Nick Stone - 04 - Eingekreist
hatte, dass der Regen aufgehört hatte; erst das laute Zirpen der Grillen machte mich darauf aufmerksam.
Als ich nur noch etwa hundertfünfzig Meter vom
Haus entfernt war, verringerte ich mein Tempo, achtete darauf, wohin ich trat, und machte mich dabei so klein wie möglich. Der Nachthimmel war weiter stark
bewölkt, und ich war zuversichtlich, dass es mir
gelingen würde, noch näher an das Haus
heranzukommen.
Mein Blickwinkel veränderte sich allmählich. Ich
konnte den schwachen Lichtschein sehen, der aus dem Erkerfenster des Wohnbereichs fiel – nicht stark genug, um den Erdboden zu erreichen –, dann den Bereich vor der Veranda, der von den Scheinwerfern eines neben
dem Mazda geparkten großen Geländewagens erhellt
wurde. Auf seinem Dach war mit Spanngurten ein
großes Schlauchboot mit dem Boden nach oben
festgemacht.
Ich wusste, dass irgendwo vor mir die Pflanzkübel
aufgereiht waren, auf die ich bald stoßen würde. Ich verringerte mein Tempo noch mehr und schlich tief
geduckt weiter. Als ich endlich die Reihen weißer
Plastikbehälter erreichte, war das Leerlaufgeräusch eines Automotors zu hören. Ich ließ mich auf alle viere nieder, hielt das Gewehr in meiner linken Hand und
bewegte mich wie ein Gorilla zwischen den Reihen
weiter. Nach einigen Metern machte ich Halt, um zu
horchen und zu beobachten. Irgendwo in der Nähe
raschelte ein kleines Tier und huschte zwischen den 389
Pflanzkübeln davon, deren Zwischenräume nur zwei bis drei Zentimeter betrugen. Ich konnte das verzweifelte Kratzen winziger Pfoten auf dem harten Kunststoff
hören, als es um sein Leben rannte.
Ich achtete darauf, mich nicht in den
Bewässerungsschläuchen zu verheddern, die sich kreuz und quer über den Boden schlängelten, und tastete mich durch Gras und Schlamm weiter. Der Lärm, den die
Zikaden machten, war schrecklich lästig, aber mit etwas Glück würde er die Geräusche meiner Annäherung
überdecken.
Während ich mich langsam weiter vorarbeitete, war
ich wegen einer Kombination aus Nervenanspannung
und körperlicher Anstrengung wieder in Schweiß
gebadet. Allmählich kam die Szene auf der Veranda ins Blickfeld. Aus etwa achtzig Metern Entfernung konnte ich zwei Männer mit Carrie sprechen sehen. Alle drei waren in helles Licht getaucht, das starke
Schlagschatten warf. Von einem der Männer, der fast einen Kopf kleiner war als der andere, konnte ich nur die Schultern in einem karierten Hemd sehen, die auf beiden Seiten einer Säule hervorragten. Der Kerl sah aus, als habe er sein Fitnesstraining in letzter Zeit ziemlich vernachlässigt.
Ich sah keine Waffen und konnte aus dieser
Entfernung natürlich auch nicht hören, was dort
gesprochen wurde.
Ich hielt mein Gewehr weiter mit der linken Hand
hoch, damit es nicht in den Schlamm geriet, während ich mit langsamen, unauffälligen Bewegungen eine
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Feuerstellung zwischen den Pflanzkübeln einnahm. Als ich mich dazu nach vorn beugte, ergoss sich ein kleiner Schwall schlammigen Wassers über mein T-Shirt.
Der Sicherungshebel klickte kaum hörbar, als ich ihn nach rechts umlegte. Der erste Blick durchs Zielfernrohr zeigte mir ein verschwommenes Bild, weil ich vergessen hatte, die Regentropfen abzuwischen.
Carries von bläulichen Schwaden aus Zigarettenrauch umgebener Kopf füllte die Hälfte des Blickfelds, und im Hintergrund flatterten Nachtfalter um eine Wandlampe.
Ich stellte ihr Gesicht scharf ein, versuchte seinen Ausdruck zu deuten. Sie wirkte nicht ängstlich, während sie sprach, nur ernsthaft.
Von links trieb nochmals Zigarettenrauch ins Bild.
Ich schwenkte dorthin und erfasste den Größeren der beiden Männer, der erneut an seiner Zigarette zog,
bevor er weitersprach. Es war ein Latino mit rundem Gesicht, Bürstenhaarschnitt und ungepflegtem
Schnauzer; er trug ein schwarzes, kragenloses Hemd
und dazu eine mit Schlamm bespritzte olivgrüne
Militärhose, die in ebenso schlammigen Stiefeln steckte.
Er redete ziemlich aufgebracht und zeigte dabei erst auf Carrie und dann auf den kleineren Mann. Irgendwas
stimmte hier nicht; um das zu erkennen, brauchte man kein Lippenleser mit Spanischkenntnissen zu sein.
Dann verstummte er und sah wieder Carrie an, als
erwarte er eine Antwort von ihr. Ich schwenkte wieder nach rechts zu ihr. Sie nickte langsam, als sei sie nicht besonders glücklich über das, mit dem sie sich
einverstanden erklärte, und ich folgte ihr, als sie die 391
Fliegengittertür öffnete und ins Haus rief:
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