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Nick Stone - 06 - Feind ohne Namen

Nick Stone - 06 - Feind ohne Namen

Titel: Nick Stone - 06 - Feind ohne Namen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andy NcNab
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das Pulver in der Filmdose auf.« Kelly schnippte gegen den
    Trinkhalm. »Sie hatte sogar einen von diesen in ihrer Umhängetasche. Jedenfalls hat sie eine Line
    hochgezogen und den Trinkhalm dann mir gegeben.«
    Kellys ungewohnte Redseligkeit bewies mir, dass sie gern über dieses Thema sprach. Das machte mir Sorgen, aber ich ließ mir trotzdem nichts anmerken. »Und wie hat es sich angefühlt?«
    »Na ja, zuerst hat’s in meiner Nase und im Hals
    wirklich gebrannt, es hat echt wehgetan, aber das hat nur ein paar Sekunden gedauert. Dann hat es zu wirken begonnen, und mir ist’s vorgekommen, als schwebe mein Kopf. Als schwebe er wie ein Ballon über dem
    schlechten Zeug, das mich auf allen Seiten umgab. Ich war glücklich, und die Wirkung war im ganzen Körper zu spüren, sogar in meinen Fingern und Zehen. Dann
    wurden alle Farben kräftiger, und alle Töne waren irgendwie voller. Und so sind wir beide in den Unterricht gegangen – total relaxed.« Sie kicherte. »Hillbilly-Heroin, so nennen sie das Zeug. Ich bin nicht süchtig oder so, aber darüber haben Dr. Hughes und ich heute geredet.«
    Sie stand auf, wühlte in ihren Taschen und verschwand in Richtung Toilette, als wollte sie mir Zeit lassen, über meine Antwort nachzudenken.
    Kelly blieb zehn Minuten lang weg, und als sie
    herauskam, wartete ich am Ausgang. Wir stiegen wieder ins Auto und fuhren schweigend nach Bromley weiter, während ein starker Geruch nach Zahncreme und
    Mundwasser in der Luft hing.

    13
    London
    Freitag, 9. Mai, 8.30 Uhr

    Kelly lag noch im Bett, als ich auf Zehenspitzen
    hereinkam und meinen Schlafsack neben mein übriges Gepäck fallen ließ. Ich schlief auf der Couch im
    Wohnzimmer, das ich aber vor acht Uhr räumen musste.
    Gestern Abend hatte jemand aus der Klinik angerufen, um mit mir zu vereinbaren, wann Dr. Hughes mich heute Morgen anrufen konnte. Die Psychiaterin hatte zugesagt, mir irgendeinen Hinweis zu geben, wie es weitergehen sollte und zu welchen Schlussfolgerungen sie nach dem ersten Gespräch mit Kelly gelangt war.
    Carmen und Jimmy mampften Müsli und Toast in der
    Küche, deshalb entschuldigte ich mich und verzog mich mit einem Becher Kaffee in den Vorgarten. Mein Handy klingelte pünktlich zur vereinbarten Zeit. »Guten Morgen, Mr. Stone.« Ihr Tonfall war sehr sachlich; sie hatte offenbar noch eine Menge Telefongespräche zu führen. »Ich möchte Ihnen zwei Fragen stellen. Die Verätzungen an Kellys rechtem Zeigefinger – können Sie mir sagen, wie sie sich die zugezogen hat?«
    »Sie hat gesagt, das sei in der Schule passiert – im Physikunterricht.«
    »Isst sie normal?«
    »Wie ein Scheunendrescher.« Ich zögerte. »Hören Sie, sie hat mir von dem Vicodin erzählt.«

    »Tatsächlich? Das ist gut. Waren Sie besorgt?«
    »Sollte ich das sein? Ich habe mir nichts anmerken lassen, als sie davon geredet hat, aber es hat mir Sorgen gemacht. Ich habe mir kurz vorgestellt, wie Drogendealer vor dem Schultor herumlungern, aber in Wirklichkeit weiß ich nichts über dieses Zeug.«
    »Vicodin ist ein Opiat mit dem gleichen Wirkstoff wie Heroin und Kodein und kann zu schwerer Abhängigkeit führen. Darüber können wir eingehender sprechen, wenn Sie wieder hier sind. Da Kelly bereits mit Ihnen darüber gesprochen hat, könnten Sie vielleicht gemeinsam in meine Sprechstunde kommen.« Sie hielt einen Moment inne und sagte dann: »Mr. Stone, ich fürchte, dass sie außerdem an Bulimie leiden könnte. Die Verätzungen an ihrem Finger könnten sehr gut von ihrem eigenen
    Magensaft stammen. Ich vermute, dass sie sich den Finger in den Hals steckt, um sich zu erbrechen, wobei er an den Zähnen reibt. Das ist ein Problem, das bei Mädchen ihres Alters häufig auftritt, aber keine
    Komplikation, die in Kellys Fall willkommen wäre.«
    Ich kam mir plötzlich wie ein Idiot vor. »Sie putzt sich dauernd die Zähne und benutzt Mundwasserstrips, als könnten sie außer Mode geraten.«
    »Aha. Haben ihre Monatsblutungen schon eingesetzt?«
    »Letztes Jahr.« Josh hatte Tampons in ihrer
    Schultasche gefunden, und Kelly hatte sich damals gleich sehr erwachsen gefühlt.
    »Wissen Sie, ob sie noch welche hat?«
    »Nein, ich bin nicht sehr …« Ich fragte mich, worauf sie hinauswollte.

    »Machen Sie sich bitte keine Sorgen. Vielleicht muss ich Ihnen im Lauf der Zeit noch weitere Fragen dieser Art stellen. Hier geht’s nur darum, dass die Regel bei Frauen ausbleibt, die an extremer Bulimie leiden.«
    »Das ist eine ziemlich häufige

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