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Nick Stone - 02 - Doppeltes Spiel

Nick Stone - 02 - Doppeltes Spiel

Titel: Nick Stone - 02 - Doppeltes Spiel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andy NcNab
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    Zuneigung bedachte. Bei ihren Großeltern tat sie nur das unbedingt Notwendige, und ich musste zugeben, dass mir diese Bevorzugung gefiel.
    Ich sah ihr in die Augen und tat so, als hielte ich einen Telefonhörer in der Hand. »Versprochen!«
    Sie zog die Augenbrauen hoch und musterte mich
    verächtlich. »Ist das ein Nick-Versprechen?«, fragte sie so leise, dass nur ich verstand, was sie sagte. Ich sah plötzlich ungefähr fünfzehn Jahre in die Zukunft: Kelly würde zu einer Frau heranwachsen, die durch einen einzigen Blick ein Feuer entzünden konnte.
    »Nein«, antwortete ich ebenso leise, »das ist ein VNM.«
    »Was ist das?«
    »Ein Versprechen eines normalen Menschen.«
    Das gefiel ihr. Sie nickte zufrieden.
    Ich wusste, dass ich mich damit noch tiefer reingeritten hatte
    – genau wie meine Eltern damals bei mir. Ich fühlte mich mit jeder Sekunde unbehaglicher. Carmen und Jimmy waren
    eifersüchtig, weil wir miteinander flüsterten, und ich hatte kein Talent dafür, solche Situationen zu meistern. Ich fühlte mich schuldbewusster als je zuvor. Ich wollte einfach nur abhauen.
    Kellys Gesichtsausdruck erinnerte mich unwillkürlich an meinen dreizehnten Geburtstag. Meine Eltern hatten ihn vergessen. Sie versuchten ihr Versäumnis wieder
    gutzumachen, indem sie mir im Laden an der Ecke für
    fünfundsiebzig Pence ein Brettspiel in Form eines Roboters kauften. Was ihr Geschenk gekostet hatte, wusste ich, weil es nicht mal eingepackt war, sondern mir in der Plastikhülle überreicht wurde, auf der noch das Preisschild klebte. Ich wusste aus eigener Erfahrung, wie es war, von denen
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    enttäuscht zu werden, die einen am meisten hätten lieben sollen.
    »Ich muss jetzt gehen«, flüsterte ich ihr ins Ohr.
    Als ich mich aufrichtete, zeigte Carmens Nicken mir, dass ich ihrer Ansicht nach schon vor fünf Minuten hätte gehen sollen. »Du lässt also von dir hören?«, fragte sie in ihrem speziellen Tonfall, der deutlich erkennen ließ, dass sie nicht traurig gewesen wäre, wenn ich mich nie mehr gemeldet hätte.
    »Natürlich tut er das, Granny«, sagte Kelly rasch. »Was Nick verspricht, hält er auch.« Das war vielleicht gelogen, aber sie hatte ein gutes Gespür dafür, wann sie zu mir halten musste.
    Ich grinste. »Man tut, was man kann. Also, bis bald!«
    Jimmy lächelte schwach. Ich konnte nicht beurteilen, ob er glücklich war oder nur Blähungen hatte. Ich wusste gar nicht mehr, wann ich ihn zum letzten Mal reden gehört hatte.
    Carmen versuchte, Kelly von mir abzulenken. »Oh, das ist nett, du hast eine neue Platte, ja?«, sagte sie. »Von wem ist die?«
    »All Saints.«
    »Ah, die sind toll, nicht wahr? Am liebsten mag ich die Rothaarige mit dem Union-Jack-Kleid.«
    »Das sind die Spice Girls.«
    »Ach, tatsächlich?« Carmen funkelte mich an, als sei das meine Schuld, und ging dann auf Jimmy los. »Grandad mag sie alle nicht; er hält nichts von der ganzen Piercingmasche.«
    Kelly sah zu mir hinüber und verdrehte die Augen. Als gelinde Verzweiflung in ihren Blick trat, machte ich auf dem Absatz kehrt und ging davon.
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    Ich tat so, als ginge ich zu meinem Wagen zurück, aber in Wirklichkeit bestieg ich den Shuttle-Zug, der mich zum South Terminal brachte. Unterwegs dachte ich wieder an unsere geplatzte Tour durch London und wie Kelly jetzt zu Mute sein musste. Ich beschloss, die zweiminütige Zugfahrt dafür zu nutzen, mit meinem Gewissen ins Reine zu kommen, und dann die Arbeitskassette einzuschieben, sobald ich aus dem Zug stieg.
    Im Shuttle-Zug zwischen den Terminals drängten sich die üblichen Verdächtigen: junge Paare in gleichen Fußballtrikots, er mit einer Sporttasche mit dem Emblem eines der großen Klubs, sie mit Heften des Magazins Hello! und Kreuzworträtselheften; dazwischen abgehetzt wirkende Geschäftsleute in Anzügen und mit Aktenkoffern und Laptops.
    Im South Terminal folgte ich den Hinweisschildern zu den Parkgeschossen für Kurzzeitparker und fuhr mit dem Aufzug zur obersten Ebene hinauf. Ich befand mich jetzt wieder im Arbeitsmodus; alle anderen Überlegungen waren vorläufig zurückgestellt.
    Die Parkfläche auf dem Dach des Gebäudes war zu etwa drei Vierteln besetzt. Der ohrenbetäubende Lärm startender Flugzeuge übertönte alle sonstigen Geräusche von fahrenden Autos und scheppernden Gepäckkarren. Ich kniff die Augen zusammen, weil das Sonnenlicht blendete, und ging langsam die Reihen geparkter Wagen entlang.
    Ziemlich genau in der Mitte der Parkfläche sah ich

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