Nick u. Jan 1 Zweite Halbzeit
war froh, dass sich wenigstens noch die Bettdecke zwischen uns befand und an die klammerte ich mich jetzt mit letzter Kraft.
„Mats, geh' runter, ich werde echt sauer!“
„Spielverderber“, murrte er und setzte sich wieder auf.
Ich konnte ein erleichtertes Aufatmen nicht unterdrücken.
„Wir hätten 'ne Menge Spaß haben können“, sagte er maulig an der Tür.
„Viel Spaß mit dir selbst!“, rief ich ihm fröhlich hinterher. Er winkte genervt ab.
'Och, kann doch auch mal ganz nett sein', dachte ich und schritt energisch zur Tat.
Sie lassen mich an der WG aussteigen. Ich habe beschlossen, mal nach dem Rechten zu sehen und außerdem brauch' ich mein Fahrrad.
Uli und Dietlinde frühstücken gerade.
„Sieh 'einer an, der Untermieter ist auch mal wieder da“, frozzelt Uli.
Er vermisst mich, ich weiß das, er will's bloß nicht zugeben.
„Na? Noch kein Baileys? Was ist denn los mit euch? Ein Kater von gestern? Oder habt ihr bloß eure Tage?“ „Erzähl' du's ihm“, sagt Uli und tut ganz schwach. „Ich schaff's nicht.“ Er winkt ab.
'Er sollte sich einen Fächer anschaffen wie Karl Lagerfeld ,' denke ich. 'Das würde sich gut machen.'
Ich notiere es innerlich auf meiner privaten Geschenkeliste.
Uli würde natürlich nicht so dynamisch wedeln wie der Modezar, bei ihm würde es mehr wollüstig erschöpft wirken. Doch, das hätte was! Ich werd' mich beizeiten mal umsehen in der Stadt!
Dietlinde hat ganz rote Haare und sie stehen stachlig ab.
„Ey, deine neue Frisur ist gut“, sage ich lobend, „siehst jetzt viel jünger aus! Wie vierzig!“
Dieter ist, glaube ich, so alt wie ich.
Er verzieht seinen Schmollmund zu einem winzigen Lächeln und erinnert mich an Tony Curtis als 'Josephine' in ' Some like it hot '. Er setzt sich geziert auf und sagt nur: „Josy.“
Ich sehe auf meine Uhr. Na ja, heute erster Tag, da läuft ohnehin noch nicht viel in der Uni.
Jetzt beginnt das vertraute Spielchen des Nachrichtens -aus- der-Nase-ziehen.
Ich schlucke den Köder und frage artig:
„Was ist mit Josy?“
Sie sehen sich beide groß an.
„Er weiß es noch nicht!“, quiekt Uli. Er ist richtig euphorisch. Endlich hat er mir mal was voraus!
„Redet schon! Was ist mit Josy?“, hake ich nach.
Dietlinde lehnt sich vor und legt seine manikürte Hand auf meinen Arm.
„Er ist nicht mehr allein“, sagt er dramatisch.
„Was? Josy hat 'ne Freundin?“, rufe ich begeistert, „das ist ja'n Ding! Wie ist sie?“
„Was ist sie, täte ich an deiner Stelle fragen“, sagt Uli gequält und sieht theatralisch zur Decke. Ich seufze.
„Also gut: Was ist sie?“, frage ich ergeben.
Sie sehen sich wieder an und sagen beide gleichzeitig:
„Schwanger!“
„Was? Von Josy?“, frage ich blöd.
„Na ja, also die Kirche ist sich da oftmals auch nicht einig von wegen Jungfrauengeburt und unbefleckter Empfängnis ...“ Uli faltet demütig die Hände.
„Ach, red ' keinen Scheiß! Hat Josy gesagt, dass das Kind von ihm ist?“
„Ach wo, mit keinem Wort“, sagt Dietlinde, dann aber lehnt er sich wieder vor und sieht mich beschwörend an.
„Allerdings hörte ich genau, wie sie auf dem Flur fragte, also ich zitiere wortwörtlich: 'Freust du dich über unser Kind?' Und er antwortete, Zitat: 'Ja.' Zitat Ende. Das ist die Wahrheit, die volle Wahrheit und nichts als die Wahrheit.“
„Amen“, sage ich.
Na, das ist ja wirklich 'ne Neuigkeit! Und Josy hat mir noch nichts erzählt!
„Sieht man's schon?“, frage ich. Sie gucken verständnislos.
„Na, ihren Bauch, ihr Trottel!“, sage ich.
„Ach so. Nein, sie ist noch ganz dünn.“
„Weißt du, wie sie aussieht?“, fragt Uli, „wie Winona Ryder!“
Ich fühle mich wie auf dem Sunset Boulevard.
Russell Crowe , Jeff Goldblum und jetzt auch noch Winona Ryder.
Ich vergaß meine Mutter, Meryl Streep. Na ja, und Tati ist ja mehr in Frankreich angesiedelt. Nur ich passe da nicht rein.
Aber Timo Hildebrand und ich sind schließlich Sportler.
Jan
Am Freitag kommt meine Mutter schon raus. Sie hat echt noch mal Glück gehabt. Es war nur ein leichter Schlaganfall.
Ich denke, ich werde trotzdem bis Sonntag bleiben, ich tu's für sie, nicht für meinen Vater.
Der stellt sich auch weiterhin stur.
Wenn wir sie besuchen, tun wir ganz normal und reden miteinander, aber sobald wir das Zimmer verlassen, gucken wir uns nicht mehr an.
War er schon immer so engstirnig und kleinkariert?
Warum blockt er so ab? Als würde es ihm eine
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