Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Nick Stone - 05 - Tödlicher Einsatz

Nick Stone - 05 - Tödlicher Einsatz

Titel: Nick Stone - 05 - Tödlicher Einsatz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andy NcNab
Vom Netzwerk:
heraus. Falls George mir etwas Neues mitzuteilen hatte oder ich unseren Plan ändern musste, würde ich es nicht vor heute Abend erfahren.
    30
    Aus meinem Ohrhörer drang plötzlich eine krächzende Stimme, als Lofti sich um acht Uhr morgens meldete.
    »Hallo, hallo … Sprechprobe.« Während ich in meine Jacke griff, hörte ich: »Hotel?« Dann folgte ein
    Doppelklick. »November?« Ich drückte die Sprechtaste zweimal.
    »Okay. Ende.«
    Das Funkgerät verstummte. Ich nahm die Hand aus der Jacke und zog den Reißverschluss hoch. Die Jacke hatte mir nachts gute Dienste geleistet; sie war mir
    zwischendurch sogar fast zu warm gewesen.
    Mein Gesicht war stoppelig, und meine Augen
    brannten – aber es war mein Job gewesen, die Neunter Mai zu beobachten, und das hatte ich getan. An Bord der Jacht war kein Lebenszeichen zu erkennen gewesen.
    Wegen der geschlossenen Wolkendecke wurde es
    heute etwas später hell, und seit etwa einer Stunde wehte eine leichte Seebrise und ließ die Palmen um mich herum rascheln. Dies würde ein trüber, grauer, deprimierender Tag werden, garantiert keiner, den Scharen von
    Fotografen für Ansichtskarten würden festhalten wollen.
    Hinter mir wurde der Berufsverkehr dichter, und ich hörte, wie unten in der Ladenzeile ein eiserner Rollladen hochgezogen wurde. Der Ladenbesitzer, dessen
    Schaufenster Hubba-Hubba eingeworfen hatte, würde sich jetzt bestimmt auch einen zulegen.
    Nach meiner Rückkehr aus Nizza hatte ich als Erstes das Badetuch zusammengelegt, um es als Sitzpolster zu benutzen. Das hatte die Beobachtungsstelle nicht gerade in ein Hotelzimmer an der Croisette verwandelt, aber sie doch viel bequemer gemacht. Alle meine Schokoriegel waren aufgegessen, aber ich hatte schon wieder Hunger.
    Ich strich mir die Haare aus dem Gesicht und rieb meine Augen wach. Jetzt kam es darauf an, auf Draht zu sein. Ich hörte keuchende Atemzüge: Ein Jogger kam links von mir die Straße entlang. Er brauchte ziemlich lange, um mich zu erreichen, und ich war erstaunt, als ein Zwanzigjähriger auftauchte, dessen Keuchen und
    Schlurfen befürchten ließen, er stehe kurz vor einem Herzanfall.
    Im Jachthafen herrschte allmählich Betrieb, als mehr und mehr Leute an Deck ihrer Boote kamen. Arbeiter der städtischen Müllabfuhr entleerten die beiden Rolltonnen, deren Inhalt hauptsächlich aus Champagnerflaschen und Kaviardosen zu bestehen schien. Ich nahm mir vor, demnächst wirklich festzustellen, wer meine richtigen Eltern waren – ich hätte bestimmt nichts dagegen gehabt, an einen Ort wie diesen zu gehören oder vielleicht sogar im Boston Yacht Club bedient zu werden, statt dort nur arbeiten zu dürfen.
    Um mich herum zwitscherten Vögel. Ich ließ mich zur Seite sinken, stützte meinen Kopf auf den rechten Arm und bewegte meine eingeschlafenen Beine, bis ich wieder Gefühl in ihnen hatte. Jetzt konnte ich den VW-Campingbus besser sehen. Er war gelbweiß, eines der neueren kastenförmigen Modelle, und hatte an allen Fenstern Aluminiumjalousien. Seine Besitzer mussten sich aufs Ohr gelegt haben, sobald er diesen Platz gefunden hatte.
    Weil ich zu faul war, mich dazu aufzusetzen,
    beobachtete ich mit nur einem Auge durchs Fernglas, wie das Paar auf der Jacht rechts neben der Neunter Mai an Deck kam. Mit zu Berge stehendem Haar – so sah meines vermutlich auch aus – erledigten sie an Deck
    irgendwelche Arbeiten, wobei ihre Vliesjacken sie vor dem Wind schützten. An Bord der Neunter Mai passierte weiter nichts: Die Jalousien hinter allen Kabinenfenstern, die ich sehen konnte, blieben heruntergezogen. Ich suchte die Plastiküberzüge von Sitzgruppen und Steuerstand auf dem Oberdeck mit dem Fernglas ab. Sie bewegten sich etwas im Wind, schienen aber unverändert zu sein.
    Ich überlegte, was hinter diesen Jalousien vorgehen mochte. Vielleicht waren alle drei schon wach, warteten nur darauf, losziehen und das Geld abholen zu können, lagen in ihren Kojen, bis es Zeit zum Aufbruch wurde, und prägten sich Stadtpläne oder Bus- und Zugfahrpläne ein. Was sie auch taten, ich wünschte mir nur, sie würden sich damit beeilen. Je länger sie an Bord blieben, desto höher wurde mein Risiko, hier entdeckt zu werden.
    Ein winziger, schmalbrüstiger japanischer Van fuhr auf den Parkplatz, und der alte Gärtner, den ich gestern gesehen hatte, stieg aus. Er trug wieder seinen
    sackartigen grünen Overall und Gummistiefel. Vorerst schien er sich mehr für den Campingbus als für seine Pflanzen zu interessieren; er

Weitere Kostenlose Bücher