Nick Stone - 01 - Ferngesteuert
verlangt, die Briten sollten gegen den Drogenhandel vorgehen. Die Regierung Thatcher hatte die dortige Verwaltung angewiesen, entsprechende Maßnahmen zu treffen, aber die schnellen Motorboote brachten weiterhin Drogen aus Nordafrika herüber. London drohte damit, die Verwaltung der Kolonie selbst zu übernehmen, wenn der Drogenschmuggel nicht eingedämmt wurde, und ordnete zugleich höchst illegale Ermittlungen gegen verdächtige Polizei- und Regierungsbeamte an. Die Jungs, die bis dahin Bestechungsgelder kassiert hatten, erkannten die Gefahr und hörten schlagartig auf, mit der PIRA oder sonst irgend jemandem zusammenzuarbeiten.
Die Abriegelung der Gibraltar-Route bedeutete einen Teilerfolg im Kampf gegen Drogenschmuggel und Korruption, aber die Kolumbianer waren stinksauer. Eine wichtige Handelsroute war unterbrochen worden, und sie bestanden darauf, sie weiterhin nutzen zu können. Wie aus Kevs Bericht hervorging, gelangten sie zu dem
Schluß, hier sei eine Machtdemonstration nötig.
Ein Sprengstoffanschlag in Gibraltar sollte den Beamten als Warnung dienen, um sie wieder kooperationsbereit zu machen, und die PIRA erhielt aus Kolumbien den Auftrag, diesen Anschlag auszuführen.
Das brachte die PIRA in eine Zwickmühle. Sie hatte ebenso großes Interesse an der Wiedereröffnung der Gibraltar-Route wie die Kolumbianer, aber nach dem Debakel von Enniskillen durfte sie keinen Anschlag riskieren, der Ausländer das Leben kosten und sie selbst international noch mehr in Verruf bringen konnte. Daher weigerte sie sich, diesen Auftrag auszuführen.
Wie das von Kev zusammengetragene Material bewies, hatte das Drogenkartell der PIRA daraufhin ein Ultimatum gestellt: Ihr verübt den Bombenanschlag in Gibraltar - oder wir machen unsere Geschäfte in Zukunft mit der protestantischen UVF. Damit wurde die Lage für die PIRA kritisch.
Ihre Führungsspitze fand jedoch eine elegante Lösung, die selbst ich widerstrebend bewundern mußte. »Mad Danny« McCann war schon einmal aus der PIRA ausgeschlossen und gegen Gerry Adams’ Willen wieder aufgenommen worden. Und Mairead Farrell war seit dem Unfalltod ihres Freundes erst recht fanatisch geworden - »eine Art gesellschaftlicher Handgranate«, hatte Simmonds sie einmal genannt. Die PIRA beschloß, zwei Akteure nach Gibraltar zu entsenden, die sie am liebsten von hinten sah, und ihnen Sean Savage mitzugeben, der nur das Pech hatte, derselben Einheit wie McCann und Farrell anzugehören.
Das Team erhielt die technische Ausrüstung und das Semtex für die Bombe, sollte aber alles in Spanien zurücklassen, bis Aufklärung und Probeläufe in Gibraltar abgeschlossen waren. Sie sollten die Autobombe erst installieren, wenn der Wagen am dafür vorgesehenen Platz stand. Die PIRA gab ihren Leuten schlecht gefälschte Pässe mit und sorgte gleichzeitig dafür, daß London einen anonymen Hinweis erhielt. Die Briten sollten eingreifen und den Bombenanschlag verhindern, damit die PIRA nach der Verhaftung des Trios dem Drogenkartell glaubhaft versichern konnte, sie habe ihr Bestes versucht.
Wir waren vor dem geplanten Anschlag gewarnt worden, aber ich wußte noch gut, daß es geheißen hatte, es handle sich um keine Autobombe und der Sprengsatz solle von Hand ferngezündet werden. Diese Informationen bedeuteten, daß McCann, Farrell und Savage niemals eine Chance gehabt hatten. Sobald wir glauben mußten, der Sprengsatz sei angebracht und scharfgemacht, waren sie praktisch tot, denn irgendwann mußte einer von ihnen eine Bewegung machen, als wolle er die Fernzündung betätigen. Ich hätte mich jedenfalls nicht darauf verlassen, daß Savage nur nach seinen Pfefferminzdrops greifen wollte, und Euan war beim Kontakt mit McCann und Farrell ähnlich vorsichtig gewesen.
Auf dem Bildschirm erschien der Warnhinweis, der Akku sei bald leer und das Gerät brauche eine andere Stromversorgung. Scheiße! Ich wollte noch mehr lesen. Ich bestätigte die Warnung und überflog den restlichen
Text, so rasch ich ihn erfassen konnte.
Obwohl kein Sprengsatz hochgegangen war, hatte das Drogenkartell akzeptiert, daß seine irischen Lakaien die erhaltenen Befehle ausgeführt hatten. Schließlich waren dabei drei PIRA-Leute erschossen worden. Die PIRA blieb mit den Kolumbianern im Geschäft, auch als die Drogentransporte dann, wie Big Al gesagt hatte, über Südafrika und Spanien liefen.
Die Führungsspitze der PIRA hatte allen Grund, hoch zufrieden zu sein. Sie war zwei Unruhestifter losgeworden und hatte
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