Nick Stone 05 - Tödlicher Einsatz
operieren zu können, musste ein Team wie unseres drei Ziele erreichen. Als Erstes mussten innerhalb der Gruppe effiziente Kommunikation und Informationsaustausch sichergestellt sein; das Gleiche galt für die Kontakte zwischen dem Teamführer und dem
Auftraggeber.
Als Zweites musste die Gefahr, von Außenstehenden entdeckt zu werden, dadurch minimiert werden, dass wir unsere Verbindungsaufnahmen so weit wie irgend möglich beschränkten. Das bedeutete, dass wir nicht miteinander telefonierten, uns grundsätzlich nur in dem sicheren Haus trafen und auch diese Treffen aufs operativ Notwendige beschränkten. Es durfte keine Kommunikation außer per E-Mail, keine Straßenkarten mit Markierungen und überhaupt nichts auf Papier geben. Wir mussten uns alle Informationen einprägen und merken. Je weniger Spuren wir hinterließen, desto größer waren unsere Überlebenschancen.
Das dritte Ziel war die Schadensbegrenzung für den Fall, dass ein Mitglied des Teams enttarnt und aus dem Verkehr gezogen wurde. Das erforderte, dass wir die Zahl der direkten Kontakte untereinander möglichst reduzierten und alle nur erfuhren, was wir unbedingt wissen mussten. Deshalb hatten wir uns getrennt und unsere Erkundungen bisher allein durchgeführt: Wurde einer von uns geschnappt, wusste er nicht, wo die beiden anderen waren, kannte nicht einmal ihre vollständigen Namen und wusste außer ihren E-Mail-Adressen absolut nichts über sie.
Die Arbeit unter diesen Einschränkungen bedeutete, dass wir Effizienz in Bezug auf Nachrichtenverbindungen, Informationsbeschaffung und Planung opfern mussten, aber so blieben wir am Leben. Da unser Einsatz nun beginnen würde, blieb uns nichts anderes übrig, als sichtbar als Team zu operieren, wodurch wir effektiver wurden, aber zugleich auch leichter zu entdecken waren.
Auf der Rückfahrt fuhr ich wieder auf der Promenade des Anglais in Nizza ein. In der Stadtmitte bog ich von der Küste weg rechts ab und fuhr nach Norden weiter. Ich schaltete Riviera Radio ein und hörte dieselbe langweilige Stimme, die ich schon auf der Hinfahrt gehört hatte. Der Moderator leierte einen schlecht getexteten Werbespot für leicht anzubringende Sicherheitsjalousien für Haus und Büro herunter. Dann folgte ein Überblick über die Schlagzeilen amerikanischer Zeitungen. Lauter trübselige Meldungen über Leute, die an Milzbrand starben. Ungefähr zum hundersten Mal seit meiner Abreise sagte ich mir, ich könne nur hoffen, dass niemand, den ich kannte, unter den Opfern sei.
Es dauerte nicht lange, bis die Nobelboutiquen, Luxushotels und Palmen einem Güterbahnhof, schmuddeligen Lagerhäusern und schmutzig beigen Wohnblocks aus den sechziger oder siebziger Jahren wichen, die viel zu eng zusammengebaut waren.
Ich folgte der Straße durch eine scharfe Linkskurve und über die Bahngleise, dann lag das Labyrinth aus Schnellstraßen zur Autobahn vor mir. Ich folgte dem Fluss. In dieser Jahreszeit war er nur ein hundert Meter breiter Streifen aus sandfarbenen Felsbrocken und Geröll, in dessen Mitte sich ein dünnes Rinnsal in Richtung Meer schlängelte.
Über schönen Häusern aus dem 19. Jahrhundert, die damals die Flussufer gesäumt hatten, ragten jetzt DIY-
Supermärkte und Lagerhäuser auf. Hier gab es keine Palmen, das stand fest. Und auch keine auf Hochglanz polierten Busse.
Vor mir erschien die Autoroute 8, als ich jetzt den Fluss überquerte. Sie führte über ein gut hundert Meter hohes Viadukt, das diesen Teil der Stadt überspannte, bevor sie in Richtung Monaco in einem Tunnel verschwand.
Alle Fahrten wären viel einfacher und schneller gewesen, wenn wir uns gestattet hätten, die Autoroute zu benutzen, aber das würde nicht passieren, außer die Situation wurde wirklich kritisch. Die Mautstationen hatten Überwachungskameras, und außerdem trieb die Polizei sich ständig dort herum und kontrollierte Steuer- und Versicherungsnachweise. Sicherheitshalber mussten wir sogar davon ausgehen, dass die Kameras mit neuester Technologie zur Gesichtserkennung ausgerüstet waren.
Wir mussten alle drei vermeiden, irgendwelche Spuren zu hinterlassen. Wir achteten darauf, nur in Cafés und Geschäfte zu gehen, die automatische Türen oder solche hatten, die sich mit der Schulter aufstoßen ließen. Auch nur eine Tasse Kaffee zu trinken, war ein schwieriges Unterfangen, weil wir keine Fingerabdrücke zurücklassen durften und sogar versuchen mussten, keine DNA zu hinterlassen. Dabei ging es nicht so sehr darum, was die
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