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Nick Stone 07 - Schattenkiller

Nick Stone 07 - Schattenkiller

Titel: Nick Stone 07 - Schattenkiller Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andy McNab
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Du musstest Distanz wahren. Wenn alles wie vorgesehen abgelaufen wäre, hättest du weitaus mehr Menschen gerettet, als dort ums Leben kamen. Verstehst du?«
    Ich verstand durchaus, aber dadurch fühlte ich mich nicht besser. Ich wollte die Sache noch immer mit Nuhanovic besprechen.
    »Erinnerst du dich an die Kevin-Carter-Aufnahme in meiner Wohnung? Du weißt schon, das Kind und der Geier?«
    Ich nickte und merkte, dass ich mir gerade übers nasse Haar gestrichen und dann an der Hand gerochen hatte, wie ein Süchtiger. Es war schon eine ganze Weile her, seit ich das zum letzten Mal gemacht hatte.
    »Drei Monate nach dem Bild befestigte der arme Kerl einen Schlauch am Auspuff seines Pick-ups und atmete das Zeug ein. Kevins Problem bestand darin, dass er der Welt nicht sagen konnte, ob das Mädchen überlebt hatte. Er war ehrlich. Er gab zu, dass er zwanzig Minuten dagesessen und darauf gewartet hatte, dass der Geier die Flügel ausbreitete. Als das nicht geschah, machte er das Bild trotzdem. Und dann saß er weinend unter einem Baum, sprach zu Gott und dachte an seine eigene Tochter. Nach seiner Rückkehr in die Staaten bekam er mitten in der Nacht Hassanrufe, weil er dem Mädchen nicht geholfen hatte. Eine der verdammten Zeitungen schrieb sogar, und das werde ich nie vergessen: >Der Mann, der die Kamera einstellte, um das Leid richtig zu erfassen, war genauso ein Räuber wie der Geier im Hintergrunds Der Gedanke an das Mädchen ließ ihn nicht mehr los.«
    Ich wusste, wie er sich gefühlt haben musste. Ich bekam Zinas schlamm- und blutverschmiertes Gesicht nicht aus meinem Kopf heraus, und mit der gleichen Beharrlichkeit klebte Kellys Geruch an meinen Händen.
    »Es war nicht fair, ihn anzugreifen. Wenn ich meine Kamera auf einen Sterbenden richte, wenn ich ein Bild mache und mir vielleicht sogar ein Kunstwerk gelingt, so schreie ich doch innerlich und würde ebenfalls gern unter einem Baum weinen. Weißt du, Nick: Diese naiven Weltverbesserer und Humanitätsapostel haben nur ein kleines Mädchen gesehen. Kevin hat damals von einer Hungersnot berichtet, und das Mädchen war nur eins von hunderten, die er an jenem Tag sterben sah. Ohne dieses Bild hätten die bequemen Besserwisser daheim überhaupt nicht gewusst, wo der Sudan ist.«
    Wir lagen nach wie vor dicht nebeneinander, während der Regen herabprasselte.
    »Und noch etwas, Nick. Ich wollte Fikret in den Wagen setzen und dann in ein Flugzeug mit den Staaten als Ziel. Aber was macht man, wenn man hunderte wie ihn sieht, wohin man auch blickt? Ich denke noch immer an ihn, frage mich noch immer, ob er überlebt hat. Vielleicht spielt er jetzt gerade Fußball. Vielleicht liegt er in einem Massengrab. An manchen Tagen zerreißt es mich förmlich.« Jerry atmete tief durch. »Ich glaube, ich kann mir vorstellen, was du durchgemacht hast. Hör auf, dich damit zu belasten.« Er legte mir die Hand auf die Schulter. »Die ganze Welt ist Scheiße, Mann. Du hast getan, was deiner Meinung nach richtig war. Das Hinterher ist für die Idioten, die nicht dort draußen gewesen sind und nie solche Entscheidungen treffen mussten. Seit Chloes Geburt denke ich mehr über diesen Mist nach.«
    »Wem sagst du das.«
    Jerry wirkte überrascht. »Hast du Kinder?«
    Ich rieb meine halb gefrorenen Hände aneinander. »Sie hieß Kelly.«
    Vielleicht hatte Ezra Recht. Vielleicht gab es einen richtigen Moment, an dem alles herauskommt. Vielleicht hätte ich mich nicht einmal dann zurückhalten können, wenn ich es wirklich versucht hätte.
    Ich begann damit, Jerry alles zu erzählen.
    »Ihre Eltern waren meine Freunde, meine einzigen Freunde. Kellys kleine Schwester war mein Patenkind. Als die Eltern ermordet wurden, in ihrem Haus außerhalb von Washington, war Kelly erst neun. Ich kam zu spät und konnte nur Kelly retten - als Einzige. Damals wusste ich es noch nicht, aber sie war auch das Einzige, was mir geblieben war.«
    Der Regen ließ ein wenig nach, als ich von jenem Tag erzählte, und den Wochen, die Kelly und ich anschließend unterwegs waren, und wie es sie schließlich zu Josh und seiner Familie in Maryland verschlagen hatte. »Er ist jetzt Pfarrer in irgendeiner Kirche .«
    Ich berichtete, dass ich mich nicht richtig um sie gekümmert hatte, und wie etwas in mir gestorben war, als ich Kelly auf Dauer Joshs Obhut übergab, wobei ich mir einzureden versuchte, dass es so besser für sie sein würde.
    Jerry zitterte und bebte und schien zu verstehen. »Wie kommt man über so etwas

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