Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Nichts

Nichts

Titel: Nichts Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ben Louis
Vom Netzwerk:
nur schwer den Weg auf den vor uns liegenden Asphalt. Nur an vereinzelten Lichtungen kann man den strahlend sonnigen Tag erfassen. Die schmale Straße ist geteert und in einem außergewöhnlich guten Zustand. Selbst die Seitenstreifen sehen aus, als ob sie regelmäßig von Gärtnern getrimmt würden. Nach gut fünfzehn Minuten Fahrt, eröffnet sich vor uns ein großes, flaches und gerodetes Tal. Direkt am Rand des mächtigen Sees. Ungewohnt grün für meine wüstengeblendeten Augen. Hier oben im Norden scheint das Wasserproblem noch nicht angekommen zu sein…, seltsam. Wir müssen unmerklich einen Bogen und zudem noch einen kleineren Hügel erklommen haben! Der Flughafen jedenfalls lag ebenfalls an diesem See, doch nun spähen wir von oben auf ihn hinab. Davor das gigantische Tal, in dessen Mitte einem sofort eine… ja, tatsächlich…, eine Pyramide ins Auge sticht.    
       Unglaublich. Ich fasse es nicht!
       Eine strahlend weiße Pyramide, schätze so um die zweihundert auf zweihundert Meter Seitenlänge und vielleicht einhundertfünfzig Meter hoch. Die Spitze trägt Gold und strahlt beinahe wie eine überdimensionierte Lampe.
     

     
    So muss einst die Cheops Pyramide ausgesehen haben, denke ich noch, als Carl mit einem breiten Grinsen - er muss mit meiner Fassungslosigkeit gerechnet haben - erklärt:
       „Na, was meinen Sie Mister Barron?“  
       Er gibt dem Fahrer ein Zeichen.
       „Wir wollen für einen Moment aussteigen. Ich fahre mit Neuankömmlingen gerne diesen kleinen Umweg. So haben wir einen unbezahlbaren Blick auf das ganze Gelände. Kommen Sie Mister Barron!“
        „Mach den Mund zu, Buddy!“, klopft George mir auf die Schulter, als wir uns vor dem Fahrzeug versammeln. „Ist das Geil, oder was? Jetzt sag noch einer, ich hätte dir zu viel versprochen.“
       „Das was Sie hier sehen ist das EINAI-Areal. Besser gesagt, der Kern unserer Anlage. In der Mitte, also direkt über dem Teilchenbeschleuniger… sehen Sie die kreisförmigen Versorgungsstraßen dort?“, wobei er auf die in Form einer Acht verlaufenden Straße deutet, die wie beim Fermilab in Illinois, der besseren Kontrolle und Zugänglichkeit der darunter liegenden Röhre und den einzelnen Detektoren dient - nehme ich an.
       Immerhin kenne ich diese Art Anlagen aus dem Effeff. Doch das hier haut mich fast um! So groß, dass man die Sache mit bloßem Auge kaum überblicken kann. Haben wir zuhause so manches Mal den Tevatron noch in knapp zwanzig Minuten mit dem Fahrrad befahren, so dürfte die Umrundung dieser Anlage mehr als eine Stunde in Anspruch nehmen.
       „In der Mitte steht unsere Energieversorgung: die Pyramide. Faszinierend, nicht wahr? Ich kriege jedes Mal aufs neue ‘ne Gänsehaut. Sie werden später noch mehr darüber erfahren, seien Sie gespannt. Und darunter,… tja, Mister Barron, Sie schauen gerade auf die größte Maschine aller Zeiten. Rund hundert Meter tief unter der Geländeoberfläche, zwei kreisförmige Tunnelröhren, aufwendig in den Fels gebohrt und mit hochdichtem Beton ummantelt, exakt vierundfünfzig Kilometer lang.“
       Voller Begeisterung und Stolz fährt Carl fort und, ich muss es gestehen, fasziniert mich mit jedem einzelnen Wort.
       „Die Hochgeschwindigkeitsrennbahn für winzigste Materieteilchen und der Traum aller Teilchenphysiker. Daneben eine zweite, kleinere Röhre - aber immer noch fast doppelt so groß wie der LHC des CERN - mit der wir die Protonen beschleunigen. Der Great Slave im Hintergrund dient uns übrigens als Kühlwasserversorgung.“
       Ich muss mich beherrschen, um nicht vor Begeisterung los zu schreien und wie ein kleines Kind hin und her zu hüpfen. CERN in Genf oder Fermilab in Illinois, würden vor Scham sicher im Boden versinken. Eröffnen sich hier doch ungeahnte Möglichkeiten für die Wissenschaft, das ist eindeutig. Einstein würde vor Freude in die Luft springen, die Gravitation umgehen und nie wieder einen Fuß auf den Boden setzen, muss ich aufgeregt grienen.
       „Sechsundfünfzig Milliarden Dollar und siebzehn Jahre Bauzeit!“
       Carl lässt diese Zahlen für einen Moment wirken, so wie jemand, der seinen neidischen Freunden gerade den Preis für eine nagelneue Luxusvilla am Strand von Malibu verraten hat.
       George legt seinen Arm um meine Schulter. Er hat wohl bemerkt, dass ich etwas halt jetzt gut gebrauchen könnte. Muss an Julie und die Kinder denken. Es scheint, als ob hier der richtige Ort für uns alle wäre.

Weitere Kostenlose Bücher