Nick u. Jan 1 Zweite Halbzeit
küsste ich ihn einfach auf den Mund. Es war' mir verdammt verlogen vorgekommen, ihm bloß so unverfänglich auf die Schulter zu klopfen, als wäre er ein flüchtiger Bekannter. Ich bin mit ihm zusammen, das ist nun mal 'ne Tatsache. Und je lockerer ich dazu stehe, desto normaler wird's vielleicht auch irgendwann mal für alle, die uns kennen!
Wolfgang starrte mich im Auto an.
„Das war doch jetzt nur 'n Gag, oder?“ Ich schnallte mich an.
„Was?“, fragte ich, obwohl ich genau wusste, auf was er hinauswollte.
„Na, hör' mal, von wegen 'Lustknabe' und dieses Küsschen da eben ... wer ist'n das eigentlich? Ein Verwandter?“ Er fuhr los.
„Nick ist mein Freund.“
Wolfgang war ziemlich durcheinander.
„Ja, aber ... wie jetzt?“
„Es ist wirklich so, wie ich's sage: Er ist mein Freund ... im Sinne von - Geliebter - er schläft bei mir im Bett und wir treiben da allerhand Sachen! Aber ansonsten bin ich ganz der Alte, keine Angst!“
Ich sah Wolfgang belustigt an, der plötzlich enorm Gesichtsfarbe bekommen hatte. Sonst hat er die erst nach diversen Bierchen. „Dann bist du jetzt...?“
„Schwul!“, sagte ich launig, „ja, so nennt man das!“ Er bremste und fuhr rechts ran. Wischte sich den Schweiß von der Stirn.
„Mensch, Jan ... also ... das ist ja'n Ding ... ja, aber ... und die Leute?“
„Welche Leute?“
„Na - Familie, Freunde ... und deine Frau! Was sagt die denn dazu?“
„Die hat doch auch 'n Freund“, sagte ich, „was sollte sie dagegen haben?“
„Na, hör' mal, das ist ja wohl was anderes ... und deine Kinder? Dein Sohn! Wie findet's der denn?“
„Okay“, sagte ich. „Neulich hörte ich, wie er zu Nick sagte: 'Mit Mama konnte man nicht Fußball spielen ...' Sie verstehen sich bestens ... guck' mich nicht so an! Ja, es war natürlich für alle ein Riesenschock, aber die Kinder haben's noch am besten weggesteckt, weil sie Nick ja auch von Anfang an kannten!“ Mein Vater wird's wohl nie akzeptieren.
Ist echt schade, es tut mir so leid für Nick, aber er will nichts mit ihm zu tun haben.
Meiner Mutter hab ich's ja an dem bewussten Donnerstag im August gesagt, als ich mit ihr und den Kindern in den
Heidepark gefahren bin....
Sie war für den Rest des Tages völlig fertig. Es tat mir leid für sie, aber ich hatte keinerlei Schuldgefühle. Ich war unheimlich gut drauf, ja, regelrecht euphorisch, weil ich spürte, dass die beiden Großen es offenbar akzeptieren konnten.
An jenem Abend fuhr ich noch nach Hamburg. Nick und ich sind tanzen gegangen.
Ich! In 'ner Disco! Mir war alles egal. Ich war so verliebt in ihn (was heißt 'war'? 'Bin'!), dass es mich überhaupt nicht störte, ihn vor all den fremden Leuten da abzuknutschen.
Wir blieben nicht lange. Wir fuhren erst zu ihm, wo wir unsere „Wiedervereinigung“ feierten, dann zu mir. Es war schon eine ungewohnte Situation, Nick im Schlafzimmer zu haben, obwohl meine Mutter da war ...
Ich ließ ihn am nächsten Morgen ausschlafen, weckte ihn erst, als ich los musste.
„Jan“, sagte er ganz müde, „warum hast du mich nicht schon früher geweckt?“
Ich betrachtete ihn voller Liebe und dachte: 'Unglaublich ... vor zwei Monaten war ich noch mit Renate zusammen und alles lief seinen langweiligen Trott und jetzt? Die beste Veränderung meines Lebens hat vier Buchstaben: Nick.
Es fiel mir echt schwer an diesem Morgen, unser Schlafzimmer zu verlassen! Es war eine ganz besondere Nacht für uns zwei. Ich weiß nicht, wie ich's sagen soll, aber ... er war anders als sonst... nicht so passiv und anschmiegsam, eher ... fordernd ... es wurde Zeit für andere Varianten.
Auch das ist okay. Alles ist okay mit ihm. Weil ich ihn liebe.
Wolfgang konnte sich erst gar nicht beruhigen. „Und im Geschäft? Wie geht's da weiter?“
„Na, wie wohl? Genauso wie immer! Bin ich jetzt nicht mehr arbeitstauglich? Ich lebe bloß mit 'nem Mann zusammen!“
„Mann? Wie alt ist er denn?“, fragte er.
„Fünfundzwanzig. Hör' mal, Wolfgang, du bist nicht nur ein Kollege, sondern auch ein Freund und deshalb wollte ich's dir auch nicht verschweigen ... aber ich geh' jetzt nicht rum und sage allen: 'Ich bin schwul!' Allerdings werd ich's auch nicht verleugnen“, setzte ich hinzu. „Er bedeutet mir sehr viel, weißt du?“
Wolfgang sah mich kopfschüttelnd an.
Nick
Ich lasse ihm also ein Bad ein. Katharina und Lily kommen runter.
„Baden?“, fragt mich Lily großäugig. „Jetzt?“
„Papa“, sage
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