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Nicodemus

Nicodemus

Titel: Nicodemus Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Blake Charlton
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wie Taifons Zauber Johns Geist getrübt hatte, sah er ihr direkt in die Augen und sagte: »Wenn die Zauberer davon erführen, würden sie ihn verdächtigen, immer noch unter Fellwroths Bann zu stehen.«
    »Das verstehe ich, Nicodemus«, entgegnete Amadi und strich sich eine Locke aus dem bleichen Gesicht. »Ich rechne es dem Mann hoch an, was er alles auf sich genommen hat, um mich hierher zu führen. Ich werde sein Geheimnis bewahren.«
    Nicodemus versuchte, ihre ausdruckslose Miene zu deuten, und nickte dann. »Danke, Magistra.« Er verneigte sich. »Könntet Ihr John bitte ausrichten, dass es mir leid …«
    »Nicodemus«, schaltete sich Boann sanft ein. »John muss wie jeder andere auch glauben, dass Ihr und Shannon gestorben seid.«
    Gerade wollte Nicodemus widersprechen, doch dann fiel sein Blick auf Shannon. Sein Mentor stand mit Azure auf dem Finger hinter der Göttin und schüttelte traurig den Kopf.
    »Also gut«, sagte Nicodemus und verneigte sich ein weiteres Mal vor Amadi. »Ich danke Euch, Magistra.«
    Amadis harter Blick wurde weicher. Sie deutete in die Nacht hinaus. »Ich sehe schon die Zauberrunen. Die anderen Zauberer werden bald hier sein.«
    Von den Trümmern der Spindle-Brücke drang goldenes Licht herüber. Die Wächterin hatte recht.
    »Es ist Zeit aufzubrechen«, verkündete die Göttin. »Nicodemus, Ihr müsst die Überreste meines Schreins tragen.« Sie deutete in den Berg.
    Nicodemus sah, dass der ehemals massive Menhir zu Staub zerfallen war, nur ein einzelner Felsbrocken von der Größe einer Katze war noch übrig geblieben. Er nahm die Überreste des Steins, der noch immer von drei wellenförmigen Linien durchzogen war, an sich.
    Als Boann erneut das Wort ergriff, klang ihre Stimme sanft, beinahe wie ein Singsang. »Kommt, Nicodemus und Shannon, wir nehmen den Weg durch den Berg, durch die Koboldhöhlen. Ich kenne den Weg zu einem geheimen Zufluchtsort. Dort werden wir genesen und Pläne schmieden, wie wir Deidre retten und den Smaragd zurückerlangen können.«
    »Aber wo können wir schon hin?«, fragte Nicodemus. »Die Zauberer werden die Höhlen absuchen, ganz gleich, was die Magistra ihnen berichten wird.«
    Die Flussgöttin lächelte. »Wo sollen wir denn sonst hingehen«, fragte sie und zog eine Augenbraue hoch, »wenn nicht ins Himmelbaumtal?«

Kapitel 46
    Die Gefährten wanderten beinahe die ganze Nacht durch ein Labyrinth aus Koboldhöhlen. Manche zierten leuchtend blaue Flechten, andere bargen kleine Seen, in denen sich Shannons Flammenflugparagraphen widerspiegelten.
    In einer runden, knapp unter der Erdoberfläche liegenden Höhle machten sie Rast. Durch einen Spalt in der Decke zeigte sich ihnen ein Streifen sternenklaren Himmels. Die müden Zauberschreiber machten es sich auf weichem Moos bequem, doch Nicodemus fand keine Ruhe. Er wurde von Albträumen geplagt, in denen sich Deidre unter Taifons Blick in Krämpfen wand.
    Am späten Vormittag setzten sie dann ihre Reise fort. Nicodemus plädierte dafür, so bald wie möglich Deidres Verfolgung aufzunehmen.
    Daraufhin schwiegen die anderen eine ganze Weile, bis Boann das Wort ergriff. Sie selbst sei zu schwach für eine Verfolgung und würde es auch für unbestimmte Zeit bleiben; Shannon litt nach wie vor unter Fellwroths Fluch, und es sei nicht abzusehen, wie sein Körper auf die noch verbliebenen Geschwüre reagieren würde. »Und Ihr, Nicodemus, seid zwar gesund, aber noch nicht bereit«, führte die Göttin aus. »Wir müssen uns erst auskurieren und unsere Kräfte sammeln. Ihr dagegen müsst lernen und trainieren.«
    »Aber wie lange denn?«, fragte er.
    »So lange wie nötig«, erwiderte die Göttin.
    Shannon pflichtete ihr bei. »Geduld ist wichtig. Denk nur an den Smaragd. Du hast ihm mit deiner Berührung seine volle Kraft zurückgegeben. Damit wäre Taifon mächtiger, als wir es uns auch nur vorstellen können. Doch nach vier Jahren wird der Stein an Macht verlieren. Wenn wir uns so lange versteckt halten können, berauben wir Taifon seiner mächtigsten Waffe.«
    Nicodemus widersprach. »Taifon könnte anfangen, einen neuen Drachen zu schreiben.«
    Shannon entgegnete: »Das ›könnte‹ kannst du dir getrost sparen. Taifon wird einen neuen Drachen beginnen, doch er wird ihn nicht zu Ende bringen können. Als er dich zu gewinnen suchte, hat er doch gesagt, dass er dafür sieben bis acht Jahre bräuchte, und zwar mit einem aufgeladenen Smaragd. Solange wir uns vor ihm verstecken, bleiben ihm nur vier.«
    Mit einem

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