Nick Stone - 02 - Doppeltes Spiel
die Amerikaner durchgeführt, die ihr Kongress niemals genehmigt hätte oder die gegen das 1974 von dem damaligen Präsidenten ausgesprochene Verbot einer Beteiligung an Attentaten verstießen. Der fragliche Einsatz war als israelisches Unternehmen ausgegeben worden, weil die Amerikaner es nicht riskieren durften, in Syrien einzufallen und einen internationalen Finanzier zu entführen, selbst wenn er die rechte Hand eines der gefährlichsten Terroristen der Welt war. Stellten wir den Einsatz jedoch als Gemeinschaftsunternehmen von israelischem Militär und Mossad hin, würde es nur Gewinner geben: Die Amerikaner würden Quelle bekommen, die Firma hatte die Befriedigung, einen schwierigen Auftrag glänzend gemeistert zu haben, und die Israelis konnten die Anerkennung einheimsen. Sie hatten zwar nichts von dem geplanten Unternehmen gewusst, aber sie würden sich den Erfolg trotzdem an ihre Fahnen heften.
Ich erinnerte mich an Syrien, an Sarahs hektische Arbeit am Laptop ... und an die Tatsache, dass sie Quelle erschossen hatte. Bei der Besprechung nach dem Einsatz hatte Sarah sehr überzeugend argumentiert, und für mich war die Sache damit erledigt gewesen. Was seither geschehen war, brauchte mir keine Sorgen zu machen; es würde mein Leben nicht verändern. Nun, jetzt vielleicht doch.
Elizabeth fuhr fort: »Sie hätte eine Umorientierung unserer Außenpolitik bewirken können, die sich voraussichtlich äußerst nachteilig auf unsere Zahlungsbilanz und den angloamerikanischen Einfluss im Nahen Osten ausgewirkt hätte .«
Sie redete lauter Scheiß. Ich konnte mir denken, dass sie sauer war, weil Clinton vor kurzem eine »letale Präsidentenweisung« gegen Bin Laden unterzeichnet hatte. Damit hatte er im Voraus ein aggressives Unternehmen zu seiner Verhaftung gebilligt, falls sich eine Gelegenheit dazu ergab, wobei er billigend in Kauf nahm, dass es dabei auch Tote geben konnte. Clinton hatte keine Möglichkeit gefunden, das für Amerikaner geltende strikte Attentatsverbot zu umgehen, und die Firma musste damit rechnen, dadurch einige lohnende Aufträge zu verlieren. Mir war klar, dass Sarahs Verhalten unter diesen Umständen noch weniger Begeisterung auslösen musste.
Ich wartete auf den Teil, den Elizabeth zu unterstreichen vergessen hatte. Kommen die Auftraggeber endlich zur Sache, umfasst eine Einsatzbesprechung im Allgemeinen drei Punkte: erstens den Zweck des Unternehmens, zweitens den Grund dafür und drittens den Anreiz für den Operator. Mir fiel auf, wie häufig Elizabeth beim Reden blinzelte. Das bedeutete, dass sie log.
». und unsere dort eingesetzten Leute hätte gefährden können. Für uns ist dieser Punkt natürlich am wichtigsten.« Kein schlechter Anreiz, dachte ich - auch wenn sie Scheiß redete -, vor allem dann nicht, wenn ich selbst dort eingesetzt war.
»Was ihre Motive betrifft . nun, die brauchen Sie nicht zu kümmern.«
Mir war bei dieser Sache langsam unbehaglich zu Mute. Ich wandte mich an Lynn. »Warum haben Sie ihr nicht einfach einen Stoß gegeben, wenn Ihnen das alles schon damals Sorgen gemacht hat?«
»Einen Stoß?«, fragte Elizabeth hinter mir. »Einen Stoß?«
Lynn sah über meine Schulter hinweg und sagte im Tonfall eines Kronanwalts, der einem Lordrichter geduldig erklärt, was »jemand einen blasen« bedeutet: »Geld. Nein, Nick, wir haben ihr kein Geld geboten. Sie wissen so gut wie ich, dass der Dienst niemals Bestechungs- oder Schmiergelder zahlt.«
Ich wollte meinen Ohren nicht trauen, schaffte es aber trotzdem irgendwie, keine Miene zu verziehen. Erstaunlicherweise gelang Lynn das auch. In Wirklichkeit sorgt der Intelligence Service gut für seine Leute. Selbst wenn ein Mitarbeiter fliegt, weil er vielleicht als Pädophiler erpresst wird oder ein wichtiges Unternehmen vermasselt hat, erhält er innerhalb des Systems einen neuen Job, was drei Vorteile hat: Der Betreffende bleibt unter Kontrolle, ist zufrieden und hält vor allem den Mund. Genau diesen Zweck erfüllt auch ein Stoß - er sorgt für Ruhe im Haus.
Ich wünschte mir, sie würden mir einen Stoß geben. Erst vor einigen Monaten hatte ich einen Geheimdienstmann namens Clive in eine der Wohnungen begleitet, die der Intelligence Service in London unterhält. In diesen Apartments wohnt niemand; sie dienen nur für Treffs, als Ort für Einsatzbesprechungen und als sichere Häuser.
Clive hatte Schwierigkeiten wegen des russischen Dissidenten Gordiewski bekommen, der vor einigen Jahren mit einem Kopf voller
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