Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Nick Adams Stories

Nick Adams Stories

Titel: Nick Adams Stories Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ernest Hemingway
Vom Netzwerk:
aufgebracht. «Ein Mann soll nicht heiraten.»
    «Warum, Signor Maggiore?»
    «Nennen Sie mich nicht ‹Signor Maggiore›.»
    «Warum soll ein Mann nicht heiraten?»
    «Er darf nicht heiraten. Er darf nicht heiraten», sagte er aufgebracht. «Wenn er schon alles verlieren soll, sollte er sich nicht selbst in die Lage bringen, es zu verlieren. Er sollte sich nicht in eine Lage bringen, in der er verliert. Er sollte sich Dinge suchen, die er nicht verlieren kann.»
    Er sprach sehr aufgebracht und verbittert und sah beim Reden gerade vor sich hin.
    «Aber warum sollte er es unbedingt verlieren?»
    «Er wird es verlieren», sagte der Major. Er sah die Wand an. Dann sah er hinunter auf den Apparat und zog plötzlich seine kleine Hand zwischen den Riemen heraus und schlug sie heftig gegen seinen Oberschenkel. «Er wird es verlieren», er brüllte beinahe. «Streiten Sie nicht mit mir.» Dann rief er den Wärter, der die Maschinen bediente. «Kommen Sie her und stellen Sie das verfluchte Ding ab.»
    Er ging zur Lichtbehandlung und Massage ins Nebenzimmer nach hinten. Dann hörte ich, wie er den Arzt fragte, ob er sein Telefon benutzen dürfe, und wie er die Tür schloß. Als er ins Zimmer zurückkam, saß ich in einem anderen Apparat. Er trug seinen Umhang und hatte seine Mütze auf, und er kam direkt auf meinen Apparat zu und legte seinen Arm um meine Schulter.
    «Tut mir sehr leid», sagte er und klopfte mir mit der gesunden Hand auf die Schulter. «Ich meinte es nicht grob. Meine Frau ist gerade gestorben. Sie müssen mir verzeihen.»
    «Oh», sagte ich und fühlte mich elend vor Mitgefühl. «Es tut mir so leid.»
    Er stand da und biß sich auf die Unterlippe. «Es ist sehr schwer», sagte er. «Ich kann mich nicht damit abfinden.»
    Er sah über mich hinweg und zum Fenster hinaus. Dann fing er an zu weinen. «Ich bin völlig außerstande, mich damit abzufinden», sagte er und würgte. Und dann ging er weinend, mit erhobenem Kopf, ohne sich umzusehen, aufrecht in militärischer Haltung, mit Tränen auf beiden Backen und sich auf die Lippen beißend, an den Apparaten vorbei zur Tür hinaus.
    Der Arzt erzählte mir, daß die Frau des Majors, die sehr jung gewesen sei, und die er erst, nachdem er als dauernd kriegsuntauglich entlassen worden war, geheiratet hatte, an einer Lungenentzündung gestorben sei. Sie war nur ein paar Tage krank gewesen. Niemand hatte geglaubt, daß sie sterben würde. Der Major kam drei Tage lang nicht ins Lazarett. Dann kam er wieder zur gewohnten Stunde und trug einen Trauerflor um den Uniformärmel. Als er zurückkam, hingen große, gerahmte Fotografien an den Wänden mit allen Arten von Verwundungen, bevor und nachdem sie durch die Apparate geheilt worden waren. Gegenüber von dem Apparat, den der Major benutzte, hingen drei Fotografien von Händen wie seine, die vollkommen wiederhergestellt waren. Ich weiß nicht, wo der Doktor sie herhatte. Ich hatte immer angenommen, daß wir die ersten waren, die die Apparate benutzten. Die Fotografien halfen dem Major nicht viel, da er nur aus dem Fenster blickte.

Rückkehr

Großer doppelherziger Strom
I
    Der Zug fuhr weiter, das Gleis entlang, außer Sicht, um einen von den Hügeln mit niedergebranntem Baumbestand. Nick setzte sich auf den Packen Zeltbahn und Bettzeug, den der Packmeister aus der Tür des Gepäckwagens herausgeworfen hatte. Es war keine Stadt da, nichts als die Schienen und das verbrannte Land. Die dreizehn Kneipen, die früher die einzige Straße Seneys säumten, hatten keine Spur hinterlassen. Die Grundmauern des Hotels ‹Mansion House› ragten aus dem Boden hervor. Der Stein war vom Feuer geborsten und gespalten. Das war alles, was von der Stadt Seney übrig war. Selbst die Oberfläche des Bodens war weggebrannt.
    Nick blickte den verbrannten Teil des Berghangs hinauf, wo er erwartet hatte, die verstreut liegenden Häuser der Stadt zu finden, und ging dann die Bahngleise entlang zu der Brücke, die über den Fluß führte. Der Fluß war da. Er wirbelte gegen die Holzpfeiler der Brücke. Nick sah hinunter in das klare, durch den kieselsteinernen Grund braunfarbige Wasser und beobachtete die Forellen, die sich mit fächelnden Flossen stetig in der Strömung hielten. Während er sie beobachtete, änderten sie durch schnelle Wendungen ihre Stellung, nur um sich von neuem in dem reißenden Wasser an ihrem Platz zu halten. Nick beobachtete sie lange Zeit.
    Er beobachtete, wie sie sich hielten, mit den Mäulern gegen die Strömung,

Weitere Kostenlose Bücher