Nick Stone - 04 - Eingekreist
bremsen. »Sie ist kein
uneheliches Kind, nicht wahr?«
Sie hätte natürlich eines sein können; Carrie hätte sie von einem anderen Mann haben können. Ich versuchte
mich aus meiner peinlichen Lage zu befreien. »So hab ich’s nicht gemeint, ich wollte nur sagen, dass Luz nicht
…«
Carrie unterbrach mich lachend, um mir zu Hilfe zu
kommen. »Nein, nein, Sie haben Recht, sie ist nicht unser Kind. Wir haben sie gewissermaßen adoptiert.«
Sie nahm einen langen, nachdenklichen Zug, hielt den Kopf gesenkt und konzentrierte sich darauf, langsam eine weitere Patrone auszuwerfen. Ich musste
unwillkürlich an Kelly und daran denken, wie gründlich meine Version eines Adoptivverhältnisses in den letzten drei bis vier Jahren schief gegangen war.
»Sie war meine beste, eigentlich meine einzige
Freundin, Lulu … Luz ist ihre Tochter … ›Just Cause‹.«
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Sie sah ruckartig auf. »Sie wissen, was das war?«
Ich nickte. Das konnte sie allerdings nicht sehen, weil sie den Kopf schon wieder gesenkt hatte. »Die US-Invasion im Dezember ’89. Waren Sie damals beide
hier?«
Carrie zog den Verschlusshebel zurück, um die dritte Patrone auszuwerfen, und schüttelte langsam und
traurig den Kopf. »Was Krieg wirklich ist, weiß man erst, wenn man einen mitgemacht hat. Aber das brauche ich Ihnen bestimmt nicht zu erzählen.«
»Meistens an Orten, die ich nicht mal richtig
aussprechen kann, aber Kriege sind überall gleich –
Scheiße und Durcheinander, ein Albtraum.«
Die vierte Patrone flog sich überschlagend aus der
Kammer. »Ja, da haben Sie Recht. Scheiße und
Durcheinander …« Sie hob eine Patrone auf und spielte damit, während sie an ihrem Joint zog, dessen Glut hell aufleuchtete.
Sie hob wieder den Kopf, aber ich konnte nicht
erkennen, ob sie mich ansah, während sie den Rauch
ausatmete. »In den Monaten vor der Invasion war die Lage ziemlich angespannt. Immer wieder Unruhen,
Ausgangssperren, Morde. Die Situation wurde so
schlimm, dass eine US-Invasion nur noch eine Frage der Zeit war, aber niemand wusste, wann die Amerikaner
kommen würden. Mein Vater hat darauf gedrängt, wir
sollten uns nach Norden in Sicherheit bringen, aber davon wollte Aaron nichts hören – Panama ist seine
Heimat. Außerdem waren es nur ein paar Meilen bis zur Kanalzone, in die wir notfalls hätten flüchten können.
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Also sind wir geblieben.«
Sie ließ die Patrone fallen, griff nach dem Wasser und nahm einen großen Schluck, als versuche sie, einen
schlechten Geschmack wegzuspülen. »Am Morgen des
neunzehnten Dezember hat mein Vater mich angerufen
und uns aufgefordert, in die Zone überzusiedeln, weil die Invasion in dieser Nacht beginnen würde. Damals war er noch beim Militär, hat im Pentagon gearbeitet.«
Sie machte eine kurze Pause und lächelte flüchtig.
»Wie ich George kenne, hat er die Invasion
wahrscheinlich selbst geplant. Weiß der Teufel, womit er sich die meiste Zeit beschäftigt. Jedenfalls hatte er dafür gesorgt, dass für uns eine Unterkunft in Clayton bereitstand.« Sie trank einen weiteren Schluck, und ich wartete auf den Rest der Story.
Carrie stellte die Flasche ab, nahm einen letzten Zug von ihrem Joint, bevor sie ihn neben sich ausdrückte, und griff nach einer weiteren Patrone, um damit zu
spielen. »Also sind wir in die Zone gefahren und haben dort tatsächlich so viele Soldaten, Panzer, Hubschrauber und so weiter gesehen, dass man damit den Bundesstaat Washington hätte erobern können.« Sie schüttelte
langsam den Kopf. »In dieser Nacht haben wir im Bett gelegen, aber wir konnten nicht schlafen – Sie wissen, wie das ist. Kurz nach Mitternacht sind dann die ersten Bomben gefallen. Wir sind auf die Terrasse gelaufen und haben helle Lichtstreifen am Nachthimmel gesehen.
Sekunden später waren schwere Detonationen zu hören.
Bombardiert wurde Noriegas Hauptquartier, das nur
wenige Meilen von uns entfernt war. Es war schrecklich 338
– die Bomben fielen auf El Chorrillo, wo Lulu und Luz wohnten.«
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Carries Stimme klang plötzlich ausdruckslos, und sie spielte jetzt nicht mehr mit der Patrone. »Wir sind wieder hineingegangen und haben das Radio
eingeschaltet, um Nachrichten zu hören. Panama
National hat Musik gebracht, aber ungefähr eine Minute später kam die Durchsage, Panama werde angegriffen, und die Digbats sollten sich an ihren Sammelplätzen einfinden.«
»Digbats?«
»Die so genannten Dignitäts-Bataillone – Noriegas
Privatarmee. Der
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