Nick u. Jan 1 Zweite Halbzeit
Dietlinde mal wieder den Ansatz nachfärben lassen und gehst aus! Was hier vor die Hunde geht, das ist dein Selbstwertgefühl...“
„Ich soll ausgehen?“ Ich bin ziemlich verblüfft, muss ich sagen.
„Ja, ausgehen, flirten ... das baut dich auf! Ich kenn' dich doch ... allerdings: Bettgeschichten sind tabu!“, droht sie mir.
Als ob ich im Augenblick den Nerv' hätte, wen aufzureißen!
Am Sonntagabend macht Dietlinde mir tatsächlich die Haare. Ich habe mich vorher mit einem 10-km-Lauf mental darauf vorbereitet und nun sitze ich in der Küche und bin gewillt, das Getue der beiden 'Busenfreundinnen' (auf Uli trifft's echt zu ... Körbchengröße A? Oder B?) gutmütig zu ertragen. Dietlinde macht an meinen Haaren 'rum und tippelt zwischendurch immer mal zum Küchentisch, wo er sich mit Baileys stärkt, der von Uli großzügig nachgeschenkt wird. Ihrer beider Hausmarke.
„Die große Liebe? Die richtige, echte, wahre Liebe? Der Mann für's Leben? Ach, Ulilein , dass wir das noch miterleben dürfen! Komm', schenk noch'n Baileys ein!“
Uli hat natürlich von 'Russell' erzählt und mit großer Wahrscheinlichkeit in den höchsten Tönen von ihm geschwärmt, so wie er ihn letzten Mittwoch angegafft hat. 'Bestimmt hat er gesabbert vor Begeisterung', denke ich gehässig. „Warum sagt unser kleiner Süßer denn nichts?“, beschwert sich Dietlinde und nippt geziert am Glas. „Junge, erzähl doch mal!“ Josy weiß Bescheid.
„Und? Was willst du jetzt machen?“, hat er mich gefragt, als ich am Nachmittag zurück von Franziska zu ihm ins Zimmer gehe und ihm alles berichte.
Er hat wieder kleine Setzlinge dabei, die er umtopft. Josy ist Gärtner.
Ich bin immer wieder erstaunt, wie behutsam er mit seinen Riesenfingern die winzigen Pflänzchen behandelt. „Erst mal nichts ... also, ich will ihn nicht anrufen ... und wenn er anruft, bin ich nicht da. Ich zieh' so lange zu Franziska. Du sagst ihm nichts, okay?“
„Kennst mich doch ... und was ist mit Uli? Dem kannste nichts sagen, der verplappert sich!“
„Ich sag' auch nichts! Wenn ich heute Abend weg bin, denkt er doch, ich bin bei Jan! Der wird schon keine Fragen stellen!“
Ich sitze bei ihm auf dem Bett, habe den Kopf auf die Hände gestützt.
Josy sieht mich an.
„Scheiße, was?“, sagt er.
Josy kann manchmal richtig gefühlvoll sein.
„Also, es war so ...“
Ich erzähle unsere love-story von Anfang an. In allen Einzelheiten. (Die Einlage mit der Nutella kommt besonders gut an!) Lasse bloß den Schluss weg. Sie starren mich danach ehrfürchtig an. „Ach“, seufzt Dietlinde, „Kinder, isses nicht schön?“
Jan
Nick ist nicht da. Josy war am Apparat. Sein Handy ist ausgestellt.
Den ganzen Abend warte ich darauf, dass das Telefon klingelt. Schließlich ziehe ich mich um zum Laufen. Ich muss mich bewegen, bin total nervös.
Beim Laufen denke ich an letzte Nacht. Wie er da saß. Zusammengekauert. Er sah so fertig aus. Ob er geweint hat? Ich bereue es so, diesen Scheiß gelabert zu haben!
Ich will es doch gar nicht lassen! Ich will auch keine Pause!
Ich will ihn sehen ... und berühren.
Festhalten, küssen ... und mit ihm schlafen. Ich liebe ihn doch.
Zuhause betrete ich gerade das Wohnzimmer, als endlich das Telefon klingelt.
Ich renne zum Flur, doch da ist schon meine Mutter. „Was? Ja, wenn du den blauen Pullover nicht findest, nimmst du einfach einen anderen ... noch was ... im Wäscheschrank oben links ...“ Gehe frustriert ins Bad. Nur mein Vater.
Nach dem Duschen gehe ich wieder mit dem Telefon ins Gästezimmer. Nichts.
Lediglich Josy, der mir sagt, dass er nicht weiß, wo Nick sich aufhält.
Nick
Ich schiebe ein paar Extra-Schichten Taxi, fahre auch nachts. Das mach' ich eigentlich nicht so gern.
Nicht von wegen Überfall oder so ... ich hab' immer die Befürchtung, Besoffene im Auto zu haben, die sich richtig auskotzen ... Dieser Gestank!
Bei 'nem Kollegen von mir hat einer mal genau die Lüftungsschlitze getroffen. Der Wagen war hin.
Morgens um vier soll ich einen zum Hauptbahnhof fahren.
Ich fahre langsam in die Straße, sehe die Gestalt, denke 'den kennst du doch ...?'
Und dann öffnet der Typ die Tür. Wir sehen uns an.
„Benni!“
„Nick!“
Der Triathlet.
Er wirft seine Tasche nach hinten und setzt sich neben mich. Beugt sich gleich vor und küsst mich schamlos.
Ich bin ziemlich perplex.
„Ey - was ist? Fahr los!“, grinst er.
Wir hatten mal ein paar lustige
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