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Nick Adams Stories

Nick Adams Stories

Titel: Nick Adams Stories Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ernest Hemingway
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Wechselgeld ab. Der Bauer ging zur Tür hinaus. Sobald er weg war, kam der Wirt wieder ins Zimmer und sprach mit dem Totengräber. Er setzte sich an seinen Tisch. Sie unterhielten sich im Dialekt. Der Totengräber war belustigt. Der Wirt war angewidert. Der Totengräber stand vom Tisch auf. Er war ein kleiner Mann mit einem Schnurrbart. Er lehnte sich zum Fenster hinaus und sah die Straße hinauf.
    «Eben geht er rein», sagte er.
    «In den ‹Löwen›?»
    «Ja.»
    Sie unterhielten sich wieder, und dann kam der Wirt an unseren Tisch. Der Wirt war ein großer alter Mann. Er blickte auf den schlafenden John.
    «Er scheint müde zu sein.»
    «Ja, wir waren früh auf.»
    «Wünschen Sie bald zu essen?»
    «Jederzeit», sagte ich. «Was gibt es zu essen?»
    «Was Sie wünschen. Das Mädchen wird Ihnen die Speisekarte bringen.»
    Das Mädchen brachte das Menü. John wachte auf. Das Menü war mit Tinte auf eine Karte geschrieben, und die Karte steckte in einem hölzernen Ständer.
    «Das ist die Speisekarte», sagte ich zu John. Er besah sie sich. Er war noch schläfrig.
    «Wollen Sie nicht was mit uns trinken?» fragte ich den Wirt. Er setzte sich. «Diese Bauern sind Viecher», sagte der Wirt.
    «Den sahen wir vorhin bei einer Beerdigung, als wir in den Ort kamen.»
    «Das war seine Frau.»
    «Ach!»
    «Er ist ein Viech. All diese Bauern sind Viecher.»
    «Wie meinen Sie das?»
    «Sie würden es nicht für möglich halten. Sie würden es nicht für möglich halten, was mit dem da passiert ist.»
    «Erzählen Sie!»
    «Sie würden’s nicht für möglich halten.» Der Wirt sagte zu dem Totengräber: «Franz, komm mal rüber.» Der Totengräber kam und brachte sein Glas und seine kleine Flasche Wein mit.
    «Die Herren hier kommen gerade von der Wiesbadener Hütte», sagte der Wirt. Wir schüttelten ihm die Hand.
    «Was wollen Sie trinken?» fragte ich ihn.
    «Nichts.» Franz bewegte verneinend seinen Finger.
    «Noch ein Viertel?»
    «Schön.»
    «Verstehen Sie Dialekt?» fragte der Wirt.
    «Nein.»
    «Was ist denn los?» fragte John.
    «Er wird uns von dem Bauern erzählen, der das Grab zuschaufelte, als wir in den Ort kamen.»
    «Ich verstehe doch nichts», sagte John. «Es geht mir zu schnell.»
    «Dieser Bauer!» sagte der Wirt. «Heute brachte er seine Frau her, um sie zu begraben. Sie starb vorigen November.»
    «Dezember», sagte der Totengräber.
    «Das kommt aufs selbe raus. Sie starb also vorigen Dezember, und er benachrichtigte die Dorfbehörde.»
    «Am 18 . Dezember», sagte der Totengräber.
    «Auf keinen Fall konnte er sie herbringen, um sie zu beerdigen, ehe der Schnee weggeschmolzen war.»
    «Er lebt auf der anderen Seite von Paznaun», sagte der Totengräber. «Aber er gehört zu unserer Gemeinde.»
    «Er konnte sie überhaupt nicht herschaffen?» fragte ich.
    «Nein, bis der Schnee schmilzt, kann er von da, wo er wohnt, nur auf Skiern herkommen. Also, heute brachte er sie zur Beerdigung, und der Priester wollte sie nicht beerdigen, als er ihr Gesicht sah. Mach du weiter und erzähl’s!» sagte er zu dem Totengräber. «Sprich hochdeutsch und nicht Dialekt!»
    «Es war sehr komisch mit dem Priester», sagte der Totengräber. «Nach dem Bericht an die Dorfbehörde starb sie an einem Herzleiden. Wir wußten hier, daß sie herzkrank war. Manchmal wurde sie in der Kirche ohnmächtig. Sie kam schon lange Zeit nicht mehr. Sie hatte nicht die Kräfte zum Steigen. Als der Priester ihr Gesicht enthüllte, fragte er Olz: ‹Hat deine Frau viel gelitten?› – ‹Nein›, sagte Olz. ‹Als ich nach Hause kam, lag sie tot quer überm Bett.›
    Der Priester sah sie nochmals an; es gefiel ihm nicht.
    ‹Wieso sieht denn ihr Gesicht so aus?›
    ‹Ich weiß nicht›, sagte Olz.
    ‹Das solltest du lieber feststellen›, sagte der Priester und deckte das Laken wieder über sie. Olz sagte nichts. Der Priester blickte ihn an. Olz erwiderte den Blick des Priesters. ‹Wollen Sie’s wissen?›
    ‹Ich muß es wissen›, sagte der Priester.»
    «Jetzt kommt’s», sagte der Wirt. «Hören Sie sich das an. Weiter, Franz!»
    «‹Also›, sagte Olz, ‹als sie starb, meldete ich es der Dorfbehörde und legte sie in den Schuppen oben auf die großen Holzscheite drauf. Als ich von den Holzscheiten zum erstenmal holen kam, war sie steif, und ich lehnte sie gegen die Wand. Ihr Mund klaffte, und wenn ich bei Nacht in den Schuppen kam, um das große Holz zu zerkleinern, hängte ich die Laterne dran auf.›
    ‹Warum hast du das

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