Nick Stone 05 - Tödlicher Einsatz
Sie sich das vor, Nick. Ich tue es, deshalb finde ich seit Wochen kaum noch Schlaf.«
Er zerquetschte die leere Coladose, als wolle er sie erdrosseln, und das war ausnahmsweise nicht gespielt. »Wie aus den Unterlagen hervorgeht, klauen die Kerle seit zwei Jahren Isotope - Zeug, das in Krankenhäusern und von der Industrie verwendet wird - und bunkern sie irgendwo. Wir reden von einem Vorrat, der für eine Unmenge kleiner Sprengladungen oder fünf bis sechs Lastwagen wie damals in Oklahoma ausreichen würde - womöglich auch für Autobomben und von Terroristen am Körper getragene Sprengladungen.«
Er beugte sich mit auf die Knie gestützten Ellbogen nach vorn. »Immerhin gibt’s einen Strohhalm, an den wir uns klammern können. Diese Kerle sind Selbstmordattentäter. Aber . « Er hob den rechten Zeigefinger. »Aber sie werden sich hüten, etwas zu unternehmen, bevor sie wissen, dass ihre Familienangelegenheiten geregelt sind.«
»Sie meinen, dass keiner dieser Kerle aktiv wird, bevor er weiß, dass Dad einen neuen Landcruiser mit allem Zubehör bekommen hat?«
»Genau. Sie sind vielleicht verrückt, aber sie sind nicht dumm. Die Finanzmittel für diese Anschläge wurden über fast drei Jahre hinweg in die USA eingeschleust, und alle Vorbereitungen waren schon vor dem Anschlag aufs WTC abgeschlossen, weil sie wussten, dass es danach sofort schärfere Kontrollen geben würde. Durch die Zeralda-Connection wissen wir, dass al-Qaida ihre Zellen in den USA über drei in Südfrankreich tätige Hawalladas mit Geld versorgt hat. Über ihre Geschäftspartner in Algerien sollten diese Kerle auch die Entschädigungszahlungen für die Angehörigen der Selbstmordattentäter regeln.« Er lächelte zum ersten Mal, seit wir das Hotelzimmer betreten hatten. »Aber dazu kommt’s nicht mehr, weil Sie Ihren Johannes-der-Täufer- Trick mit Zeralda vorgeführt haben. Die algerischen
Hawalladas haben sämtliche Aktivitäten eingestellt, und weitere Al-Qaida-Geldverschieber sind ihrem Beispiel gefolgt. Nun sieht’s ganz danach aus, als säßen diese französischen Hawalladas auf einem Haufen Geld - ungefähr drei Millionen US-Dollar -, das sie unter den Familien der Attentäter aufteilen müssen. Gelingt ihnen das nicht, gibt’s keine Anschläge. Von unserer Quelle in Frankreich wissen wir, dass ein Al-Qaida-Team dorthin unterwegs ist. Es soll das Geld einpacken und nach Algerien zurückbringen.« Er machte eine Pause, um sicherzustellen, dass die Message ankam. »Ihr Job, Nick, ist es, dafür zu sorgen, dass das nicht passiert.«
Wir sollten diese Kerle »übergeben«, wie George es ausdrückte. Im Klartext hieß das, dass wir die drei Hawalladas - sobald ich sie mit Hilfe der Quelle, mit der ich mich sofort nach meiner Ankunft in Frankreich in Verbindung setzen würde, identifiziert hatte - entführen, betäuben und an einem vereinbarten Ort zurücklassen würden. Dort würden sie abgeholt und an Bord eines US- Kriegsschiffs gebracht werden, das zu einem Flottenbesuch vor Nizza lag. An Bord würde ein Vernehmungsteam sie sich vorknöpfen, um herauszubekommen, wer ihre Geschäftspartner in den USA waren. Die Zeit reichte nicht aus, um sie in die Staaten zurückzubringen; die Vernehmung musste vor Ort stattfinden. Für sie würde es schlimm sein, im Bauch dieses Kriegsschiffs aufzuwachen; die Vernehmer würden ihre Arbeit nicht für irgendein abgelegenes Stück Dschungel oder Wüste tun, sondern um ihr eigenes Fleisch und Blut in der Heimat zu schützen. Das würde einen großen Unterschied machen. Waren die Hawalladas leer gesaugt, würden vielleicht auch sie ihre Köpfe verlieren. Das wollte ich gar nicht wissen, und es war mir auch ziemlich egal.
»FBI und CIA tun, was in ihrer Macht steht, um die hiesigen Zellen aufzuspüren«, sagte George. »Aber meiner Überzeugung nach sind diese Hawalladas der schnellste Weg zu den Kerlen, die zu Hause in New Jersey oder wo auch immer mit einer Lastwagenladung Sprengstoff sitzen, den sie mit Cäsium umhüllt haben.«
»Was ist, wenn die Quelle keine brauchbaren Informationen liefert?«
George tat meinen Einwand mit einer Handbewegung ab. »Alles ist noch im Fluss. Sie fliegen einfach rüber, treffen sich mit den beiden Kerlen, die Ihr Team bilden, und warten auf meine Nachricht wegen des Treffs mit der Quelle.«
Er fixierte mich durchdringend. »Dieser Job ist äußerst wichtig, Nick. Haben Sie Erfolg, überlebt keiner dieser Kerle den 14. Dezember, vom 24. Dezember ganz zu schweigen.
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