Nick Stone - 05 - Tödlicher Einsatz
marschierte darauf zu, als wollte er Zoff machen. Vermutlich waren Camper nicht ganz so herzlich willkommen wie jedermann sonst, der auf dem Schild an der Zufahrt begrüßt wurde.
Als er den Bus erreichte, brüllte er etwas und
hämmerte mit der Faust an die Seitenwand. Auch als eine der Jalousien hochgezogen wurde, brüllte er weiter herum und schwenkte dabei die Arme wie ein
Verkehrspolizist. Die Antwort fiel anscheinend
befriedigend aus, denn er machte plötzlich kehrt und marschierte etwas energischer zu seinem Wagen zurück.
Er öffnete die seitliche Schiebetür, hinter der ein Schubkarren mit Schaufeln, Rechen und Spaten sichtbar wurde. Diese Werkzeuge flogen einzeln heraus und
schepperten auf den Asphalt. Ich konnte nur hoffen, dass er nicht um drei Uhr aufgewacht war und beschlossen hatte, sich heute als Erstes das V-förmige Palmengebüsch vorzunehmen, hinter dem ich hockte. Aber er würde jedenfalls nicht gleich loslegen. Es wurde offenbar Zeit für die erste Pause des Tages.
Der Alte setzte sich auf die Schwelle der Schiebetür und schüttelte eine Zigarette aus dem Päckchen. Der Wind riss den Rauch mit, verteilte ihn rasch.
»Sprechprobe. Hotel?«
Ich zog den Reißverschluss herunter.
Klick, Klick.
»November?«
Ich griff hinein, drückte zweimal die Sprechtaste.
»Alles okay. Zeit, die Batterien zu wechseln.«
Lofti hatte Recht: Wir sollten den Tag mit frischen Batterien beginnen, und ich musste den Batteriewechsel vornehmen, bevor der alte Gärtner hier heraufkam und dort zu buddeln begann, wo er nicht willkommen war.
Ich holte das Funkgerät aus meiner Jacke, zog die Batterien vom Klebeband ab, entfernte den
Batteriedeckel und ersetzte sie. Bevor ich das Sony wieder in die Tasche gleiten ließ, überzeugte ich mich mit einem Blick aufs Display davon, dass das
Batteriesymbol ausgefüllt war und ich mich weiterhin auf Kanal eins befand.
Danach dauerte es nicht mehr lange, bis der alte
Gärtner die Seitentür des Vans zuknallte und mit seinem Schubkarren voller Werkzeug auf die Betontreppe
zukam, bevor er im toten Winkel an ihrem Fuß für mich unsichtbar wurde. Ich konnte nichts anderes tun, als zu bleiben, wo ich war, und mich auf meinen Job zu
konzentrieren.
Der Berufsverkehr auf der Hauptstraße hinter mir
wurde lebhafter, und es dauerte nicht lange, bis der Alte mit dem Schubkarren an mir vorbeikam. Ich beobachtete, wie er auf den Campingbus hinuntersah, und hörte ihn etwas murmeln, das unzufrieden klang. Vielleicht ärgerte ihn, dass er sich hatte abwimmeln lassen. Wenig später klirrte irgendwo rechts von mir Metall, als er Werkzeug vom Schubkarren nahm und in dem von der Sonne
ausgedörrten Boden zu graben begann. Entdeckte er mich hier, würde ich den Penner spielen und mich von ihm vertreiben lassen müssen. Dann konnte ich zur
Hafenzufahrt hinuntergehen und mich vielleicht an die Bushaltestelle setzen; von dort aus konnte ich zumindest jeden sehen, der den Jachthafen verließ. An diesem Beobachtungspunkt würden wir uns zu dritt abwechseln müssen, bis die Romeos aufbrachen. Das wäre ein
Alptraum gewesen, aber dagegen ließ sich nichts
machen.
»Hallo, hallo … Sprechprobe.«
Ich griff in meine Jacke. Es musste neun Uhr sein.
»Hotel?«
Klick, klick.
»November?«
Klick, klick.
»Okay. Ende.«
Die folgenden dreieinhalb Stunden gingen mir schwer auf die Nerven. Der alte Gärtner schien mehr zu rauchen als zu arbeiten, was mir nur recht war, weil er sich zu seinen Rauchpausen in den hintersten Winkel der Anlage zurückzog. Unten in der Marina gingen Leute von Bord ihrer Jachten und kamen mit Baguettes oder Tüten voller Croissants zurück; Kastenwagen fuhren vor und
belieferten die Geschäfte der Ladenzeile; andere Wagen wurden auf dem Parkplatz abgestellt, und Männer in Overalls und mit Werkzeugkästen gingen über die Piers, um bei einzelnen Jachten Wartungsarbeiten
vorzunehmen. Aus den Restaurants drang ab und zu
Musik herauf, und ich konnte das Lachen der Cafégäste hören. Zwischendurch klirrte immer wieder Glas –
offenbar wurde das zertrümmerte Schaufenster bereits ersetzt.
Ein mit Abfalltonnen, Kehrbesen und Schaufeln
beladener orangeroter Elektrokarren surrte die Ladenzeile entlang auf die Rolltonnen zu, hinter denen ich meine Timberlands versteckt hatte. Der alte Gärtner rief dem Fahrer etwas zu, der mit einem Zug an seiner Zigarette und einem Winken abstieg. Sein ungeheurer Wanst wog vermutlich so viel wie sein Fahrzeug, das sich
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