Nickel: Roman (German Edition)
und nachher bin ich voneiner Pflegefamilie zur nächsten gewandert. Jetzt versuche ich einfach, nicht an den ganzen Kram zu denken und so gut ich kann zu leben. Es gibt da draußen Schlimmeres, als zu überleben, aber manchmal ist es schwer zu wissen, dass ich fähig war das durchzustehen, während so viele Kids es nicht schaffen. Deshalb mache ich das, was ich mache. Nicht jedes Kind, das durchs Netz fällt, muss auch da unten bleiben.«
Ich öffnete den Grill, drehte die Steaks um und bemalte sie mit Olivenöl. Ich nahm die Kartoffeln herunter und legte sie auf einen sauberen Teller. Vier Minuten, Endspurt.
»Du führst das verrückteste Leben von allen, die ich kenne. So ziemlich jeder Jugendliche, den ich kenne, würde morden, um so zu leben wie du, aber die würden diese Chance nicht nutzen. Du schon. Es ist, als würden wir irgendein Geheimnis kennen.«
»Arrow. Glaub mir, niemand will so leben wie ich.«
»Ich könnte bei dir bleiben. Wir könnten den Leuten zusammen helfen, wie du es bei Shelby gemacht hast.«
Ich wollte sagen: Ja, lass uns Kumpel sein, die das Verbrechen bekämpfen; du kannst hier wohnen, und wenn ich achtzehn bin, heiraten wir und werden das weltbeste Privatdetektivpaar aller Zeiten. Stattdessen sagte ich: »Die Steaks müssten fertig sein. Hast du Hunger?«
»Klar.«
Ich nahm die Steaks vom Grill und klatschte sie auf den Teller zu den Kartoffeln. Siegessicher schaltete ich den Grill aus, aber hinter mir lag ja auch ein Tag voller ruinierter Steaks. Ich schob die Tür auf und winkte Arrow heran. Sie schlüpfte vor mir ins Haus und schloss die Tür hinter mir. Ich verteiltedie Kartoffeln auf zwei zueinander passende Teller. Dann deckte ich die Steaks mit Alufolie ab, damit sie noch etwas ruhen konnten. Dem Handbuch zufolge können die Säfte sich so wieder verteilen. Von mir aus – wenn das so im Handbuch stand, dann tat ich es eben. Ich reichte Arrow den Teller mit ihrer Kartoffel, holte uns Messer und Gabeln und stellte Butter und Schmand auf den Tisch. Dann nahm ich den Teller mit den Steaks, deutete zum Tisch, nahm meinen Kartoffelteller in die andere Hand und setzte mich. Ich stellte meine Kartoffel vor mich und die Steaks in die Tischmitte und sagte: »Lass uns essen.«
Und genau das taten wir. Ich will nicht behaupten, dass ich mir zutraue, von jetzt an Steaks einfach so aus dem Stegreif zuzubereiten, aber die hier hatte ich gut hinbekommen. Das lag zum Teil bestimmt am Fleisch, aber zum Teil musste es doch wohl auch am Koch liegen, oder?
Kapitel 49
Als mein Steak zu drei Vierteln verputzt und von meiner Kartoffel nur noch die Schale übrig war, schob ich den Teller von mir. Arrow zwinkerte mir zu und hob den Daumen, dann aß sie weiter, bis ihr Teller leer war. Vor den Fenstern zog die Dunkelheit auf. Als Arrow fertig war, nahm ich unsere Teller und warf meine Reste in den Mülleimer. Arrows Teller wanderte sofort in die Spüle. Sie sagte: »Du hast gesagt, du kannst keine Steaks braten, du Lügner! Das war der Wahnsinn!«
Ich grinste. »Sie sind ganz gut geworden.«
»Aber hallo.«
»Du musst bald gehen.«
»Ich weiß. Ich will nicht.«
»Ich will auch nicht, dass du gehst.«
Sie schenkte mir ein trauriges, schiefes kleines Lächeln, als wollte sie sagen: »Ich werde dich auf jeden Fall vermissen, aber wenn meine Schwester nicht entführt worden wäre, hätten wir uns nie kennengelernt und mein Leben wäre normal.«
»Ich rufe Lou an.«
»Er ist ein komischer Kauz.«
»Wie meinst du das?«
»Er hat die ganze Fahrt über ununterbrochen geredet.«
Verdammter Lou, mehr Geheimnisse als ich.
Ich zeigte ihr meine Telefone, erklärte ihr, wie sie funktionierten, und sie tat zumindest beeindruckt. Ich ließ sie Lou anrufen und danach gingen wir zur Tankstelle. Wir redeten nicht. Ich hasse das. Aber es gab wohl nichts mehr zu sagen. Wir setzten uns nebeneinander auf den Bordstein, um auf Lou zu warten. Nach ein paar Minuten kam er. Arrow umarmte mich, hielt mich eine Minute fest, dann löste sie sich von mir, küsste mich mitten auf den Mund und schob mich weg.
»Danke für alles. Wir sehen uns wieder.«
»Du weißt ja, wo du mich finden kannst.«
Sie lächelte. Meine Arrow.
Sie stieg ein. Ich ging zu Lou und reichte ihm ein Bündel Scheine. »Fürs nächste Mal.«
Er nickte. Sie fuhren davon. Mein Herz brach. Ich ging nach Hause.
Der Song am Ende der Show
Also dann, wenn ihr so weit gelesen habt, muss es euch gefallen haben. Der erste Dank geht an euch, weil
Weitere Kostenlose Bücher