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Nick Stone - 03 - Verbrannte Spuren

Nick Stone - 03 - Verbrannte Spuren

Titel: Nick Stone - 03 - Verbrannte Spuren Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andy NcNab
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Ich gab mich immer als
    Australier Neuseeländer oder Ire aus; die sind neutral, gelten als umgänglich und sind als Weltenbummler
    bekannt. Erzählt man den Leuten, dass man Brite oder Amerikaner ist, trifft man immer wieder auf jemanden, der es einem verübelt, dass man in letzter Zeit dieses oder 447
    jenes Land bombardiert hat.
    Er starrte mich an, während er über meine Auskunft nachgrübelte.
    »Crocodile Dundee?« Ich imitierte jemanden, der ein Krokodil erwürgt. »G’day, mate!«
    Daraufhin nickte er lächelnd.
    Ich legte den Zwanziger hin und zeigte auf meine
    Einkäufe. »Kann ich damit zahlen?«
    Er studierte ein Faltblatt – vermutlich die
    Wechselkurse. Hinter ihm waren Zigaretten der Marke Camel symmetrisch um eine Camel-Wanduhr zum
    Sonderpreis arrangiert. Ich versuchte, mich auf die Zeiger zu konzentrieren, und bekam endlich heraus, dass es kurz nach halb vier Uhr war. Kein Wunder, dass ich halb erfroren war: Ich musste stundenlang im Eingang des Lagerhauses gelegen haben. Wenigstens taute meine Nase hier drinnen langsam auf; sie begann zu kribbeln, was ein gutes Zeichen war, weil es bewies, dass die Drogenwirkung allmählich nachließ.
    Der Picklige wechselte mir den Zwanziger ohne
    weiteren Kommentar. Jeder mag harte Devisen. Meine kalten Finger kamen nicht mit den vielen Scheinen und Münzen zurecht, die er mir herausgab; zuletzt machte ich einfach eine hohle Hand und strich mit der anderen das Geld hinein. Als er mir meine Plastiktüte gab, fragte ich ihn: »Wo ist der Bahnhof?«
    »Ha?«
    Es wurde Zeit, Thomas die Bummelzuglok, zu spielen.
    Ich betätigte eine Dampfpfeife. »Huuu-huuuuu! Tschugg, tschugg, tschugg.«
    448
    Das gefiel ihnen. Sie schwatzten in einer Sprache miteinander, die ich für Estnisch hielt. Dann zeigte mein pickliger Freund über den Vorplatz nach rechts, wo die Straße eine Linkskurve beschrieb, bevor sie verschwand.
    Ich hob eine Hand zu einer großartigen australischen Dankesgeste, verließ die Tankstelle und wandte mich wie angewiesen nach rechts. Der eisige Wind fiel sofort wieder über mich her; Nase, Rachen und Lunge fühlten sich an, als atmete ich winzige Glassplitter ein.
    Der Gehsteig, dem ich in Richtung Kurve folgte, war mit einer schmutzig grauen Eisschicht bedeckt. Ein Riesenunterschied zu Finnland, wo alle Straßen und Gehsteige tadellos geräumt waren. Hier war der Schnee einfach zu Matsch zertrampelt worden, der anschließend wieder gefroren war. Wegen leerer Bierdosen und
    anderer Abfälle, die in allen möglichen Winkeln aus dem Eis ragten, musste ich meine Füße gut heben, um nicht über irgendwelchen Müll zu stolpern.
    Während ich die Straße entlangging und Ausschau
    nach Wegweisern zum Bahnhof hielt, knabberte ich einen steinharten Schokoriegel nach dem anderen. Ich sah bestimmt wie jemand aus, der nach einer langen Nacht auf dem Nachhauseweg einen Kebab isst.
    Nachdem ich ungefähr 20 Minuten lang eine dunkle, verlassene Straße hinuntergewankt war, erreichte ich Bahngleise, denen ich folgte. Kaum eine Viertelstunde später stieß ich schwere Glastüren auf und betrat das trüb beleuchtete Bahnhofsgebäude. Es roch nach Klos und billigem Essen und hatte wie jeder Bahnhof der Welt die vollständige Palette von Betrunkenen, Drogensüchtigen 449
    und Obdachlosen zu bieten.
    Im Inneren bestand der Bahnhof aus Sichtbeton mit Steinfußböden. In den siebziger Jahren, als er vermutlich erbaut worden war, musste er auf dem Reißbrett
    großartig ausgesehen haben, aber jetzt war er schlecht beleuchtet, vernachlässigt und baufällig – bis hin zu ausgebleichten Plakaten und abblätternder Farbe.
    Wenigstens war es hier warm. Bei einem langsamen
    Rundgang durch die Haupthalle hielt ich nach einem Platz Ausschau, an dem ich mich unauffällig
    zusammenrollen und etwas schlafen konnte. Ich hatte das Gefühl, auf der Suche danach zu sein, seit ich an Bord der Fähre gegangen war. Alle guten Plätze waren schon belegt, aber ich fand schließlich doch eine Nische, in der ich mich auf den Boden setzte.
    Ich holte das restliche Essen aus meinen
    Jackentaschen. Eigentlich konnte ich nicht mehr, aber ich zwang mich dazu, die beiden letzten Schokoriegel und den Rest Wurst aufzuessen. Dann ließ ich mich auf die rechte Seite sinken, rollte mich mit hochgezogenen Knien wie ein Fötus zusammen und schloss die Augen. Der Steinboden war kalt und mit Zigarettenkippen übersät, aber das störte mich nicht; ich wollte nur noch schlafen.
    Im nächsten Augenblick fingen

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