Nick Stone 05 - Tödlicher Einsatz
Aber unabhängig davon, was sonst passiert, dürfen diese Millionen nicht nach Algerien gelangen.«
Er lehnte sich wieder in seinen Sessel zurück und breitete die Hände aus. »Und es versteht sich von selbst, dass die Franzosen nichts erfahren dürfen. Es dauert seine Zeit, diesen ganzen Menschenrechts-, Verfahrensund Bürokratenscheiß hinter sich zu bringen - das ist Zeit, die wir nicht haben.«
»Und wir müssen dafür sorgen, dass die übergebenen Hawalladas noch ihre Köpfe auf den Schultern haben, damit sie mit den richtigen Leuten plaudern können, stimmt’s?«
George nahm sich noch eine Coladose aus der Minibar. »Das brauche ich Ihnen nicht eigens zu sagen, Nick. Tut jemand Ihnen etwas an und droht danach mit weiteren Anschlägen, müssen Sie ihm das Handwerk legen. Punktum.«
Die Dose flog in den Papierkorb, und er begann, sein auf dem Bett liegendes Zeug einzusammeln und in seinem Aktenkoffer zu verstauen. Die Besprechung war zu Ende. »Sie fliegen morgen früh ab. Ich wünsche Ihnen einen guten Flug - wie ich höre, gibt’s bei Air France erstklassige Weine.«
Er stand auf, rückte die Krawatte zurecht und knöpfte das Jackett zu. »Wir müssen viel nachholen, wenn wir diesen Krieg gewinnen wollen, Nick, und Sie spielen bei dieser Aufholjagd eine wichtige Rolle.«
Auf halbem Weg zur Tür drehte er sich noch mal um. »Bis Sie umgelegt werden, versteht sich, oder ich einen Besseren finde.«
Er lächelte mich breit an, aber ich war mir keineswegs sicher, ob das scherzhaft gemeint war.
10
MITTWOCH, 21. November, 10.37 UHR
Ich saß in der Laverie am Boulevard Carnot, sah zu, wie meine Bettlaken sich in der Waschmittelbrühe drehten, und war halb taub von dem ständig tosenden Verkehrslärm, der selbst die Arbeitsgeräusche der Waschmaschinen übertönte. Ich wartete auf den Treff mit der Quelle. Unser Treff sollte um 11 Uhr jenseits des viel befahrenen Boulevards in der Brasserie Le Natale stattfinden - im Lokal selbst oder draußen auf dem Gehsteig, je nachdem, für welchen Tisch die Quelle sich entschied. Diese Entscheidung lag bei ihr, was mir nicht sonderlich gefiel.
Die Temperatur war an diesem Vormittag auf milde 18 Grad gestiegen. Ich trug die dünnsten Sachen, die ich aus Boston mitgebracht hatte - Jeans und ein Timberland- Sweatshirt -, aber wenn ich mir manche Passanten ansah, wäre auch ein Winterpelz nicht fehl am Platz gewesen.
Das Le Natale war ein Café-tabac, in dem man ein Lotterielos kaufen und ein Vermögen gewinnen, den gesamten Gewinn auf ein Pferd setzen, beim Mittagessen oder einer Tasse Kaffee das Rennen verfolgen und im Hinausgehen noch eine Autobahnvignette und ein Briefmarkenheftchen kaufen konnte.
Den Waschsalon hatte ich ausgesucht, um hier gut getarnt warten zu können. Die Bettlaken hatte ich gestern gekauft, nachdem ich die nähere Umgebung erkundet
hatte. Man braucht immer einen Grund, um irgendwo zu sein.
George hatte mir vor drei Tagen gesagt, die Quelle würde genauere Angaben über eine bestimmte Jacht machen, die in nächster Zeit einen Hafen an der französischen Riviera anlaufen werde. An Bord würde das Al-Qaida-Team sein - eine bisher unbekannte Anzahl von Personen mit dem Auftrag, das Geld von drei verschiedenen Hawalladas einzusammeln und nach Algerien zurückzubringen. Wir sollten diesen Leuten folgen, feststellen, von wem sie das Geld abholten, und dann unseren Auftrag am selben Tag ausführen. Wir durften keine Zeit verlieren. George wollte die Hawalladas so bald wie möglich auf dem Kriegsschiff haben.
Außer mir war hier nur eine alte Frau anwesend, die für die angelieferte Wäsche zuständig war. Sie zog alle paar Minuten den Saum ihres zerschlissenen braunen Kittels hoch und schlurfte über das abgetretene Linoleum, um die Restfeuchtigkeit der Wäsche in den Trocknern zu prüfen. Dazu hielt sie ein Wäschestück an ihre Wange und schien sich jedes Mal murmelnd über die mangelhafte Trocknerleistung zu beschweren. Dann schloss sie die Tür wieder und murmelte etwas in meine Richtung, das ich lächelnd und mit einem Nicken quittierte, während ich bereits wieder zu dem Treff hinübersah, soweit er zwischen den Playboy-Postern und Anpreisungen, wie super economique die Maschinen dieses Salons seien, zu erkennen war.
Ich war nun seit vier Tagen in Südfrankreich, nachdem ich aus Boston mit der ersten Maschine nach Amsterdam, von dort aus über Paris an die Riviera geflogen und am 18. November angekommen war. In Cannes hatte ich mich in
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