Nick Stone - 02 - Doppeltes Spiel
und Teilnehmernamen?«
»Nein, nein, schon gut. Danke, das war alles.« Ich
unterbrach die Verbindung. Wem der abgemeldete Anschluss früher gehört hatte, interessierte mich nicht. Das konnte mir 169
kein bisschen weiterhelfen.
Als ich weiterfuhr, ging mir Falls Lake nicht mehr aus dem Sinn. Ich kam an einer Filiale der Buchhandelskette Barnes & Noble vorbei, in deren Schaufenster eine Leuchtreklame verkündete, der Laden mit Kaffeeausschank sei bis 23 Uhr geöffnet. Ich fuhr weiter.
Ein 7-Eleven rettete mich mit einem Sandwich und Kaffee.
Ich wendete und kam auf der Rückfahrt wieder an Barnes & Noble vorbei, während ich mich mit dem Sandwich voll stopfte. Die Versuchung war zu groß; ich parkte, kippte den Rest Kaffee in den Rinnstein und aß mein Chicken Sandwich auf, während ich eine weitere Parkuhr mit Münzen fütterte.
Bei Barnes & Noble ging ich geradewegs zu den
Nachschlagewerken, zog einen Straßenatlas von North
Carolina heraus und fand darin Falls Lake und Little Lick Creek.
Ein Flug nach North Carolina würde nicht lange dauern.
Vielleicht konnte ich heute Nacht hinfliegen und schon morgen Abend zurück sein, falls meine Suche ergebnislos blieb. Ich holte mein Mobiltelefon heraus und fing an, Auskünfte einzuholen.
Ich fuhr mit einer Reservierung für den Siebenuhrflug vom Dulles International Airport zum Apartment zurück. Aber für alle Fälle würde ich mir jetzt noch Sarahs Küche und Schlafzimmer vornehmen.
7
Ich folgte der Abzweigung vom Airport Boulevard zur
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Interstate 40 East. Der Karte nach würde mich die
Schnellstraße zum Autobahnring Cliff Benson Beltline bringen, wo ich nördlich von Raleigh in Richtung Falls Lake abbiegen konnte.
Hier war es viel wärmer als in Washington, und die Wolken wirkten bedrohlich düster, beinahe tropisch. Wie die großen Pfützen am Straßenrand zeigten, hatte es hier kräftig geregnet, und der sandige Boden war vor Feuchtigkeit dunkel.
Überall wurde massiv gebaut. Der Flughafen selbst war renoviert worden, und eine neue Schnellstraße, die auf meiner Karte noch nicht eingezeichnet war, befand sich im Bau.
Während ich nach Osten fuhr, machten auf beiden Seiten der Interstate gelbe Planierraupen mit dröhnenden Motoren alles platt, um Platz für die Stahlskelette neuer Gebäude zu schaffen. Aus einer Informationsbroschüre, in der ich im Flugzeug geblättert hatte, wusste ich, dass Raleigh dabei war, sich mit der größten Konzentration von biochemischen Labors, Computerlabors und technischen Forschungsstätten – und dem höchsten Anteil an promovierten Wissenschaftlern – zur
»Science City USA« zu entwickeln. Erstaunlich, was für Zeug man liest, wenn man sich unterwegs langweilt.
Lange Reihen blitzblanker Gebäude mit schwarzen oder silbern glänzenden Fassaden standen auf luxuriös gestalteten Grundstücken mit Teichen und Springbrunnen – nicht gerade das, was ich nach all den Südstaatenwitzen, die ich im Lauf der Jahre gehört hatte, im amerikanischen Süden zu sehen erwartet hatte.
Nach etwa einer Viertelstunde erreichte ich den
Autobahnring. Ich folgte ihm im Uhrzeigersinn nördlich um die Stadt und achtete auf Ausfahrt 10 nach Falls Lake. Dass die 171
hier stattfindende Umgestaltung viel Geld angelockt hatte, war unmöglich zu übersehen: Überall befanden sich neue Wohn-und Geschäftshäuser in einem Verdrängungswettbewerb mit Altbauten, den sie offensichtlich gewannen. Elegante neue Bürotürme blickten auf erbärmliche Wohnwagensiedlungen mit verlassenen Fahrzeugen und schwarzen und weißen
Kindern hinunter, die zerlumpt herumliefen, weil ihre Eltern nicht das Wissen und die Fertigkeiten besaßen, um von den neuen Chancen profitieren zu können.
Ungefähr zehn Minuten später benutzte ich die 10 und fuhr auf der Forest Road nach Norden weiter. Aus der Karte wusste ich, dass das Einzugsgebiet von Falls Lake rund fünfhundert Quadratkilometer groß war. Durch dieses Gebiet schlängelte sich ein sehr langer Wasserlauf mit Hunderten von großen und kleinen Buchten. Eine ideale Umgebung für jemanden, der untertauchen wollte.
Nach gut zehn Kilometern wurde die Straße zweispurig. Auf beiden Straßenseiten ragten zwischen niedrigeren Laubbäumen hohe Tannen auf. Nach weiteren sechs Kilometern erreichte ich bei The Falls of Neuse das eigentliche Waldgebiet. The Falls bestand aus einer kleinen Ansammlung hübscher weiß gestrichener Holzhäuser am Ostufer des Sees. Aber selbst hier begann das Neue über das Alte zu
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