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Nickel: Roman (German Edition)

Nickel: Roman (German Edition)

Titel: Nickel: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Aric Davis
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mitzunehmen?«
    Ich schüttelte den Kopf.
    »Jemand, der so impulsiv ist, wäre wahrscheinlich längst geschnappt worden, wahrscheinlich nicht nur einmal. Dieser Typ ist es gewöhnt, dass die Leute durch ihn hindurchsehen. Er arbeitet da, wo die Menschen leben, und er ist keine Ablenkung – man erinnert sich kaum an ihn. Er hatte Zeit, sich vorzubereiten, zu beobachten, was die Leute treiben, sich die beste Stelle, die beste Zeit und die beste Kandidatin auszusuchen. Er hat alles eingestielt, während die Leute, die hier leben, sich um ihre Angelegenheiten gekümmert haben. Er war unsichtbar; das ist er immer, wenn er seine Arbeitskleidung trägt. Ich wette, er hat überhaupt nicht in Erwägung gezogen, dass wir ihm ausgerechnet wegen eines Teils dieser Kleidung auf die Schliche kommen könnten.«
    »Können wir in der Sexualstraftäterdatenbank nach ihm suchen?«
    »Da ist er garantiert nicht drin. Telefonreparaturarbeiten sind bestimmt wie Staatsdienst: Wenn man vorbestraft ist, wird man nicht eingestellt. Ich könnte mir vorstellen, dass wir ihn finden, wenn wir uns Jugendstrafen ansehen, aber da kommen wir nicht ran.«
    »Und was tun wir dann jetzt?«
    »Ich weiß noch nicht. Ich muss nachdenken. Ich bin ganz dicht dran, genau wie bei den Telefonmasten. Ich muss nur die restlichen Puzzlestückchen zusammensetzen.«
    »Mach schnell.«
    »Ich muss nach Hause.«
    »Ich auch.«
    Sie lächelte traurig – zu Hause war der letzte Ort, wo sie jetzt sein wollte. Ein Teil von mir wünschte, ich könnte sie zu mir einladen und Pizza bestellen. Das geht nicht, kreischte der Teil von mir, der wusste, wie man überlebte; niemand darf wissen, wo du wohnst. Vertrauen kann tödlich sein. Dieser zweite Teil von mir behielt immer die Oberhand.
    »Ich bringe dich nach Hause.«
    Wir radelten langsam, trödelten, während wir zu Arrows zerrüttetem Zuhause fuhren. Ich hatte nichts zu diesem Thema zu sagen und sie forderte mich auch nicht dazu auf. Ich spürte, dass die Haut um mein Auge anschwoll. Ich würde Eis darauflegen, wenn ich nach Hause kam. Als wir in ihre Straße einbogen, sah ich die Cops. Mein Blut wurde zu Eis.
    »Arrow, du musst allein weiterfahren.«
    »Warum?«
    »Die Cops sind bei dir zu Hause. Ich kann nicht mit denen reden; die würden Fragen stellen, die ich nicht beantworten kann.«
    »Sie sind hier, weil sie Shelby gefunden haben und sie tot ist.« Sie sagte das tonlos, nicht boshaft, einfach sachlich.
    »Vielleicht haben sie sie ja auch lebendig gefunden. So oder so, du musst dich dem stellen. Ruf mich an, wenn du weißt, was los ist. Notfalls können wir uns heute Abend treffen.«
    »Danke, Nickel. Für alles.«
    »Ich melde mich bald.«
    Sie sah kaum menschlich aus, als sie auf ihr Haus zu radelte. Wahrscheinlich hatte sie das Gefühl, zu sterben, das Gefühl, dass das Leben, das sie kannte, zu Ende ging. Das war das Einzige, was an meinem Leben einfach war. Alles Schlimme war bereits passiert. Es konnte etwas Ähnliches geschehen, aber schlimmer konnte es nicht werden. Meine Aufgabe war es, dafür zu sorgen, dass anderen die wirklich schlimmen Dinge nicht passierten, und bei Arrow hatte ich bisher versagt. Da konnte man schon mal auf einem Streichholz kauen, und genau das tat ich jetzt.

Kapitel 19
    Wenn Männer auf Entenjagd gehen, benutzen sie eine Lockpfeife namens Entenruf, die wie das Quaken der Enten klingt. Ich brauchte auch so einen Lockruf – ich musste meine Beute anlocken. Wenn ich Shelby finden wollte, musste ich meine Beute beim Namen rufen. Mit einer Stimme, die sie verstand, einer Stimme, die sie höchstpersönlich ersticken wollte.
    Ich begann mit dreien der beliebteren Pädoforen. Der Versuch war weit hergeholt; ich hatte schon an diese Foren gedacht, aber es war mir nicht in den Sinn gekommen, dass Shelby eine Handelsware sein könnte. Ich ging mit einem Köder von ganz ordentlicher Größe angeln: Mann im Mittelwesten will Mittagessen tauschen. Was ich nicht hinschrieb, war, dass ich im Besitz eines Mädchens war, das älter als zehn und jünger als fünfzehn war. Mittagessen. Immer noch besser als Frühstück, aber nicht sehr viel; Pädos haben üble Gelüste.
    Ich bekam nichts – fand zwar Typen, die tauschen wollten, in Michigan aber Fehlanzeige. Ich wusste, dass es nur eine vage Vermutung war. Nichts mit dem Namen Shelby oder worauf ihre Beschreibung gepasst hätte.
    Ich loggte mich aus, machte Abendessen. Hörte den Pager. Rief sie von Leitung eins aus

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