Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Nick Stone - 03 - Verbrannte Spuren

Nick Stone - 03 - Verbrannte Spuren

Titel: Nick Stone - 03 - Verbrannte Spuren Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andy NcNab
Vom Netzwerk:
von Ruß schwarzer Schnee und eine mit Schlaglöchern übersäte Fahrbahn. Dann sah ich bizarrerweise einen
    ausgebrannten Autoskooterwagen vor mir, dessen
    Metallrahmen und langer Stromabnehmer verkohlt und verbogen waren. Der Teufel mochte wissen, wie er
    hierher gekommen war.
    474
    Ab und zu ratterte ein klappriger Sierra übers Pflaster an mir vorbei, und seine Insassen starrten mich an, als sei es verrückt, in diesem Viertel zu Fuß unterwegs zu sein.
    Nach den Schwefeldämpfen, die ich einatmete, zu
    urteilen, hatten sie vermutlich Recht. Offenbar stand hier in der Nähe eine weitere umweltfreundliche Fabrik.
    Ich vergrub meine Hände noch tiefer in den Taschen, zog den Kopf noch etwas mehr ein und bemühte mich, die resignierte Körpersprache der Einheimischen zu imitieren. Nachdem ich über die Szene vor der »Komfort Baar« nachgedacht hatte, beschloss ich, möglichst jeden Kontakt mit privaten Sicherheitsdiensten zu meiden.
    Dagegen wirkte die Staatspolizei vergleichsweise
    harmlos.
    Die Viru bog nach rechts ab. Geradeaus vor mir sah ich in 500 bis 600 Metern Entfernung ein vereistes Flussufer. Dort lag Russland.
    Als ich mich der Kurve näherte, sah ich die ungefähr 200 Meter tiefe Schlucht, die der Fluss Narva gegraben hatte, und die etwa 400 Meter entfernte Straßenbrücke.
    Eine lange Autoschlange wartete vor dem Grenzübergang nach Russland, der auch von schwer bepackten
    Fußgängern benutzt wurde, die in beiden Richtungen unterwegs waren. Auf der russischen Seite gab es
    Schlagbäume, an denen Grenzpolizisten die Papiere der Reisenden kontrollierten.
    Wenn die Hausnummern auf dem Stadtplan stimmten,
    musste die Nummer 87 bald auf der linken Straßenseite auftauchen – nicht allzu weit hinter der Kurve auf der Narva-Seite.
    475
    Dort stand wider Erwarten kein Wohnblock, sondern ein großes altes Haus, das jetzt eine »Baar« war.
    Zumindest verkündete das eine weiße, aber nicht
    eingeschaltete Leuchtschrift über der angefaulten hölzernen Haustür. Von der Fassade war der Rauputz teilweise abgefallen und ließ rotes Ziegelmauerwerk sehen. Im Vergleich zu den gleichförmigen
    Plattenbauten, von denen es auf drei Seiten umgeben war, wirkte das zweistöckige alte Haus wie ein Fremdkörper.
    Die meisten Fenster im ersten und zweiten Stock waren mit den innen angebrachten Fensterläden verrammelt; Vorhänge waren nirgends zu sehen. Eine weitere,
    ebenfalls nicht eingeschaltete Leuchtreklame zeigte einen Mann, der sich mit einer Zigarette im Mundwinkel über einen Billardtisch beugte und ein Bierglas neben sich stehen hatte.
    Laut dem Schild 10-24 h neben dem Eingang hätte die
    »Baar« offen haben müssen. Ich versuchte die Haustür zu öffnen und stellte fest, dass sie abgesperrt war.
    Vor dem Haus parkten vier Wagen. Ich sah einen
    nagelneuen knallroten Audi und zwei Cherokees, die bessere Tage gesehen hatten – beide blau und mit
    russischen Kennzeichen. Das vierte Auto befand sich –
    abgesehen von dem Autoskooterwagen – im
    schlechtesten Zustand von allen Fahrzeugen, die ich bisher in Estland gesehen hatte. Es war ein mit der Hand gestrichener roter Lada, der einem Teenager gehören musste. Auf der Ablage unter dem Heckfenster waren Lautsprecher aus hiesiger Produktion montiert, aus denen Kabel wie Spaghetti heraushingen. Sehr cool, vor allem 476
    der Stapel alter Zeitschriften auf dem Rücksitz.
    Ich sah durch die verdreckten Fenster im Erdgeschoss, ohne irgendwo Licht zu sehen oder einen Laut zu hören.
    Als ich nach hinten ging, konnte ich im zweiten Stock einen Lichtschein erkennen, der von einer einzelnen Glühbirne zu stammen schien. Das war, als hätte ich Leben auf dem Mars entdeckt.
    An der verrottenden Haustür drückte ich auf den
    Klingelknopf der Sprechanlage neben dem Schild mit den Öffnungszeiten. Das Haus mochte so verfallen wie Toms Apartmentgebäude sein, aber die Sprechanlage befand sich in besserem Zustand. Allerdings konnte ich nicht feststellen, ob sie wirklich funktionierte, deshalb versuchte ich’s noch mal – diesmal etwas länger. Der Lautsprecher rauschte und knackte, dann hörte ich eine halb aggressive, halb gelangweilte Männerstimme, die mich etwas fragte. Da ich natürlich keinen blassen Schimmer hatte, was der Kerl von mir wollte, sagte ich:
    »Konstantin. Ich will zu Konstantin.«
    Ich hörte die estnische oder russische Entsprechung von »Hä?«, dann murmelte er noch etwas, und im
    Hintergrund waren laute Stimmen zu hören. Als er sich wieder meldete,

Weitere Kostenlose Bücher