Nichts
Geschwindigkeit man beide aufeinander jagt! Und eines muss man EINAI lassen. Sie produzieren diese Energiemenge. Mächtig viel davon!
EINAI hat wirklich nicht übertrieben mit seinen Gelöbnissen und Versprechungen. Je mehr Energie man einsetzen kann, umso mehr Gäste kann man mitreißen – so die Theorie oder besser die Erklärung für Dianas exorbitante Gewichtszunahme.
Nun, all das ist nicht der Grund, warum ich hier brüte, nicht längst meine Koffer gepackt und nach Hause gefahren bin, sondern in einem kleinen Büro mit Blick auf zig Experimentalphysiker, Quantentheoretiker, Beschleunigerphysiker und Atomtechniker|innen sitze. Ich kann sie sogar – mehr oder weniger – alle sehen, da die Büros bei EINAI, oder zumindest die meisten davon, aus Glas sind.
Im Prinzip handelt es sich um Großraumbüros, nur das jeder Mitarbeiter über einen mit Glasscheiben abgetrennten, kleinen Raum von zirka fünfundzwanzig Quadratmetern verfügt. Die Kommunikation findet über Computer statt. Der Grund für die Isolation ist recht simpel; höchste Konzentration. Durch diese Art der Käfighaltung herrscht absolute Ruhe - falls man sie denn sucht. Tatsächlich walten hier aber rege Beziehungen. Der Betrieb und die Analyse eines Experimentes kann oft nur von einer großen Gruppe Wissenschaftler bewerkstelligt werden, die alle schnellen Zugang untereinander sowie zu einer hochkarätigen, unterstützenden Belegschaft haben. So hilft die Computertechnik mit Videotelefon und Gruppenschaltung in diesem Fall mehr als sie schadet. Das wirklich beklemmende ist nur, so empfinde ich es zumindest – und vermutlich ebenso die Frauen, die hier mitwirken – dass nicht nur die Wände aus Glas sind, sondern ebenso die Decken und Böden. Lediglich die tragenden Elemente sowie einige Installationskanäle für Technik und Elektrik vermitteln einem ein schwaches Gefühl von Stabilität. Durch diese Art der Bauweise ist zwar jede Ecke irgendwie mit Tageslicht durchflutet, aber wer Höhenangst hat, kann hier schnell nervös werden. Obwohl, dass muss ich zugeben, die Aussicht hier und da recht nett ist.
Wie auch immer…, der Grund für meine Anwesenheit in dieser Anlage ist ein anderer!
Auf den drei Bildschirmen vor mir befinden sich jeweils verschiedene Diagramme, Auswertungen und Fahndungsprofile. Alle von der letzten Injektion. Der Monitor rechts zeigt die Erzeugung und den Zerfall einer XXX-Large-Diana. Auf ihm ist die Auflösung der wichtigsten Spur daraus dargestellt. Das Tau verlässt den Detektor in exakt derselben Richtung, aus der unser Strahl kam. Völlig unspektakulär - 0,3 x 10-12 Sekunden - und erwartungsgemäß. Ausgelöst wird die Reaktion durch ein von links kommendes, spurlosem Neutrino , das mit einem Proton des Wasserstoffs reagiert. n + p→ m - + p + D* . Die entsprechenden Spuren zeigt mein mittlerer Monitor an. Das Myon m - , in diesem Fall ein Lepton , und das Proton p fliegen nach rechts unten weg. Das angeregte D-Meson D* zerfällt sofort, ohne eine messbare Spur zu hinterlassen. Der linke Monitor zeigt D*→D0 + p + . Das Pion p + fliegt ebenfalls nach rechts unten weg, allerdings in einer gekrümmten Bahn. Das D0 seinerseits zerfällt sofort in ein K - und ein p + , die nach oben und rechts mit Spin wegdriften und noch weiter zerfallen.
Und an diesem Punkt nun der absolute Wahnsinn!
Jedenfalls für einen Teilchenphysiker. Der Grund, weshalb ich hier geblieben bin! Der einzige Grund, um meine Familie in der Wüste zurückzulassen in der aufrichtigen Hoffnung, eine Veränderung herbeiführen zu können. Eine Erneuerung der Zukunft, vielleicht… Mein Optimismus basiert immerhin auf Tatsachen:
Die Arbeit an Teilchenbeschleunigern hat in der Vergangenheit längst bewiesen, etwas verändern zu können. Ernsthaft etwas verändern zu können.
Physiker spielen mit diesen Maschinen nicht nur herum um sich selbst zu befriedigen, sondern wir liefern wichtige Erkenntnisse für etliche Lebensbereiche. Spin-Offs verschiedenster Art fließen längst in unser Leben ein. Krebstherapie, medizinische Bestrahlung und chirurgische Messinstrumente sind Technologien, die durch unsere Teilchenforschung erst möglich wurden. Laserskalpelle in der Präzisions-Chirurgie. Wir haben die Struktur von Viren wie dem HIV-AIDS-Virus entschlüsselt. Qualitätsverbesserung von Produkten des Alltags. Wir brechen Bindungen in lebenden Organismen, zum Beispiel gefährlichen Bakterien auf und töten
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