Nick Stone - 02 - Doppeltes Spiel
die Namen der vier Männer, die letzte Nacht in Little Lick Creek, North Carolina, ermordet worden sind, und alles, was Sie an Informationen über sie auftreiben können.«
Es entstand eine Pause, in der ich fast glaubte, die Räder in Metal Mickeys Kopf rattern zu hören, als er das mit Sarah und ihren Ausflügen aufs Land in Verbindung brachte. Ich fürchtete schon, er würde mir erklären, bei diesem Auftrag sei ihm unwohl, aber stattdessen fragte er sehr nonchalant: »Bis wann brauchen Sie das alles?«
»Vielleicht bis zum Spätnachmittag? Glauben Sie, dass Sie das schaffen?«
»Nein, aber ich kenne einen Mann, der’s vielleicht kann. Den rufe ich sofort an.«
»Vielen Dank, Michael, damit tun Sie mir wirklich einen Riesengefallen. Ich wüsste nicht, an wen ich mich sonst wenden sollte ... Sie wissen ja, wie das ist. Aber ich verlasse mich darauf, dass das strikt unter uns bleibt, okay?«
»Keine Angst, ich halte dicht. Byeee!«
Ich trat wieder in die Telefonzelle und hängte den Hörer ein. Natürlich hätte ich lieber mit Josh gesprochen, aber das konnte ich nicht - bis er aus England zurück war, würde Metal Mickey genügen müssen.
Der Regen hatte mir wieder Haar und Schultern durchnässt, und mein Unterarm brannte wie Feuer. Auf dem Rückweg zum Wagen streifte ich vorsichtig den Jackenärmel hoch. Darunter sah es nicht gut aus. Auf den Wunden bildete sich Schorf, aber die Bisse waren tief und mussten fachmännisch gesäubert und verbunden werden. Wenigstens würde ich später nie erklären müssen, woher ich diese Narben hatte. Die Zahnspuren waren deutlich genug.
Ich fuhr einmal langsam am Motel vorbei, um zu kontrollieren, ob dort etwas Anomales zu sehen war - zum Beispiel sechzehn Streifenwagen und doppelt so viele mit Schrotflinten bewaffnete Uniformierte kurz vor der Erstürmung unseres Motelzimmers. Nichts. Ich parkte und ging an der Rezeption vorbei. Ein Blick durch die Glastür zeigte mir, dass Donna, die etwas Spannendes zu lesen schien, noch immer hinter der Theke saß. Für Gäste standen neben dem Kaffeeautomaten ein Tablett mit Blätterteiggebäck und ein Korb mit großen roten Äpfeln. Alles wirkte völlig normal.
Ich setzte mein entspanntes Gesicht auf und betrat die Eingangshalle. Drinnen stritten sich drei Kinder darum, wer welche Reisetasche tragen sollte. Als ich frischen Kaffee roch, merkte ich plötzlich, dass ich hungrig war. Ich überließ es der Familie, sich irgendwie zu einigen, trat an den Automaten, nahm mir ein Tablett, stellte zwei Becher Kaffee drauf und legte vier Äpfel und vier Stücke Gebäck daneben. Damit ging ich zu Donna hinüber.
»Nachdem wir jetzt ein Ersatzfahrzeug haben, wollen wir doch lieber weiter«, sagte ich und biss eine Ecke von dem Blätterteiggebäck ab.
»Klar, kein Problem, aber ich muss Ihnen das Zimmer leider voll berechnen.« Sie druckte die Rechnung aus, und ich kontrollierte, ob darauf auch Telefongespräche standen. Von unserem Apparat aus war nicht telefoniert worden. Ich unterschrieb die Kreditkartenabrechnung.
Ich ging in unser Zimmer hinauf. Die beiden Streichhölzer steckten noch in der Tür. Ich klopfte an und sorgte dafür, dass Sarah mich durch den Spion sehen konnte, während ich sie herauszog.
Im Zimmer war es stickig heiß, und die von unseren Kleidungsstücken abgegebene Feuchtigkeit erzeugte die reinste Treibhausatmosphäre. Sarah saß noch immer in ihr Badetuch gewickelt auf der Bettkante und verfolgte die Nachrichten im Fernsehen. Sie nahm das Tablett mit Kaffee, Gebäck und Äpfeln entgegen, ohne mich anzusehen, ohne den Blick vom Fernsehschirm zu wenden. »Das ist schon der dritte Bericht, den sie bringen.«
Als ich mich zu ihr aufs Bett setzte, sah ich, dass das Fernsehen nur brachte, was ich schon im Radio gehört hatte. Ein Reporter berichtete vor einem Hintergrund aus Streifenwagen, bevor ein Schwenk den Wald hinter den Häusern zeigte. Er trug eine brandneue blaue Gore-Tex-Jacke, die er vermutlich erst auf der Fahrt zum Falls Lake auf Spesen gekauft hatte; die Kapuze war zurückgeschlagen, damit sein glattes Gesicht und sein tadellos frisiertes Haar gut zur Geltung kamen, und er sprach im ernsten Tonfall eines Berichterstatters, der am Tatort steht. Alles lag schon viele Stunden zurück, aber er musste so tun, als könnten die Verbrecher jeden Augenblick erneut auftauchen.
»Haben sie irgendwelche Details erwähnt?«, fragte ich.
Sie wirkte ziemlich aufgeregt. »Ja. Alle sagen, dass der Überfall auf die
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