erst mal fest.
„Ja…“, erklärt er. „Sind alle unten am See.“
„Am See? Ich kenne die Gegend hier noch von früher, aber See würde ich das nicht mehr nennen!“
„Wohl wahr Mann! Diese Idioten oben in Vegas haben den Damm dicht gemacht.“, erklärt er knurrig. „Uns vom Wasser abgeschnitten.“
„Wieso das?“
„Ist doch klar Mann! Der Lake Mead ist seit Jahren völlig leer. Jetzt haben die ihre Schleusen gesperrt und hoffen, so den Stausee wieder halbwegs voll zu kriegen, Verbrecher die!“
„Wie könnt ihr ohne Wasser überleben?“, interessiert mich.
„Naja, die Schleusen sind nicht ganz dicht Mann. Zu alt. So quält sich noch ein kleiner Rinnsal bis zu uns durch. Wir haben einen Auffangbrunnen gebaut, der sich dann langsam füllen kann. Deshalb sind heute auch alle dort unten. Heute wird der Brunnen geöffnet und man kann sich seine wöchentliche Wasserration abholen…“
Ich bin erstaunt. Wenn auch nicht überrascht. Hab doch selbst den Untergang des Hoover-Staudamms erlebt. Einmal im Jahr sind wir drüber gefahren. Haben seit Zweitausend den fallenden Wasserspiegel immer wieder besorgt zur Kenntnis genommen. Aber das es jemals so weit kommen könnte?
„Kann ich sonst noch was für dich tun Mann?“
„Oh,… Ja. Natürlich. Ich möchte tanken. Wie viel kostet die Gallone?“, wage ich zu fragen. Komm ja eh nicht drumrum.
„Vierundzwanzigfünfzig!“
„Pardon?“, bin ich für einen Moment irritiert.
„Immer positiv denken, Mann!“, lacht er, ohne den Preis zu wiederholen. „Wer weiß, wie lange wir noch liefern können!“
Ich zücke ergeben meine Geldbörse. Kurz überschlage ich: zehn Gallonen für den Reservekanister - zum Glück hatte ich ihn noch schnell eingepackt - und anderthalb Gallonen für den Tank.
„Elf Gallonen!“
„Macht Zweihundertneunundsechzig und fünfzig Cent!“
„Ich weiß.“
Während er mir Drei zehn Dollar Noten und zwei Quarter raus gibt, will ich wissen „Gibt’s sonst noch was
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