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Nick Stone - 04 - Eingekreist

Nick Stone - 04 - Eingekreist

Titel: Nick Stone - 04 - Eingekreist Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andy McNab
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linken Brustseite ein Dreibeinstativ machen, wobei ich den Vorteil hatte, dass mein linker Unterarm auf dem Erdwall auflag. Nun musste ich noch kontrollieren, ob Haltung und Fixierung bequem waren und für einen gezielten Schuss ausreichten.
    Ich sah durchs Zielfernrohr und vergewisserte mich, dass ich freies Blickfeld hatte. Mein linkes Auge konnte ich umso leichter schließen, als es seit gestern ohnehin halb zugeschwollen war. Der häufigste Fehler, den Neulinge beim Gebrauch eines Balkenvisiers machen, ist ihre Annahme, der Zielpunkt sei der Schnittpunkt zwischen Balken und waagrechter Linie. Tatsächlich ist er jedoch die Balkenspitze; die waagrechte Linie dient nur zur Kontrolle, ob das Gewehr verkantet ist.
    Ich zielte auf den nicht allzu runden schwarzen Kreis, schloss die Augen und hörte kurz zu atmen auf. Während ich langsam ausatmete, entspannte ich meine Muskeln. Drei Sekunden später öffnete ich die Augen, begann wieder normal zu atmen und sah durchs Zielfernrohr. Als ich feststellte, dass ich etwas nach links vom Zielpunkt abgekommen war, änderte ich meine Körperhaltung nach rechts und wiederholte diesen Vorgang noch zweimal, bis ich auf natürliche Weise zum Ziel ausgerichtet war. Es hatte keinen Zweck, meinen Körper in eine ihm widerstrebende Haltung zwingen zu wollen, denn das konnte die Zielgenauigkeit beeinträchtigen. Nun war ich bereit, den ersten Schuss abzugeben.
    Ich holte dreimal tief Luft, um meinem Körper reichlich Sauerstoff zuzuführen. Nur bei ausreichender
    Sauerstoffzufuhr sieht man scharf; hält man den Atem an, während man einen entfernten Gegenstand fixiert, sieht man ihn sehr bald verschwommen.
    Mein Blickfeld schwankte, als ich tief Luft holte, und bewegte sich dann kaum noch, als ich wieder normal zu atmen begann. Erst jetzt entsicherte ich das Gewehr, indem ich die Scheibe herauszog und nach rechts drehte. Dann zielte ich, während ich den Druckpunkt nahm, und hielt zugleich den Atem an, um die Waffe zu stabilisieren.
    Eine Sekunde, zwei Sekunden . Ich drückte ab, ohne das Gewehr zu verreißen.
    Ich hörte nicht einmal den Schussknall, so sehr war ich damit beschäftigt, mich zu konzentrieren und möglichst wenig zu reagieren, als der Rückschlag den Kolben in meine Schulter drückte. Gleichzeitig ließ ich mein rechtes Auge geöffnet und verfolgte, wie der Zielpunkt nach dem Hochschnellen der Mündung wieder ins Ziel zurückkehrte. Das war gut, weil es zeigte, dass mein Körper gut ausgerichtet war. Andernfalls wäre der Zielpunkt dorthin gewandert, wohin mein Körper in Wirklichkeit zielte.
    Den Schuss musste ich verfolgen, denn obwohl unter Umständen weniger als eine Sekunde vergehen würde, bis ich — nachdem ich den Druckpunkt genommen hatte
    — tatsächlich abdrückte, sodass der Schlagbolzen den Patronenboden traf und die Treibladung zündete, deren Explosionsgase dann das Geschoss aus dem Rohr trieben, konnte jede kleinste Bewegung bewirken, dass die Lage des Zielpunkts sich änderte. Nicht gut für jemanden, der es darauf anlegte, die Zielperson mit einem einzigen Schuss tödlich zu treffen.
    Damit war die Schussabfolge beendet. Ich nahm die unterschiedlichen Größen und Farben der Vögel wahr, die in dichten Schwärmen aus den Bäumen aufflogen. Im Laubdach raschelte es gewaltig, als sie schreiend und krächzend die Flucht ergriffen.
    In der Realität lässt dieser systematische Ablauf sich natürlich nicht immer durchhalten. Aber wer die einzelnen Punkte versteht und beim Einschießen seiner Waffe beherzigt, hat eine bessere Chance, auch ein flüchtig auftauchendes Gelegenheitsziel zu treffen.
    Ich sah durchs Zielfernrohr, um die Trefferlage zu kontrollieren. Das Blatt Papier war am oberen Rand getroffen: ungefähr zwölf Zentimeter zu hoch. Das war in Ordnung; der Schuss musste zu hoch liegen, weil das Visier auf dreihundertfünfzig Meter eingestellt war. Entscheidend war, dass die Höhenabweichung keinesfalls über achtzehn Zentimeter betrug.
    Trotzdem stand ich vor einem Problem, denn obgleich das Trefferbild mehr oder weniger mit der Entfernung übereinstimmte, lag mein Schuss sieben bis acht Zentimeter zu weit links. Bei dreihundert Metern Schussentfernung konnten daraus bis zu fünfundzwanzig Zentimeter werden. So hätte ich die Brust des jungen Mannes verfehlt und vielleicht seinen Oberarm getroffen — wenn er sich nicht bewegte und ich mit meinem Schuss Glück hatte. Das war nicht gut genug.
    Ich blieb liegen und beobachtete, wie die Vögel in

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