Nick Stone - 06 - Feind ohne Namen
des
schaumigen Kaffees ein. Kein Wunder, wenn Jimmy taub war. Ich wär’s an seiner Stelle auch geworden.
»Wahrscheinlich kommt noch ein dicker Brief für mich«, sagte ich. »Aber der ist nicht weiter wichtig, ich kann ihn später abholen, wenn ich mit meiner Arbeit fertig bin.«
Ich trank noch einen Schluck Kaffee, um die Kapseln hinunterzuspülen. Es hatte keinen Sinn, länger zu warten.
Ich musste endlich zur Sache kommen. »Carmen und
Jimmy, ich habe eine enttäuschende Mitteilung für euch.
Kelly muss morgen nach Amerika zurückfliegen.«
»Aber …«
»Ich weiß, ich weiß, aber ich muss doch länger
arbeiten, als ich dachte. Dr. Hughes hat mir versprochen, jemanden in den Staaten zu finden, der Kelly helfen kann, sodass wenigstens dafür gesorgt ist.«
»Es ist bestimmt keine gute Idee, sie Hals über Kopf
…«
»Ihr müsst mir einen Gefallen tun«, unterbrach ich Carmen, »und sie auf einen anderen Flug umbuchen.
Könnt ihr das für sie tun?«
»Oh, aber dafür haben wir nicht das Geld.« Kein
Problem war zu klein, um Carmens Radar zu entgehen.
»Wenn ihr sie umbucht, zahle ich alles mit meiner Kreditkarte, ich rufe die Fluggesellschaft später an, um meine Kartennummer durchzugeben. Ich habe nur nicht die Zeit, um alles zu organisieren, und Kelly hat ihr Ticket bereits. Ich muss ab 12 Uhr wieder arbeiten.«
»Was sollen wir also machen?«
»Hast du einen Kugelschreiber?«
Sie angelte einen aus ihrer Handtasche, und ich schrieb London Heathrow nach Baltimore, American Airlines, Sonntag, 11. Mai auf eine Papierserviette.
»Mehr braucht ihr nicht«, sagte ich. »Ruft einfach American Airlines an, die Nummer steht auf dem Ticket.
Lässt der Flug sich nicht umbuchen, bucht ihr Kelly für irgendeinen Flug, der morgen nach Baltimore geht. Das macht jedes Reisebüro für euch. Ihr sagt einfach, dass ich anrufe, Sobald der Flug gebucht ist, und den Rest erledige.«
Ich bemühte mich, alle Hindernisse aus dem Weg zu räumen, bevor Carmen sich auf sie einschießen konnte, aber sie machte trotzdem weiter ein Gesicht, als habe sie eine Wespe verschluckt. »Wann willst du es ihr sagen?
Gott, das bringt sie bestimmt noch mehr durcheinander, die arme Kleine!«
»Ja, ich weiß. Trotzdem geht’s nicht anders.«
Ich kontrollierte fast unbewusst die Signalstärke des Nokia, was Carmen noch besorgter machte. »Musst du etwa schon gehen?«
Ich war versucht, Ja zu sagen, und sie einfach sitzen zu lassen, aber der kroatische Kaffee war gut. Und Kelly liebte Carmen trotz aller ihrer Fehler; deshalb hatte ich die Doxycycline-Kapseln an sie geschickt – für den Fall, dass es ein Drama gab, sobald Kelly sicher außer Landes war.
Wir hoben alle unsere Tassen und tranken in
unbehaglichem Schweigen. Jimmy spielte mit seinem Löffel, und Carmen beobachtete erst den Verkehr auf der Straße und sah dann zu mir herüber, als fehlten ihr die Worte, um etwas auszudrücken, was sie gern gesagt hätte
– ein ihr normalerweise unbekanntes Problem.
Zwei, drei Minuten später war ich fertig und wollte meine Geldbörse zücken.
»O nein, das erledigen wir, nicht wahr, Jimmy?«
Ich lächelte. »Danke. Nun, ich glaube, wir sollten jetzt lieber …«
»Nick?« Carmens Hand lag auf meinem Arm. »Hör
zu, ich möchte dich etwas fragen. Bevor du gehst. Für den Fall, dass du …« Sie kämpfte noch immer.
Ach, Scheiße. Jetzt würden sie mich auch noch um
Geld anschnorren.
»Ich … Nun, wir, Jimmy und ich … Wir möchten dich etwas fragen. Es hängt mit Kevin zusammen.« Sie
verbrachte einige Zeit damit, sich umständlich zu räuspern. »Er hat uns nie gesagt, was er eigentlich macht, aber wir konnten es erraten. Er hatte den gleichen Job wie du jetzt, stimmt’s?«
Das war schwierig. Durfte ich auspacken, wenn Kevin es für richtig gehalten hatte, ihnen nichts zu erzählen?
Aber scheiß drauf. »Ja, irgendwie schon.«
»Er war bei einer staatlichen Dienststelle, nicht wahr?«
»Ja.«
Carmen lächelte, und Jimmy sah aus, als würde er
gleich vor Stolz platzen. »Das haben wir uns gedacht.«
Dann verblasste ihr Lächeln. »Nick, deswegen machen wir uns solche Sorgen. Hör zu, wir haben unsere
Meinungsverschiedenheiten gehabt, aber im Innersten wissen wir, dass du Kelly liebst und nur ihr Bestes willst.
Das wissen wir, und wir verstehen auch, dass du nicht die Art Job hast, wo du einfach Nein sagen kannst, wenn du gerufen wirst. Für dich ist es bestimmt nicht leicht, alle diese Dinge unter einen Hut
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