Nick Stone - 05 - Tödlicher Einsatz
ich, dass er irgendwo in der Nähe wartete. Er würde sich nicht zeigen, bevor ich auftauchte.
Als ich auf Höhe meines Wagens angelangt war, sah ich ihn in einiger Entfernung stehen. Ich winkte ihn zu mir heran, und wir kauerten uns im Schatten der Hecke nieder. »Was hast du dir bloß dabei gedacht?«, fragte ich ihn. »Die Polizei herzulocken hätte ein absoluter Alptraum sein können!«
Er grinste. »Es hat diese Leute daran gehindert, dich zu sehen, stimmt’s?«
Ich nickte. Wo er Recht hatte, hatte er Recht.
»Außerdem wollte ich das schon immer mal tun.«
Ich nickte erneut; mir ging es nicht anders. »Womit hast du die Scheibe eingeworfen?«
»Mit einem der Eisengewichte, mit denen sie die
Sonnenschirme fixieren. Schaufensterscheiben sind ziemlich widerstandsfähig, weißt du.«
»Ich muss dich was fragen.« Ich fuhr mir über meine laufende Nase. »Gibt’s hier in deinem Gebiet eine Möglichkeit, sofort eine E-Mail zu verschicken? Sie könnte wichtig sein. Einer der Kerle auf dem Boot war gestern Abend mit Fettkloß zusammen. Er ist Brite, Anfang bis Mitte dreißig, auffällig hager, langhaarig, schwarzer Wuschelkopf. Sieht wie der Gitarrist von Queen aus. Weißt du, wen ich meine?«
Er ignorierte meine dämliche zweite Frage und dachte ein paar Sekunden über die erste nach. »Am
Hauptbahnhof in Nizza. Dort gibt es ein paar dieser Cyberpoints. Vier bis fünf, denke ich. Der Bahnhof könnte nachts geschlossen sein, aber zwei dieser
Terminals befinden sich außerhalb.«
Ich erzählte Hubba-Hubba, was ich in der Kajüte der Neunter Mai gesehen hatte, und wies ihn an, auch Lofti darüber zu informieren, während ich nach Nizza fuhr.
»Sag ihm, dass er die Jacht beobachten soll, bis ich zurückkomme. Und falls die Kerle vorher aufbrechen, amüsiert ihr euch mit ihnen!« Ich klopfte ihm auf die Schulter, überzeugte mich rasch davon, dass auf dem Fußweg niemand unterwegs war, und ging zu dem
Mégane zurück.
Während ich an der Hafenzufahrt vorbeirollte und zu Loftis Position hinauffuhr, hörte ich mit, wie Hubba-Hubba ihn über Funk einwies. Dann fing ich an, mir die Codewörter zu überlegen, die ich für meine E-Mail brauchen würde.
Ich fuhr die Küste entlang nach Nizza. Um diese Zeit am frühen Morgen war die Stadt wie ausgestorben.
Einige wenige Autos kamen mir entgegen, und nur ab und zu schlenderte ein Liebespaar oder eine verlorene Seele an den hell beleuchteten Schaufensterfronten vorbei.
Der Hauptbahnhof war ein Prachtbau aus dem 19.
Jahrhundert, dessen riesige Steinquader jetzt durch reichlich Stahl und Glas ergänzt wurden. In seiner Umgebung gab es die übliche Ansammlung von
Dönerbuden, Sexshops, Zeitungskiosken und
Souvenirläden.
Hubba-Hubba hatte richtig vermutet: Dieser Bahnhof war nachts geschlossen, sonst wäre er wahrscheinlich in ein Obdachlosenasyl umfunktioniert worden. Die beiden Cyberpoints, von denen er gesprochen hatte, befanden sich inmitten einer Ansammlung von sechs oder sieben hell beleuchteten Telefonzellen links neben dem
Haupteingang. Die einzigen Überwachungskameras, die ich sah, waren auf den Eingang gerichtet. Ich schlenderte an ihm vorbei und verdrückte mich dann zwischen die Telefonzellen.
Der Cyberpoint sah genau wie der im Cap 3000 aus.
Ich zog meine Plastikhandschuhe an, führte die
Telefonkarte ein und rief die E-Mail-Funktion auf.
Ich fing an, mit zwei Fingern zu tippen, wurde dabei allmählich schneller.
Schön, dass wir uns gestern gesehen haben. Weißt du was? Ich glaube, du musst dich sehr beeilen, wenn du bei Susanna landen willst. Erst vorhin habe ich sie mit einem anderen Kerl gesehen. Ich weiß nicht, wie er heißt, aber du kennst ihn vielleicht: Er hat langes, schwarzes, lockiges Haar. Mitte dreißig und
Engländer. Kennst du ihn? Jedenfalls kommt er ziemlich herum. Ich habe ihn gestern Abend auch mit Jenny zusammen gesehen, was etwas verdächtig war, weil die beiden sich offenbar sehr gut kennen und dieser Kerl Jenny anscheinend alles erzählt. Wusstest du das – oder hat Jenny das vor dir geheim gehalten?
Tut mir Leid, wenn das betrübliche Nachrichten sind, aber ich dachte, du würdest es wissen wollen. Hast du mir irgendwas zu erzählen? Dann könnte ich heute nach der Arbeit mal vorbeikommen. Ich würde dir einen schönen Tag wünschen, aber das könntest du leicht in den falschen Hals bekommen.
PS: Ich habe Susanna dein Geschenk gegeben; sie liebt Rot!
Ich schickte die E-Mail ab und zog dann die Telefonkarte
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