Nick Stone - 02 - Doppeltes Spiel
dich wieder ab!«
Für uns entstand eine Pause, während wir zur Fahrerseite des Vans hinübersahen. Lynns Reaktion konnte ich nicht beobachten, aber Elizabeth war sichtlich angewidert. Draußen standen zwei junge Paare neben einem Ford Escort XR3i. Während wir geschwafelt hatten, waren sie aufgekreuzt, hatten den Kofferraum geöffnet und luden nun Gepäck ein. Eines der Paare, beide Mitte zwanzig, war zum Flughafen gekommen, um das andere abzuholen. Die aus dem Urlaub kommende junge Frau trug sehr kurz abgeschnittene weiße Jeans, um uns zu zeigen, wie braun gebrannt sie war, aber der gewünschte Effekt wurde dadurch beeinträchtigt, dass sie eine Gänsehaut hatte, weil wir hier nicht auf Teneriffa, sondern in Gatwick waren. Nur für den Fall, dass jemand nicht mitbekam, dass sie im Ausland gewesen war, trug sie ihr blond gefärbtes Haar in Perlenzöpfchen, die sie sich irgendwo am Strand hatte flechten lassen.
Unser Mann auf dem Fahrersitz beobachtete die vier ständig, ohne dabei seine Zeitung, die er bisher nicht umgeblättert hatte, sinken zu lassen. Sein Stiernacken quoll noch mehr über den Hemdkragen hinaus, als er in seinen rechten Außenspiegel sah, um alles genau im Auge zu behalten. Diese Jungs mussten Allrounder sein: offensive und defensive Fahrer, Leibwächter ihrer Chefs und gute Witzerzähler, um sie zu unterhalten. Vielleicht arbeitete der Serbe deshalb für Elizabeth. Sie war zu humorlos, um Witze zu verstehen, und der Gesichtsausdruck, mit dem der Serbe der draußen geführten Unterhaltung zu folgen versuchte, ließ nicht gerade auf perfekte Englischkenntnisse schließen. Ich konnte nur hoffen, dass er sein Englisch nicht von diesen beiden auf den Rücksitzen lernte - sonst würden die Leute glauben, Prinz Charles sei unter die Bodybuilder gegangen.
Das Zwischenspiel war vorbei. Wir kehrten alle in unsere Ausgangspositionen zurück, und Elizabeth sprach weiter, obwohl dieser Anblick ihr offenbar körperliches Unbehagen bereitet hatte. Angehörige ihres Standes sahen das Auftreten solcher Leute als schlimme Störung ihres geordneten Daseins. »Wir machen uns Sorgen wegen eines möglichen Konflikts mit der ethischen Seite ihrer Tätigkeit.«
Ich gab mir Mühe, nicht zu grinsen. »Ethik? Damit hat Sarah nichts am Hut. Ethik hat sie unter >Dinge, über die ich mir Sorgen mache, wenn ich mal tot bin< eingeordnet.« Ich riskierte ein kleines Lachen, aber Elizabeth hatte meinen Scherz nicht verstanden oder fand ihn überhaupt nicht witzig. Die Atmosphäre war so frostig, dass ich mich fragte, ob der Serbe die Klimaanlage verstellt hatte. Ich war dabei, mich langsam in diesem Van unmöglich zu machen.
Elizabeth fuhr fort, als hätte ich nichts gesagt. »Wir befürchten, dadurch könnten laufende Unternehmen kompromittiert und einzelne Mitarbeiter in reale Lebensgefahr gebracht werden.«
Jetzt grinste ich nicht mehr. »Woher wollen Sie wissen, dass Sarah im Stande wäre, laufende Unternehmen zu gefährden?«
»Das«, sagte Elizabeth, »brauchen Sie nicht zu wissen.« Ich merkte ihr an, dass es ihr Spaß machte, das zu sagen. »Aber ich will Ihnen an einem Beispiel erläutern, vor welchem Problem wir stehen. Die Informationen, die Sarah Greenwood aus Syrien beschafft hat - durch ein Unternehmen, an dem Sie beteiligt waren, nicht wahr? -, das uns übergebene Material war in Wirklichkeit fehlerhaft. Wir haben den Verdacht, sie habe Informationen, von denen sie wusste, dass sie für uns und die Amerikaner wichtig waren, absichtlich verfälscht.«
Das eigentliche Ziel des Unternehmens waren also die in den Computern gespeicherten Informationen gewesen. Und ich war wieder einmal völlig ahnungslos gewesen.
Elizabeth war jetzt groß in Fahrt. »Dass der Mann mit dem Decknamen >Quelle< erschossen wurde, ist höchst bedauerlich
- schließlich wäre es Ihre Aufgabe gewesen, ihn lebend mitzubringen. Wir wissen noch immer nicht, welche Erkenntnisse das syrische Unternehmen hätte liefern können ... weil Sie die Computer an Ort und Stelle vernichtet haben, wenn ich recht unterrichtet bin.«
Das klang so, als hätte ich das alles aus purem Mutwillen getan. Ich ließ sie weiterreden, musste mich aber gewaltig beherrschen, um ihr keinen Kinnhaken zu verpassen.
»Die Amerikaner sind mit dem Ergebnis nicht zufrieden gewesen, und ich muss zugeben, dass das nicht gerade eine unserer Sternstunden war.«
Ich war entschlossen, mich nicht noch mehr von ihr aufbringen zu lassen. Wir hatten jahrelang Aufträge für
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