Nick Stone - 04 - Eingekreist
aber viel
wichtiger war im Augenblick, dass ich das Haus
erreichte und die beiden dazu überredete, mir zu helfen.
Vielleicht konnte Carrie George irgendwie dazu
bringen, dieses Vorhaben zu stoppen. Vielleicht kamen sie selbst auf eine Möglichkeit. Vielleicht genügte es, wenn ich ihre Satellitenantenne vom Dach riss …
Vielleicht, vielleicht.
Ich holperte durch die tiefen Rillen in den Fahrspuren weiter, erreichte den Rand der Lichtung und sah, dass die Wolken sich aufzulösen begannen. Aber die Sonne schien noch nicht wieder, und vor dem Haus war
niemand zu sehen. Beide Geländewagen standen vor der Veranda geparkt, und das Stromaggregat arbeitete
brummend, als ich an den Pflanzkübeln vorbeifuhr und nach Landessitte hupte, um meinen Besuch
anzukündigen.
Als ich das Haus fast erreicht hatte, sah ich Carrie an die Fliegengittertür kommen und nach draußen starren.
Ich parkte den Land Cruiser und stieg in die schwüle Hitze aus. Sie hielt mir die Fliegengittertür auf, als ich auf die Veranda kam, und versuchte offenbar, sich einen Reim auf den Land Cruiser zu machen.
454
Ich wartete, bis die Angeln zu quietschen aufgehört hatten. »Das erkläre ich Ihnen alles später … Die Sache ist schief gegangen – Charlie hat das Steuerungssystem bereits übergeben … gestern Abend … Aber das ist
noch nicht alles.«
Meine schlammigen Stiefel hinterließen Spuren auf
der Veranda, als ich an ihr vorbeiging und den
Wohnbereich betrat. Ich wollte beide beieinander haben, bevor ich erzählte, was passiert war. Die Ventilatoren arbeiteten geräuschvoll, und Aaron saß vor mir in einem Sessel und beugte sich über seinen Kaffeebecher auf dem Couchtisch.
»Nick.« Er tauchte seinen kleinen Finger ziellos in die schwarze Flüssigkeit und ließ sie auf das Holz tropfen.
Ich hob grüßend die Hand, während die
Fliegengittertür hinter mir quietschte und krachend zufiel. Carrie blieb hinter mir an der Tür stehen.
Aaron sprach leise, während er sich die Schläfe rieb, und drehte sich halb im Sessel um, um zu kontrollieren, ob die Tür zum Computerraum geschlossen war. »Ist
Michael tot? Sie hat mir davon erzählt, als sie
zurückgekommen ist.« Er drehte sich wieder um und
trank nervös einen Schluck Kaffee.
»Nein, er lebt.«
»Oh, Gott sei Dank, Gott sei Dank!« Aaron ließ sich in den Sessel zurücksinken, hielt den Becher mit einer Hand auf dem Oberschenkel fest und fuhr sich mit dem Handrücken über seinen Bart.
Carrie stand noch immer hinter mir an der Tür. Auch sie stieß einen erleichterten Seufzer aus. »Wir haben uns 455
solche Sorgen gemacht. Mein Vater wollte Sie letzte Nacht von Ihrem Auftrag entbinden, hat uns aber um
knapp eine Stunde verfehlt. Er hat gesagt, Sie würden nicht mehr gebraucht, und hat sich wie ein Verrückter aufgeführt, als Aaron ihm erklärte, Sie seien bereits unterwegs.«
Als ich mich an sie wandte, war meine Stimme kaum
lauter als ein Flüstern. »Oh, er ist wirklich verrückt.«
Ich sprach langsamer, um jegliches Missverständnis
auszuschließen. »Ich denke, dass Ihr Dad für morgen einen Lenkwaffenangriff auf das Kreuzfahrtschiff Ocaso plant. Vermutlich in der Miraflores-Schleuse. Hat er damit Erfolg, werden Tausende von Menschen sterben.«
Sie schlug erschrocken die Hand vor den Mund.
»Was? Aber Sie sollten doch verhindern, dass … Nein, nein, nein, mein Vater würde nie …«
»George drückt nicht selbst auf irgendwelche
Knöpfe.« Ich zeigte auf den Kühlschrank. »Aber er tut’s, der Kerl mit der Narbe am Bauch. Sie wissen schon – die Babys am Strand, Ihr Lieblingsfoto.« Die Blicke beider folgten meinem Zeigefinger. »Ich habe ihn an der
Miraflores-Schleuse gesehen, wo er hastig
verschwunden ist, sobald Aaron mit seinem Mazda
aufgetaucht ist. Er war auch bei Charlie, am Dienstag in seinem Haus, und dann gestern Abend hier. Er ist im Auto geblieben, weil er nicht gesehen werden wollte …
Von Charlie weiß ich, dass er die Lieferung in Empfang genommen hat.«
»O Gott! Milton …« Sie lehnte sich an die Wand und
hielt sich mit beiden Händen den Nacken. »Milton war 456
in den Achtzigerjahren einer der Beschaffer in der Iran-Contra-Affäre. Sie haben dem Iran Waffen verkauft, um im Libanon festgehaltene Geiseln freizubekommen, und haben mit dem Geld andere Waffen für die Contras
gekauft … Ach, Scheiße!«
Die Hände sanken herab, und in ihren Augen standen
plötzlich Tränen. »Das ist sein Job, Nick, darauf ist er
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