Nick u. Jan 1 Zweite Halbzeit
Heidenangst machen...
Was hab' ich mal gelesen? Die Leute, die Homosexualität am ärgsten verteufeln, sind selbst gefährdet. Mein Vater ein heimlicher Schwuler?
Wenn's nicht so traurig wäre, könnte ich mir echt auf die Schenkel klopfen.
Ich freu' mich auf zu Hause.
Auf Nick.
Nick
Montagabend ist Mats ganz brav und ich gehe zu ihm rüber und plaudere noch mit ihm.
Er erzählt mir, dass er gern in Deutschland arbeiten möchte.
„Am liebsten Übersetzungen vom Schwedischen ins Deutsche“, sagt er. „oder umgekehrt... ich spreche ja beides.“ Er spricht wirklich perfekt und nahezu akzentfrei. „Damals hast du noch nicht so viele Vokabeln gekannt“, sage ich. „Ein paar schon! Geil, scharf, rattig , spitz, heiß, schneller, mach' weiter, mein Süßer, mein Liebster ... Das waren die ersten deutschen wichtigen Vokabeln für mich“, zählt er grinsend auf, „die hab' ich nie vergessen!“
Ich schmunzele. „Stimmt“, sage ich, „wir waren ganz schön wild, was?“
„Es war klasse! Ich bin total glücklich nach Hause gefahren und hab' mich gleich an Ole rangeschmissen, auf den ich vorher schon ein Auge geworfen hatte.“ „Und?“, frage ich.
„Na wunderbar war's“, sagt er, „er zog dann leider bald nach Stockholm und ich musste mir Ersatz suchen.“ „Was dir todsicher schon bald gelang“, vermute ich. Er lächelt.
„Es war echt toll mit dir, Nick...Ehrlich gesagt, ich war ganz schön traurig die erste Zeit und Ole war zwar nett, aber die Sache mit dir ...“ Er seufzt.
„Ging mir auch so“, sage ich, „und lange Zeit lief erst mal nichts...“
Wir hängen beide unseren Erinnerungen nach.
Ich hielt's irgendwann nicht mehr aus und bin auf so 'ne schwule Veranstaltung im Magnus-Hirschfeld-Zentrum gegangen.
Naja. Dann ging's halt los mit diversen Typen und ich sammelte Erfahrungen.
Ein paar waren so richtig fiese Stecher, die mich danach ganz schön auflaufen ließen. Ich war halt damals noch ganz jung und naiv und habe an Liebe geglaubt. Meine Illusionen wurden ziemlich zerstört.
Irgendwie habe ich aber den Traum von 'Liebe' nie aufgegeben. Hoffnungslos romantisch, was?
Ein paar Mal dachte ich schon, 'das ist es jetzt', aber die Typen hatten spätestens nach ein paar Wochen genug und machten mit anderen rum.
Tom fiel mir ein.
Er kam aus 'nem piekfeinen Haus, sein Vater war Rechtsanwalt oder so. Die hatten 'ne Villa mit 'nem Swimming-Pool im Keller, das war voll der Wahnsinn ! Sein Bruder hatte uns da mal erwischt ... peinlich. Allerdings wär's schlimmer gewesen, wenn's sein Vater gewesen wäre. Der durfte es nämlich nicht wissen. Das war gleich nach dem Abi. Wir wollten zusammen Grafik-Design studieren, aber sein Alter erwischte ihn mit seinem Gitarrenlehrer und setzte ihm die Pistole auf die Brust: Entweder Jura und Unterstützung satt oder aber brotlose Kunst und arm wie 'ne Kirchenmaus.
Er ist, glaube ich, nach Göttingen gegangen.
Was wohl aus ihm geworden ist? Mit dem war ich fast vier Wochen zusammen! Auch so'n geiles Luder, das nicht treu sein konnte!
Während dieser ganzen Zeit der leidvollen Wechselbeziehungen war ich froh, in Josy einen echten Freund zu haben.
Total normal und einfach nur anständig und nett. Einmal hab' ich sogar bei ihm im Bett geschlafen.
Ich hatte gerade mal wieder eine böse Enttäuschung erlebt – der Typ, mit dem ich aus war, machte auf dem Klo in der Disco mit so 'nem jungen Pickelgesicht rum. Das nahm ich ihm richtig übel, weil ich gegen echte Schönheit noch nicht mal was gehabt hätte, aber
1. Auf 'm Klo ( wie notgeil muss man sein, oder?) und
2. So'n hässlicher Knabe. Dagegen war ich Gold.
Ich saß also bei Josy im Zimmer und heulte Rotz und Wasser und er reichte mir wortlos ein Tempo nach dem anderen. Wir hockten nebeneinander und irgendwann wurde ich total müde von der ganzen Heulerei - es war ja auch schon zwei oder drei Uhr nachts oder so und er sagte: „Pack' dich hier mit hin, dann biste nicht so allein.“
Ich war echt dankbar und zog mich aus bis auf Unterhose und T-Shirt. Dann lagen wir nebeneinander im Bett und er sagte:
„Nimm's nicht so schwer. Der Typ war ein Schwein ... irgendwann hast du auch mal Glück und findest 'nen Netten ... so einen, wie du's bist. Schlaf gut.“ Es war einfach nur schön, neben ihm zu liegen.
Uli platzte am nächsten Vormittag herein und ich dachte, ihm fallen die Augen raus, als er uns sah. „Was?“, schrie er schrill, „Josy und du?“
„Na ja“, sagte ich
Weitere Kostenlose Bücher