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Nickel: Roman (German Edition)

Nickel: Roman (German Edition)

Titel: Nickel: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Aric Davis
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wie Shelby.«
    »Du weißt nicht, ob Shelby tot ist.«
    »Sie ist seit zehn Tagen weg. Sie kommt nicht zurück.«
    »So oder so, wir werden sie finden. Ich werde sie finden.«
    »So oder so?« Ich hatte ihr nur teilweise zugestimmt – ich hatte bloß eingeräumt, es bestehe die Möglichkeit, dass ihre Schwester nicht lebendig gefunden würde –, aber sie sah mich völlig entgeistert an. Ich wusste nicht, ob sie mich nun umarmen oder schlagen würde. Sie entschied sich für Letzteres.
    Es bringt kein Glück, so geschlagen zu werden, dass man vom Fahrrad in einen Vorgarten fällt, aber es ist jedenfalls viel besser, als auf dem Asphalt zu landen. Mein Fahrrad klemmte mir zwischen den Beinen und innerlich zählte ich meine Glieder – alle schienen noch da und funktionstüchtig zu sein. Arrows Kopf erschien über mir und verdeckte die Sonne.
    »Bist du okay?«
    »Glaub schon.«
    »Tut mir leid, dass ich dich geschlagen habe.«
    Nicht leid genug, das garantiere ich euch. Arrow hatte wirklicheinen guten Treffer gelandet, auf Kosten meines ohnehin nicht allzu hübschen Gesichts.
    »Schon gut.«
    Sie reichte mir die Hand. Ich nahm sie und ließ mich von ihr hochziehen, erstarrte aber auf halbem Weg.
    »Hör auf mit dem Scheiß. Lass dir von mir hochhelfen.«
    »Arrow.« Meine Stimme klang tonlos. Ihr Lächeln erlosch und ich ließ ihre Hand los. »Arrow, gibt es überall in Four Oaks Telefonmasten und Telefonleitungen?«
    »Glaub schon. Warum?«
    Ich dachte scharf nach, führte mir den Stiefelabdruck neben dem Haarband vor Augen. Drehte ihn, drehte ihn noch einmal. Ich sah die Teile vor mir, die ich auf keinem der Profilbilder im Netz gefunden hatte – die Abdrücke einer Klettervorrichtung, die sich tief in den Boden gebohrt hatte. War Shelby ein Gelegenheitsopfer gewesen oder war sie beobachtet, vielleicht sogar von ihrem Kidnapper angesprochen worden? Es spielte keine Rolle. Jetzt wusste ich Bescheid. Es brauchte mir niemand zu sagen, ob ich recht hatte oder nicht, ich wusste es einfach.
    »Wir müssen zu der Brücke, an der sie entführt wurde.«
    Ich stand auf. Arrow nickte und musterte mitleidig mein Gesicht. Scheiße, ein blaues Auge. Sie beugte sich vor und küsste mich auf die Wange. Ich würde mich anschießen lassen für dieses Mädchen; sie müsste nur darum bitten. Sie sagte: »Fahren wir.«
    Wir fuhren nebeneinander. Sie war das losgeworden, was sie hatte loswerden müssen, und jetzt konnten wir uns wieder dieser Sache zuwenden. Was ich ihr gesagt hatte, stimmte: Tot oder lebendig, wir würden Shelby finden.

Kapitel 18
    An der Brücke hielten wir an und stellten die Fahrräder ab. Im Gegensatz zum letzten Mal hüpften wir nicht sofort den Abhang hinunter, sondern sahen nach oben. Telefonleitungen, wir hatten es gewusst; wir waren ihnen ja hierher gefolgt. Ich kletterte den kleinen Abhang zum Fluss hinab und sah hoch. Genau in Blickrichtung stand ein Mast, und ich war nur eineinhalb Meter von der Stelle entfernt, an der ich das Haarband gefunden hatte. Falls jemand da oben gewesen war, hatte er gewusst, wie abgeschieden diese Stelle war. Nun fügte sich in meinem Kopf alles ineinander. Das Warum noch nicht – das einzige Warum, das mir einfiel, deutete auf einen Kinderschänder, und daran wollte ich nicht denken, es sei denn, es gäbe keine andere Erklärung. Das Wie allerdings, das wurde mir allmählich klar.
    Arrow sah von der Straße zu mir her und ich rief sie zu mir. Sie bewegte sich viel sicherer auf der Böschung als beim letzten Mal, als sie meine Hand gehalten hatte. Ich hoffe echt, ich verstehe die Frauen besser, wenn ich erst älter bin. Als sie bei mir war, liefen wir nochmals am Wasser entlang, diesmal eilig.Wonach wir suchten, befand sich nicht im Wald; es befand sich auf der anderen Seite des Waldes.
    Wir gingen an der Stelle vorbei, an der der Schuh gefunden worden und – davon waren wir beide überzeugt – Shelby gegen ihren Willen verschleppt worden war. Dem Anblick der Straße gingen leise Geräusche voraus, kaum hörbare Andeutungen des Lärms, mit dem die moderne Welt in die Ungestörtheit des Waldes vordrang. Wir traten gemeinsam aus den Bäumen hervor und sahen, womit ich gerechnet hatte: Telefonmasten und -leitungen, die in alle Richtungen verliefen, so weit das Auge reichte.
    »Du glaubst, es war jemand, der an diesen Leitungen arbeitet.«
    »Ich bin davon überzeugt.«
    »Warum? Könnte es nicht so sein, dass jemand sie gesehen und einfach beschlossen hat, sie

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