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Nichts

Nichts

Titel: Nichts Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ben Louis
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wird sich dir das Nichts offenbaren und du kannst erkennen, das der See, den du Zeit nennst, alles ist was du bist.

So. 07. August 2016  10:34 Uhr
    - 0000000:00:011:05:26:56
    Minus 011 Tage : 05  Stunden : 26 Minuten : 56 Sekunden
     
     
     
     
    A lle zwei Sekunden, mit jeder Umdrehung, knallen die nachlaufenden Rotorblätter beinahe mit Überschall in die Wirbelschleppe ihrer Vorgänger und erzeugen dabei einen lauten Donner. Dem nicht genug, mischen sich Turbine und Heckrotor rotzig in das mechanisch brüllende Konzert ein. Die Luft stinkt herb nach Kerosin.
       Dachte nicht, dass es in dreitausend Metern Höhe derartig viele Schlaglöcher geben kann. Mein Stuhl rüttelt und vibriert bedenklich. Sitzt der Gurt? Ja. Straff! Teste meinen schweren Kopfhörer auf Funktion. Löse ihn für einige Sekunden vom Ohr. Der Lärm wird unerträglich. Okay. Kapiert. Ich soll nicht funken sondern nur einen Hörsturz vermeiden. Werfe einen zaghaften Blick aus dem Fenster. Unter uns jagt die Landschaft vorbei. Interessant, wie sich Terrain mit zunehmender Höhe verändert.
       Gib mir vier Wochen, bat ich Julie zum Abschied.
      
    Wir sind heute sehr früh aufgestanden. Am Morgen ist die Temperatur am angenehmsten, so dass uns ein zeitiger Tagesbeginn schon seit längerem zur Gewohnheit geworden ist. Doch heute war es noch früher, vielleicht eine halbe Stunde vor Sonnenaufgang. Unsere Gäste waren auch schon wach. Schlecht geschlafen , hoffte ich in einem Anflug von Niedertracht. Jetzt sitze ich hier und bin ihnen ausgeliefert. So spielt das Leben. Wenigstens war Anny - zumindest aus der Sicht unserer Besucher - so freundlich, ihren Dickkopf durchzusetzen und den Männern ihr Badezimmer zum Frischmachen anzubieten. Ich war dagegen, konnte mich ihrem Willen aber nicht widersetzen. Sollen sie doch in die Büsche scheißen, hatte ich gespottet, was sie nachts, im Schutze der Dunkelheit eh schon getan haben dürften, wie ich annahm. War nicht besonders gut drauf. Bin es noch immer nicht! Wünschte, George hätte mich nicht gefunden. Er sitzt im Stuhl neben mir, nicht wesentlich lockerer. Doch vielleicht täuscht mich dieser Eindruck auch nur.
       Etwas übernächtigt, was?
      
    Meine Entscheidung, in dieses Fluggerät zu steigen und George zu begleiten war bereits in der Nacht gefallen. Den endgültigen Anstoß gab mir Julie mit ihrer Zuneigung. So wurde mir bewusst, dass ich jede Chance ergreifen sollte die sich mir bietet, um die Welt wieder zu dem zu machen, was sie mal war.
       Ich will mein altes Leben zurück!
       Und wenn George Recht behalten sollte, dann kann ich dazu ein Stück beitragen. Wir werden sehen.
     
    Nachdem uns Pete Goldwater, künftiger Sicherheitsbeauftragter der Kommune Barron , die Funktionsweise und Bedienung des Sattelitentelefons erklärt hatte - nicht viel größer oder heikler als ein gewöhnliches Handy – händigte er jeweils eines davon Julie und mir aus. Fasse in meine Seitentasche und suche nervös. Hab’s. Okay. Nicht vergessen! Immerhin mein einzig verbleibender Draht nach Hause. Hoffentlich funktioniert es wie versprochen. Werfe noch einen kontrollierenden Blick auf meine Reisetasche, die dort hinten in der Ecke tremoliert. Auch mitgekommen, gut! Wie oft vergesse ich meinen Kopf.          
       Stephan hat geweint. Nicht dass er die Umstände meiner Reise begriffen hätte, sondern aus Verzweiflung darüber, dass ich ihn nicht mitnehmen wollte. Wie gerne wäre er auch einmal Flugschauber flogen . Habe ihn bestimmt fünf Minuten lang gedrückt und versucht ihn zu trösten. Selbst zahlreiche Tränen verkniffen. Wie viel lieber wäre es mir, sie alle mitzunehmen, an meiner Seite zu wissen.
       Gib mir vier Wochen.
       Länger als vier Wochen will ich nicht wegbleiben. Und George hatte es mir garantiert, versprach mich zurückbringen zu lassen, wann immer ich es wolle. Vier Wochen hauchte sie mir ins Ohr, nachdem wir uns ein letztes Mal geküsst hatten.
       Vier Wochen…
      
    Ein harter Rumps weckt mich aus diesen Träumen. Schaue aus dem Fenster. Solange das Ding hier vibriert, rudert, lärmend auf und ab schlingert scheint offenbar alles in Ordnung. George stupst mich. Überrascht schaue ich ihn an und sehe, wie er mit seinem Zeigefinger auf einen kleinen, blauen Knopf an der Hörmuschel seines Kopfhörers deutet und dabei seine Lippen bewegt. Unbeholfen suche ich nach dem gleichen Schalter an meinem eigenen Kopfhörer. Als ich ihn finde, lege ich ihn um. Das

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