Nick Adams Stories
Kommodenschublade, neue Sockenhalter, ein weißes Hemd und den Kragen und begann sich anzuziehen. Er stand vor dem Spiegel und band die Krawatte. Beim Anblick von Dutch und Luman mußte er an die Umkleideräume vor Boxkämpfen oder Football-Spielen denken. Ihre Nervosität machte ihm Spaß. Er fragte sich, ob sie sich wohl ähnlich verhalten hätten, wenn er jetzt gehängt werden sollte. Vermutlich. Er begriff alles immer erst in dem Augenblick, in dem es geschah. Dutch ging einen Korkenzieher holen, kam wieder herein und machte die Flasche auf.
«Nimm einen ordentlichen Schluck, Dutch.»
«Nach dir, Stein.»
«Ach was. Trink schon!»
Dutch nahm einen großen, tüchtigen Schluck. Nick ärgerte sich darüber. Sie hatten schließlich nur diese eine Flasche Whiskey. Dutch reichte ihm die Flasche. Er gab sie Luman. Luman nahm einen etwas kleineren Schluck als Dutch.
«Jetzt du, Stein, alter Knabe.» Er hielt Nick die Flasche hin.
Nick nahm zwei Schlucke. Er liebte Whiskey. Er zog die Hose an. Er dachte an gar nichts. Horny Bill, Art Meyer und The Ghee zogen sich oben um. Die sollten eigentlich auch was zu trinken haben. Herrgott, warum hatten sie auch bloß diese eine Flasche.
Nachdem die Hochzeit vorüber war, stiegen sie in John Koteskys Ford und fuhren über die Hügelstraße zum See hinunter. Nick gab John Kotesky 5 Dollar, und Kotesky half ihm, das Gepäck hinunter zum Ruderboot zu tragen. Sie schüttelten beide Kotesky die Hand, und dann fuhr der Ford die Straße hinauf zurück. Sie konnten ihn noch lange hören.
Nick fand die Ruder nicht, die sein Vater unter den Zwetschgenbäumen hinter dem Eisschuppen für ihn versteckt hatte, und Helen wartete unten am Boot auf ihn. Endlich fand er sie doch und trug sie zum Ufer hinunter.
Man brauchte lange, um im Dunkeln über den See zu rudern. Die Nacht war schwül und drückend. Sie sprachen beide nicht viel. Ein paar Leute hatten ihnen die Hochzeit verdorben. Als sie sich dem Ufer näherten, legte sich Nick in die Riemen, so daß das Boot ein Stück den sandigen Strand hinaufglitt. Er zog es noch höher, und Helen stieg aus. Nick küßte sie. Sie erwiderte den Kuß, küßte ihn fest, so wie er es sie gelehrt hatte, mit leicht geöffneten Lippen, damit ihre Zungen miteinander spielen konnten. Sie hielten sich eng umschlungen, und dann gingen sie zur Hütte hinauf. Lang und dunkel lag sie da. Nick schloß die Tür auf und ging zum Boot zurück, um die Sachen zu holen. Dann zündete er die Lampen an, und gemeinsam sahen sie sich in der Hütte um.
Schreiben
Es wurde heiß. Die Sonne brannte heiß auf seinem Nacken.
Nick hatte eine gute Forelle. Es kam ihm nicht darauf an, viele Forellen zu fangen. Der Bach war hier seicht und breit. An beiden Ufern standen Bäume. In der Vormittagssonne warfen die Bäume am linken Ufer kurze Schatten auf das dahinfließende Wasser. Nick wußte, daß in jedem Schattenfleck Forellen standen. Das hatten sie an einem heißen Tag am Black River herausgefunden, er und Bill Smith. Am Nachmittag, wenn die Sonne hinübergewandert war und über den Hügeln stand, würden die Forellen im kühlen Schatten auf der anderen Seite des Bachs sein.
Die allergrößten würden dicht am Ufer stehen. Da konnte man sie immer kriegen, am Black River. Bill und er hatten das herausgefunden. Wenn die Sonne ganz niedrig stand, schwammen sie alle in die Strömung hinaus. Und in dem Augenblick, wenn die Sonne vor dem Untergehen die Wasseroberfläche in ein einziges blendendes Gleißen verwandelte, dann konnte man praktisch überall in der Strömung eine große Forelle erwischen. Aber dann war es fast unmöglich, zu fischen; das Wasser blendete in der Sonne wie ein Spiegel. Natürlich konnte man gegen den Strom fischen, aber in einem Bach wie dem Black River oder diesem hier mußte man gegen die Strömung ankämpfen, und an tiefen Stellen staute sich das Wasser an einem auf. Es machte keinen Spaß, gegen den Strom zu fischen, wenn auch in allen Büchern stand, es sei die einzige Methode.
All die Bücher. Sie hatten sich damals immer lustig gemacht über die Bücher, er und Bill. Alle gingen sie von falschen Voraussetzungen aus. Wie bei der Fuchsjagd. Bill Birds Zahnarzt in Paris, der sagte, beim Angeln mit der Fliege mißt du deine Intelligenz mit der des Fischs. So hab ich das auch immer aufgefaßt, sagte Ezra. Da konnte man nur lachen. Es gab eine Menge Dinge, über die man nur lachen konnte. In den Staaten hielten sie Stierkämpfe für etwas, das man nicht
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