Nichts
ist es wohl, was er mir anzudeuten versucht.
Sofort erschallt ein leichtes Rauschen.
„Kannst du mich hören?“
Vielleicht ein wenig zu süffisant schaue ich ihn an.
„Ja. Prima!“
„Gleich fliegen wir über den Hoover Damm! “, meint er.
Ich drehe den Kopf, um aus meinem Fenster zu schauen, als mich der Hahn erneut anstupft und auf die gegenüberliegende Seite zeigt.
„Hier drüben!“
Muss mich strecken um was zu erkennen, wünschte dann aber unmittelbar, nicht zu sehen was ich sehe. Das in meiner Erinnerung eingeprägte Bild des Staudamms wird unmittelbar zerstört. Wie von einem Hammer zerschlagen.
Der See ist vollständig ausgetrocknet. Leer!
An der Sohle der hinaufragenden, rotbraun zerklüfteten Felswände, die dem Wasser einst als natürliches Auffangbecken dienten, strahlen mich hohe Kalkablagerungen an. So als ob ein verrückter Künstler in jahrzehntelanger akribischer Arbeit den Fuß der Felsen hundertzwanzig, vielleicht hundertfünfzig Meter hoch mit weißer Farbe bepinselt hätte. Fein säuberlich, den gesamten hundertsiebzig Kilometer langen Umfang des Stausees entlang. Tatsächlich markiert dieses ungewöhnliche Kunstwerk den einstigen Wasserstand. Erkenne die vier betonierten Einlauftürme, die früher lediglich dreißig Meter aus dem gigantischen See heraus ragten. Nun stehen sie in ihrer vollen Höhe auf staubigem Grund, vor einer massiven Staumauer, jenseits jeglicher Bestimmung.
Mahnmal einer vergangenen Zeit.
Bin schockiert. Muss diesen verdammten Gurt loswerden! Geschafft. Rutsche leicht gebückt auf die gegenüberliegende Seite der Kabine und knie mich vor das Fenster. Von hier aus ist die Sicht besser. Der ohrenbetäubende Lärm des Hueys versiegt langsam. Wird immer leiser. Spüre nur noch das monotone, repetierende stoßen der Rotorblätter . Keinen Sinn mehr für Nebensächlichkeiten. Starre gebannt aus den verkratzten Scheiben, in denen sich die Sonne derart leidenschaftlich bricht, dass man meinen könnte, der Messias persönlich führe gerade in den Himmel. Muss unweigerlich an Lake Havasu denken.
Vorbei mit eurer so lebenswichtigen Notversorgung .
Der Pilot schwenkt die Maschine behäbig nach links. Allmählich verliere ich die Apokalypse aus den Augen. Wechsle nochmals die Seite. Schaue ratlos zu George, der gleichmütig mit der Schulter zuckt. Kenne ihn gut. Ein untrügliches Zeichen, dass er mehr weiß als er zugeben will. Sinnlos, jetzt nachzubohren. Die Maschine ist schnell. Schätze mehr als hundertundfünfzig Knoten.
Kommt mir vor, als ob ich das alles nur träume. Wir überqueren nun eine Bergkette. Am Horizont taucht die Stadt Sodom und Gomorra auf, leider fällt mir im Moment kein passenderer Vergleich ein; Las Vegas. Behende nähern wir uns einer der ehemals größten und reichsten Metropolen Amerikas.
„Willst du nicht sehen, Brian!“, vernehme ich verzerrt aber rigoros durch die Kopfhörer.
George hat meinen Gesichtsausdruck offenbar korrekt beurteilt und möchte mich vorwarnen. Mache eine Faust, strecke den Daumen in die Luft und signalisiere ihm, dass ich okay bin.
Bin ich nicht!
Wir erreichen die Stadtgrenze. Zeitgleich verliert der Hubschrauber an Höhe. Der Flughafen dürfte nicht mehr weit sein, schlussfolgere ich. Je tiefer wir sinken, umso mehr, genauer kann ich erkennen. Die achtspurigen Highways, ganz deutlich.
Mein Gott. Mein Gott!
Das sind Leichen. Verbrannte Autowracks, umgestürzte Busse, LKW’s… und tote Menschen! Die Straßen sind voller Toter. Beinahe so, als ob die Leute sich hier versammelt hätten um zu sterben. Schrott, Gerümpel und Unrat verteilt sich, wo man auch hinschaut, hier und da zu so was wie Straßenblockaden aufgetürmt.
„Die Ereignisse haben sich in den letzten Wochen überschlagen.“, bereitet mich George auf irgendetwas vor. „Also schnall dich besser wieder an!“
Mein Magen dreht sich. Mir wird schlecht. Muss mich konzentrieren, ablenken. Greife die beiden Enden des Gurtes und führe sie zusammen. Klick. Will raus hier. Kann das Kerosin nicht länger ertragen, diese stickige Luft.
„Das ist nicht wirklich wahr, oder? Hättest es mir ja sagen können, Mann!“
„Ich dachte, du hörst Radio.“
Er hat ja recht . Nur, zwischen hören und sehen liegt ein himmelweiter Unterschied, soviel steht fest. Mir ist die Lust vergangen, falls ich jemals welche
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