Nick Adams Stories
machst du dann? Die hat doch jemand geschickt.»
«Den Hurensohn neulich, den hat niemand geschickt.»
«Aber du hast den Elch geschossen und die Forellen verkauft, und was sie in deinem Boot gefunden haben, das hast du auch geschossen.»
«Das war in Ordnung. Das darf man.» Er mochte nicht aussprechen, um was es sich handelte; es war ihr Beweismaterial.
«Ich weiß. Aber auf Leute wirst du nicht schießen; und deshalb geh ich mit dir.»
«Können wir vielleicht mal von was anderem reden? Aber die beiden Hurensöhne, die würd ich schon gern umlegen.»
«Ich weiß», sagte sie. «Würd ich auch gern. Aber wir werden keine Leute umlegen, Nickie. Versprichst du’s mir?»
«Nein. Und ich weiß nicht, ob’s nicht riskant ist, ihr die Forellen zu bringen.»
«Dann bring ich sie ihr.»
«Nein. Viel zu schwer für dich. Ich werd sie durch den Sumpf tragen und dann durch den Wald bis hinters Hotel. Du gehst direkt zum Hotel und schaust nach, ob sie da ist. Und ob die Luft rein ist. Wenn’s klargeht – ich warte bei der großen Linde.»
«Das ist ein weiter Weg, Nickie – durch den Sumpf.»
«Der Heimweg von der Erziehungsanstalt ist auch ziemlich weit.»
«Kann ich nicht mitkommen durch den Sumpf? Ich geh rein und spreche mit ihr, und du wartest draußen; dann komm ich und bring sie rein.»
«Na ja», sagte Nick. «Aber eigentlich wär’s mir anders lieber.»
«Warum denn?»
«Weil du sie vielleicht auf der Straße unten siehst; dann kannst du mir sagen, wo sie hin sind. Also, wir treffen uns bei der großen Linde im Wald hinter dem Hotel.»
Nick wartete schon über eine Stunde im Unterholz auf seine Schwester. Als sie endlich kam, war sie aufgeregt, und er sah, daß sie müde war.
«Sie sind wieder da», berichtete sie. «Sie sitzen auf der Veranda und trinken Whiskey mit Ginger Ale, und sie haben ausgespannt und das Pferd eingestellt. Sie sagen, sie warten, bis du heimkommst. Nämlich die Mutter, die hat ihnen gesagt, daß du an den Bach bist zum Angeln. Ich glaub aber nicht, daß es Absicht war. Hoffentlich nicht.»
«Was ist mit Mrs. Packard?»
«Sie war im Hotel, in der Küche. Sie hat gesagt, sie wartet auf dich; du wolltest ihr Fische bringen für heute abend. Sie war schon ganz nervös. Am besten, du bringst sie ihr gleich hin.»
«Gut», sagte er. «Sie sind prima frisch. Ich hab sie noch mal in Farnkraut verpackt.»
«Kann ich mitkommen?»
«Klar», sagte Nick.
Das Hotel war ein großes Holzgebäude mit einer Veranda auf der Seeseite. Breite hölzerne Stufen führten zur Pier hinunter, die weit in den See hinausragte. Die Stufen und die Veranda waren mit einem Geländer aus naturfarben lasiertem Kiefernholz versehen; die Sessel auf der Veranda waren aus naturfarben lasiertem Kiefernholz, und in ihnen saßen weißgekleidete rüstige Fünfziger. Aus drei Röhren, die im Rasen eingelassen waren, sprudelten Quellen, zu denen schmale Pfade führten. Das Wasser schmeckte nach faulen Eiern, denn es waren Mineralquellen; Nick und seine Schwester pflegten aus Gründen der Selbstdisziplin davon zu trinken. Jetzt näherten sie sich der Rückfront des Hotels, wo die Küche lag. Sie schritten über eine Bohlenbrücke, die den kleinen Bach überspannte, der neben dem Hotel in den See mündete, und schlichen sich durch die Hintertür in die Küche.
«Wasch sie und leg sie in den Eisschrank, Nickie», sagte Mrs. Packard. «Ich wieg sie dann später.»
«Könnte ich Sie einen Moment sprechen, Mrs. Packard?» fragte Nick.
«Na red schon!» sagte sie. «Siehst du nicht, daß ich zu tun habe?»
«Wenn ich das Geld vielleicht gleich …»
Mrs. Packard war eine hübsche Frau. Sie trug eine Baumwollschürze und hatte einen wunderschönen Teint. Offensichtlich war sie sehr beschäftigt, und die Küchenhilfen standen auch herum.
«Du willst doch nicht etwa Geld für die Forellen? Du weißt doch, daß es verboten ist, Forellen zu verkaufen.»
«Natürlich weiß ich das», sagte Nick. «Die Forellen, die sind ein Geschenk. Ich meine das Geld fürs Holzhacken und Aufstapeln.»
«Ich hol’s dir», sagte sie. «Aber ich muß erst rüber in den Anbau.»
Nick und seine Schwester folgten ihr nach draußen. Auf dem Bohlenweg, der von der Küche zum Eishaus führte, blieb sie stehen, griff in die Schürzentasche und zog ein Portemonnaie heraus.
«Mach, daß du hier wegkommst», sagte sie freundlich. Sie sprach rasch. «Und zwar so schnell wie möglich. Wieviel brauchst du?»
«Ich kriege 16 Dollar», sagte
Weitere Kostenlose Bücher