Nichts
begreifen, dass Feuer nicht nur Wärme und Licht erzeugt, sondern auch erhebliche Verbrennungen anrichten kann. Toxine, Viren, Verstrahlungen, Kohlenstoffdioxid… Nicht nur sprichwörtlich haben wir die Büchse der Pandora geöffnet. Glaube mir, gerade uns Physikern war es noch nie so ganz Wohl bei diesem Spiel, oder Brian?!“
Ich halt mich da raus!
Zucke unmerklich mit den Schultern, während ich aus den Augenwinkeln zu erkennen glaube, unsere Marines ersinnen gerade angestrengt eine Taktik zur erfolgreichen Intervention des Planschbeckens…
„Wir Physiker sind näher am Geschehen als alle anderen Wissenschaftler. Wir liefern quasi den Rohstoff für deren Arbeit. Wenn die Medizin versucht, Selbstheilungsprozesse des menschlichen Körpers zu erforschen, dann klopft sie hilfesuchend an unsere Tür! Unsere Theorien, unsere Ideen sind von Nöten, will man die Systeme der Natur anwenden. Möglichst genaue Vorhersagen über wahrscheinlich eintreffende Endzustände. Brians und meine Arbeit besteht in der Entwicklung von Theorien und Hilfsmitteln, die auf unser aller Leben anwendbar sind, immer genauere Beschreibungen ermöglichen, eine Vereinfachung des abstrakten Apparats erlauben und Anwendungen auf allen Gebieten der Zivilisation überhaupt erst ermöglichen.“
Er greift sich sein Glas Limonade und lehrt es in einem gierigen Zug. Diese Gelegenheit fängt Julie.
„Du meinst so was wie die Atombombe? Demnach seid Ihr jetzt also die neuen Götter in Weiß?“
„Oh nein!“, antwortet George absolut, ohne den Hauch eines Zweifels.
„Die Götter in Weiß… sind unsere Jünger!“
Na dann viel Spaß, denke ich. So kannst du bei meiner Kleinen garantiert punkten. Jetzt wird’s interessant.
„Zwei Dinge sind unendlich, das Universum und die menschliche Dummheit. Doch beim Universum bin ich mir noch nicht sicher.“, zitiert sie mit kopfschütteln Einstein.
Gut gemacht! Jetzt kommt sie in Fahrt. George allerdings kann dies nicht beeindrucken.
„Du hast mich gefragt, warum die Weltformel so wichtig ist – und ich gebe dir nun die Antwort. Alle Menschen, und ganz besonders die, die sich selbst für so gebildet halten, glauben, unsere moderne Gesellschaft würde längst alle Antworten kennen. Doch Fakt ist, dass wir nichts wissen. Nichts! Alles, was wir glauben zu wissen, basiert auf kühnen Annahmen und kaum verständlichen Theorien. Eigentlich dürften wir gar nicht hier sitzen! Und nun? Nun wundern wir uns, warum die Welt kollabiert. Klar fällt sie auseinander, ist doch logisch! Sie brennt lichterloh, weil Feuer eben nicht nur schönes Licht spendet!“
„Und wer hat das Feuer angezündet?“
„Sag ich doch gerade. Du hast absolut Recht! Will und kann ich nicht leugnen. Gerade deshalb tragen Menschen wie Brian und ich ja auch die Verantwortung. Verdammt noch mal – Ja! Wir haben uns offensichtlich geirrt!“
Falls Gott die Welt geschaffen hat, war seine Hauptsorge sicher nicht, sie so zu machen, dass wir sie verstehen können – muss ich an eine weitere Bemerkung Einsteins denken und mische mich nun doch noch in das Gespräch ein.
„Es besteht tatsächlich die Möglichkeit, auch wenn wir dafür ebenso wenig Beweise finden wie für alles andere, dass wir gewisse Beobachtungen falsch zusammengefügt haben könnten.“
Darf Julie jetzt nicht hängen lassen.
„In einer gewissen Verzweiflung, nun, vielleicht auch Hoffnung, uns in Ansichten verrannt haben, die von der Mehrheit Zustimmung finden. Ich meine, auf anderen Gebieten ging’s uns doch genau so! Nehmen wir nur die Konsumgesellschaft oder das Kapitalsystem. Eigentlich haben doch alle gewusst, dass das niemals gut gehen kann. Und trotzdem haben wir uns auf vermeintlich kluge Experten verlassen. Die Verantwortung in die Hände von Lobbyisten abgegeben. Klar…, ich gebe zu, dass die Weltformel - falls es sie denn gibt – einiges ändern würde. Zumindest würden die Menschen ihre dumme, unendliche Arroganz verlieren, oder nicht? Wäre zu wünschen.“
George klatscht Beifall.
Ungewollt habe ich ihm seine Aufgabe nun erleichtert. Ich Dummkopf. Aber kann mich meiner Verantwortung doch nicht so einfach entziehen. Schaue Julie an. In ihrem Kopf arbeitet es, kann’s fast hören. Wie zufällig wirft sie einen längeren Blick auf die planschenden Kinder.
„Und Brian könnte dabei wirklich helfen?“, wendet sie sich an George.
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