Nick u. Jan 1 Zweite Halbzeit
Eckernförde bleiben wolle.
„Dann habt ihr noch ein bisschen Zeit für euch ...“ Sie ist echt nett.
Wir fahren also alle gemeinsam kurz nach zwei los (ich hab' nur für Lily was zu essen gemacht, die Großen werden bei Renate Mittag bekommen) und ich bin froh, dass Martin mich seinen Volvo fahren lässt.
Irgendwie trau' ich ihm da nicht. Wer so 'ne große Einfahrt wie unsere verpasst, der rammt womöglich noch'n Pfeiler der Köhlbrand -Brücke.
Ich setze zuerst die Kinder ab, dann ihn vorm Verlagshaus und fahre zu Franziska. Wir haben uns schon lange nicht mehr gesehen.
Sie macht sich gerade 'Frühstück'. „Na, Großer?“, sagt sie.
„Wieso 'Großer'? Bist du schwanger?“, frage ich sie, „erwartest du noch was Kleines?“
Sie lacht fröhlich. „Ach wo, aber ... ich hab' tatsächlich jemanden kennen gelernt.“
„Ach nee! Erzähl'!“, sage ich und gieße uns beiden Kaffee ein.
„Du kennst doch den alten Herrn Lose“, sagt sie. „Natürlich!“ Seine Bettpfanne habe ich als Zivi damals doch am liebsten entsorgt. Wir hatten immer 'ne Menge Spaß! Er war so'n richtig lustiger Alter und überhaupt nicht spießig. Dass ich schwul war, wusste er natürlich auch.
„Na? Schon den neuen Pfleger gesehen?“, feixte er, „war 'der nichts für Sie?“
Er spielte auf Giovanni an, einen kleinen knackigen Italiener.
Natürlich hatte ich den schon erspäht! Der war' mal direkt kleiner gewesen als ich, aber er hatte 'ne Freundin, die ihn jeden Abend abholte.
„Nee, ich bin doch Hamburger. Fisch mit Nudeln, das passt nicht!“
Er lachte zahnlos.
(„Mein Gebiss wird geschont - das trage ich nur bei festlichen Anlässen - bei Beerdigungen!“)
Herr Lose. Leider hatte er dann einen Schlaganfall, von dem er sich nie wieder richtig erholte. Sprechen konnte er seitdem auch nicht mehr.
Wenn ich mal Franziska zur Arbeit bringe, weil ich gerade wieder Taxi fahre, dann besuche ich ihn aber immer noch. Er erkennt mich, ich weiß es.
Ich erzähle ihm dann von mir und er drückt meine Hand. Irgendwie bin ich froh, dass ich ihm noch von Jan erzählen konnte ... Ich erzählte also unsere Liebesgeschichte und als ich fertig war, dachte ich erst, er wäre eingeschlafen. Aber dann öffnete er seine kleinen alten Augen und sah mich an. Sie glänzten und eine Träne lief ihm aus dem Auge. Ich wischte sie vorsichtig weg und küsste ihn auf die runzlige Wange. Ich musste selbst ganz schön schlucken.
„Also der Enkel von Herrn Lose“, beginnt sie.
„Der Enkel? Stehst du jetzt auf Jüngere?“, unterbrech ' ich sie.
„Der Enkel ist achtundvierzig, Herr Lose ist schließlich schon Asbach, über neunzig, ja?“
„Ach so“, tue ich erleichtert, „ich dachte schon, ich müsste mich jetzt mit irgendwelchen Halbstarken rumärgern!“
„Kannst du nicht mal ernst bleiben?“, fragt sie. „Wieso? Du hast mich doch Nick genannt!“ „Nicolas!“, sagt sie drohend.
„Bitte nicht“, sage ich, „alles, nur nicht Nicolas ... meinetwegen auch Ernst.“
Also dreimal war sie schon mit ihm aus.
„Zweimal italienisch essen und einmal ins Kino.“
„Was für'n Film?“, frage ich.
„ Three hours “, sagt sie.
„Oh“, sage ich, „er gibt sich Mühe ...“
„Wieso?“, fragt sie kratzbürstig.
„Das ist'n echter Frauenfilm!“, sage ich.
„Ed Harris spielt 'n Aids-Kranken!“
„Na, sag' ich doch - ein Frauenfilm!“
„Ach, du und deine Gewaltfilme!“
„'Gladiator' ist'n Epos, ja? Ein Monumentalfilm, ein ...“ „Ist dir völlig schnurz , weil du bloß auf Russell Crowe stehst!“ „Na und?“
„Wie geht's euch beiden?“, fragt sie dann.
„Gut“, sage ich, „ich bin froh, wenn er wieder da ist! Ach, du glaubst nicht, wie klein die Welt ist... weißt du, mit wem ich drei Tage lang von morgens bis abends zusammen war? Mit Mats. Du weißt doch noch, wer das war, oder?“ Sie sieht mich seltsam an.
„Der kleine Schwede sagt sie.
„Genau! Bloß ist er jetzt mindestens 1,95m. Lange Haare hat er und er ist braungebrannt wie 'n Spanier - er sieht irre gut aus!“
„So ... und?“, fragt sie kühl.
„Na, was - und?“, frage ich zurück.
„War's schön mit ihm?“ Jetzt tick' ich's erst.
„Nee, da lief nichts ... Martins Frau hatte ihn als Anhängsel mitgebracht“, sage ich.
„Oh, ist er nicht mehr schwul?“, fragt sie.
„Doch ... und wie! Er hat mich pausenlos angemacht, aber außer ein paar Küsschen ist nichts gewesen ... obwohl mir Jan sogar durch die Blume zu verstehen
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